Selbst Israels Regierungschef Netanjahu wurde mit der Ankündigung des Siedlungsbaus vom Innenministerium überrascht.

Jerusalem/Ramallah. Über die Pläne zum Ausbau jüdischer Siedlungen in Ost-Jerusalem ist innerhalb der israelischen Regierung ein Streit ausgebrochen. Das Verteidigungsministerium von Ehud Barak äußerte sich „verärgert“ über die Entscheidung des Innenministeriums.

Der israelische Sozialminister Isaak Herzog entschuldigte sich unterdessen für die „Peinlichkeit“ und sagte, dies hätte nicht während Bidens Besuch geschehen dürfen. „Wir müssen uns für diesen groben Fehler entschuldigen“, fügte Herzog im Armeerundfunk hinzu.

Berater von Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sagten, die Ankündigung des Siedlungsbaus durch das Innenministerium habe den Ministerpräsidenten selbst überrascht. Das Innenressort wird von der ultra-orthodoxen Schas-Partei geführt, die ein wichtiger Koalitionspartner in der israelischen Regierung ist.

Israel arbeiter seit Monaten daran, ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Verhandlungsparteien zu erreichen. Das Innenministerium unter Führung von Eli Jischai von der ultra-orthodoxen Schas-Partei hatte am Dienstagabend die Baugenehmigung bekanntgegeben.

Auch international hagelt es weiterhin Kritik: Bei einem Treffen mit der Palästinenserführung bekräftigte US-Vizepräsident Joe Biden seine Einwände. Auch die deutsche Regieurng meldete sich zu Wort. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte, der fortgesetzte Siedlungsbau "ist (...) nicht akzeptabel. Damit wird sowohl inhaltlich als auch vom Zeitpunkt her ein völlig falsches Signal ausgesandt.“

Die Ankündigung, in dem von ultra-orthodoxen Juden bewohnten Ost-Jerusalemer Stadtteil Ramat Schlomo weitere 1600 Wohnungen zu bauen, beeinträchtige die Bemühungen um Friedensverhandlungen mit den Palästinensern, erklärte das Verteidigungsministerium.

Joe Biden, der sich seit Montag zu Vermittlungsgesprächen im Nahen Osten aufhält, sagte nach seiner Begegnung mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah, Israels Entscheidung untergrabe das für Friedensgespräche erforderliche Vertrauen. Gleichzeitig sagte er die Unterstützung der USA für die Gründung eines Palästinenserstaates zu. Abbas warf Israel vor, den Bemühungen um einen Dialogs einen „schweren Schlag“ versetzt zu haben.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bezeichnete Israels Schritt als „das falsche Signal zur falschen Zeit“. Der Minister verwies auf die Verpflichtung Israels, den Siedlungsbau einzufrieren. Die EU forderte Israel auf, die Entscheidung zurückzunehmen und eingegangene Zusagen einzuhalten. Wie die EU verwies auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon darauf, dass der Siedlungsausbau gegen internationales Recht verstoße. Frankreich und Großbritannien protestierten ebenfalls gegen das Bauprojekt.

Die Siedlungsfrage gehört zu den zentralen Streitpunkten im Nahost-Konflikt. Auf Druck der USA hatte Israel im November einen auf zehn Monate befristeten Baustopp für jüdische Siedlungen verhängt, um die Friedensgespräche wieder in Gang zu bringen. Das Moratorium gilt aber nicht für das 1967 von Israel besetzte und später annektierte Ost-Jerusalem. Diese Annektion wiederum wird international nicht anerkannt. Ost-Jerusalem soll nach dem Wunsch der Palästinenser deren Hauptstadt in einem künftigen eigenen Staat werden. Mit Verweis auf eine Ausnahmeklausel im Moratorium hatte Israel hatte am Montag zudem 112 Wohnungen im Westjordanland genehmigt.