Es war ein schneller Tod. 15 Zeugen waren dabei. Der Ex-Diktator war gefasst und rief als letzte Worte: “Ich habe vor niemandem Angst!“ Saddam Hussein soll am Sonntag in seiner Heimatstadt Tikrit beigesetzt werden.

Bagdad. In Mitteleuropa ist es früher Morgen, vier Uhr. In den USA hat dieser Sonnabend noch nicht einmal begonnen es ist Freitagabend, 22 Uhr, nach offiziellen Angaben schläft US-Präsident George W. Bush auf seiner Ranch in Crawford/Texas. In Bagdad ist es sechs Uhr früh, und es ist die Todesstunde für den irakischen Ex-Diktator Saddam Hussein. Mehr als 25 Jahre lang hatte der 69-Jährige den Irak mit grausamer Hand regiert, dann war der zum Tode durch den Strang verurteilte ehemalige Staatschef binnen Sekunden tot.

Die US-Richterin Colleen Kollar-Kotelly lehnte nach einer Telefonanhörung das Gnadengesuch, das Saddams Anwälte gestellt hatten, ab. So berichtet es der amerikanische Sender CBS. Ein äußerlich gefasster Saddam Hussein wurde - mit dem Koran in der Hand - am frühen Morgen in eine Halle des iraktischen Militärgeheimdienstes im Norden Bagdads geführt, in der früher eines der berüchtigten Foltergefängnisse des Regimes untergebracht war. Seine Henker legten ihm die Schlinge um den Hals. Ein Wächter legte den Hebel um, und der Boden öffnete sich unter seinen Füßen. Saddams Leben ist zu Ende, ein Kapitel der irakischen Geschichte geschlossen.

Sami al-Askari war einer der etwa ein Dutzend Zeugen bei der Hinrichtung des Ex-Diktators, die von der Regierung unerwartet schnell angeordnet und überraschend am Morgen eines der höchsten islamischen Feiertage des Versöhnungsfests vollstreckt wurde. Askari ist ein prominenter schiitischer Politiker und steht Ministerpräsident Nur al-Maliki nahe. Saddam hatte die Schiiten unterdrückt.

Askari schildert, wie diese letzten Minuten im Leben des ehemals gefürchteten Diktators verliefen und dass Saddam offensichtlich einen schnellen Tod starb. "Einer der Wächter hat an dem Hebel gezogen, und Saddam fiel etwa einen halben Meter weit durch die Falltür. Wir hörten, dass sein Genick sofort brach, und wir sahen sogar ein wenig Blut am Strang", berichtet er. Die Vollzugsbeamten hätten Saddam etwa zehn Minuten an dem Strick hängen lassen, bis ein Arzt den Tod bestätigt habe. "Dann banden sie ihn los und legten ihn in einen weißen Leichensack." Das staatliche Fernsehen Irakija zeigte etwa 20 Sekunden lang Aufnahmen von Saddams letzten Minuten, nicht aber von der Hinrichtung selbst. Der Ex-Diktator war zu sehen, wie er bekleidet mit einem schwarzen Anzug und einem weißen Hemd zum Galgen geführt wurde. Er war gefesselt, seine Wächter trugen Kapuzen über dem Kopf.

Die Leiche wurde in seine Heimatstadt Tikrit geflogen

Laut Schiitenpolitiker Askari wurde Saddam um 6.10 Uhr Ortszeit (4.10 MEZ) gehängt. Nachdem der Häftling den Raum betreten habe, habe er sich hinsetzen müssen, berichtete Askari. Ein Richter verlas das Urteil. "Als Saddam die Kamera sah, hat er denselben Unsinn gebrüllt wie im Gerichtssaal", so der Zeuge. "Lang lebe Palästina und andere Parolen." Etwa 15 Personen seien anwesend gewesen, Regierungsvertreter, Abgeordnete, Angehörige von Opfern, Vertreter des Gerichts und Offizielle des US-Militärs und der US-Botschaft.

Den Koran, mit dem der Ex-Dikator den Todesraum betrat, habe er jemandem übersenden wollen. Der Name des Empfängers sei notiert worden, und jemand habe Saddam Hussein versprochen, das heilige Buch weiterzuleiten. Wer der Empfänger ist, wurde nicht bekannt. Auf die Symbolkraft des für Moslems heiligen Buchs hatte Saddam offenbar nicht verzichten wollen.

Ein Geistlicher war laut Askari nicht in dem Hinrichtungsraum. Saddam habe sich dies nicht gewünscht. Auch einen letzten Wunsch habe der Verurteilte nicht geäußert. Während der Hinrichtung seien die Anwesenden leise gewesen. Nach Saddams Tod hätten sie sich gegenseitig gratuliert. "Als ich den Leichnam im Sarg gesehen habe, musste ich weinen", sagte Dschawad al-Subaidi, der im Prozess als Zeuge gegen Saddam aussagte. "Ich erinnere mich an meine drei Brüder und meinen Vater, die er ermordet hat. Ich bin an den Leichnam herangetreten und habe gesagt: Das ist die gerechte Strafe für jeden Tyrannen." Die Leiche Saddam Husseins ist seinem Anwalt zufolge zur Beisetzung in seine Heimatstadt Tikrit geflogen worden. Die Überstellung sei in einem US-Flugzeug erfolgt, sagte Buschra al-Chalil. Von den Angehörigen gab es aber zunächst keine unmittelbare Reaktion. Die Beisetzung soll noch am Sonntag erfolgen.

Die älteste Tochter Saddam Husseins, Raghdad, habe die Nachricht vom Tod ihres Vaters trotz "ihres gewaltigen Schmerzes stoisch" aufgenommen, sagte einer der Verteidiger des Ex-Präsidenten in der jordanischen Hauptstadt Amman.