Die USA will in Nahost vermitteln. Vize-Präsident Joe Biden rief Palästinenser und Israelis auf, das Vertrauen nicht zu zerstören.

Tel Aviv. Gerade keimte neue Hoffnung auf Friedensgespräche in Nahost, da versetzt Israel diesen Erwartungen schon wieder einen Dämpfer: Kurz nach der Zustimmung der Palästinenserführung zu indirekten Friedensgesprächen genehmigte Israel am Montag den umstrittenen Ausbau einer Siedlung im Westjordanland. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat reagierte empört. Er sprach von einer Provokation und stellte die Teilnahme an den geplanten indirekten Gesprächen mit Israel umgehend wieder infrage.

Ungeachtet eines im November verhängten Moratoriums treibt Israel seinen international kritisierten Siedlungsbau in den Palästinensergebieten voran. In der jüdischen Siedlung Beitar Ilit im Westjordanland sollten insgesamt 112 Wohnungen entstehen, sagte Umweltminister Gilad Erdan im Armeerundfunk und provozierte harsche Reaktionen der Palästinenser.

Währenddessen ist US-Vize-Präsident Joe Biden zu seinem dreitägigen Besuch in Israel eingetroffen. Die Siedlungsbau-Pläne brüskierten allerdings auch die US-Regierung, die die Palästinenserführung am Sonntag soweit gebracht hatte, nach monatelangem Widerstand indirekten Friedensgesprächen mit Hilfe eines US-Vermittlers zuzustimmen

Für den auf zehn Monate befristeten Baustopp gebe es Ausnahmeregelungen, falls etwa die Sicherheit von Baustellen gefährdet sei, sagte Erdan. „Dies ist der Fall in Beitar Ilit.“ Biden und US-Außenministerin Hillary Clinton wüssten zudem, dass der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu „jederzeit“ auch zu direkten Verhandlungen mit den Palästinensern bereit sei. Am Wochenende hatte sich die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) für indirekte Friedensgespräche mit Israel unter US-Vermittlung ausgesprochen.

Auf dem Flughafen von Tel Aviv wurde Biden von Vize-Ministerpräsident Mosche Jaalon empfangen. Biden wollte unter anderem Netanjahu in Jerusalem und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in den Palästinensergebieten treffen. Als Beauftragter des Nahost-Quartetts wurde zudem der britische Ex-Premier Tony Blair in Kairo erwartet.

Biden rief im Interview mit der israelischen Zeitung „Jediot Ahronot“ vom Montag beide Seiten dazu auf, von einseitigen Maßnahmen abzusehen, die das „gegenseitige Vertrauen zerstören“ könnten.

Der palästinensische Chef-Unterhändler Sajeb Erakat kritisierte die Entscheidung Israels zum Siedlungsbau. Netanjahu wolle offenbar „Gouverneur vom Westjordanland“ werden, erklärte er und bezeichnete die indirekten Gespräche als „letzten Versuch, einer Zwei-Staaten-Lösung näherzukommen“. Es sei nicht tolerierbar, dass Israel jedes Mal, wenn Gespräche anstünden, neue Siedlungsprojekte oder sonstige Provokationen ankündige, sagte er nach einem Treffen von Abbas mit dem US-Gesandten George Mitchell. Mitchell erklärte am Montag, er werde kommende Woche erneut in den Nahen Osten reisen, um den Rahmen der von beiden Seiten akzeptierten indirekten Gespräche abzustecken.

Der Sprecher von Abbas, Nabil Rudeina, warf Israel vor, die Friedensbemühungen im Nahen Osten zu „sabotieren“. Die USA müssten Israel zum Stopp der Siedlungsaktivitäten bewegen, sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

Die Verhandlungen liegen seit Israels Militäroffensive im Gazastreifen vor über einem Jahr auf Eis. Die Siedlungsfrage ist einer der zentralen Streitpunkte im Nahost-Konflikt. Die Palästinenser fordern einen vollständigen Stopp als Voraussetzung für eine Wiederaufnahme direkter Gespräche.