Ist es Stress? Oder Langeweile? Wie leben Soldaten, die mit Schädeln für Fotos posieren?

Hamburg. Die neuesten Bilder von Bundeswehrsoldaten, die mit Totenschädeln in Afghanistan posieren, werfen wieder die Frage nach den Ursachen für so ein drastisches Fehlverhalten auf. Fachleute weisen in diesem Zusammenhang immer wieder darauf hin, dass die Einsatzbedingungen die Soldaten unter einen besonderen Stress setzen. Tatsächlich ist das Leben in einem Bundeswehrcamp dort hart.

Die Bundeswehr hat drei große Standorte am Hindukusch: Die Hauptstadt Kabul, Masar-i-Sharif, das neue Hauptquartier im Norden, und Kundus. In Masar-i-Sharif sind knapp 1000 Soldaten staioniert, in Kabul um die 1500 und in Kundus rund 300 Bundeswehrangehörige. Darüber hinaus sind in Orten wie Feysabad kleinere Kontingente stationiert. Insgesamt ist die Bundeswehr mit etwa 3000 Soldatinnen und Soldaten nach Großbritannien größter Truppensteller in Afghanistan.

Nur etwa 20 Prozent dieser Soldaten kommen überhaupt regelmäßig aus dem Lager heraus, um Patrouille zu fahren oder die Arbeit der Wiederaufbauteams im Lande zu unterstützen. Auch das fliegende Personal in den Hubschraubern und Transall-Maschinen, das über den Stützpunkt Termes in Usbekistan die Verbindung zur Außenwelt hält, gehört in diese Gruppe.

Die meisten Bundeswehrangehörigen sehen während ihrer vier- bis sechsmonatigen Einsatzzeit die Lager Camp Warehouse in Kabul, Camp Marmal in Masar-i-Sharif oder die Unterkünfte in Kundus hauptsächlich von innen.

Der Dienstalltag unterscheidet sich dabei in vielen Bereichen nicht wesentlich von dem in deutschen Kasernen. So reparieren die Instandsetzungseinheiten Fahrzeuge und Geräte, die Sanitäter unterhalten die Feldlazarette, oder die Logistiker sorgen für den Nachschub. Und die Köche für einen möglichst abwechslungsreichen Speiseplan.

Die Unterbringung unterscheidet sich allerdings deutlich. Standardunterkunft ist der Container. In einem klassischen Standardcontainer von sechs Meter Länge, etwa 2,4 Meter Breite und knapp 2,6 Meter Höhe sind zwischen sechs und acht Soldaten untergebracht. Wahlweise Unterbringung ist im Zelt. Geschlafen wird in Feldbetten, zwei Meter lang, 0,8 Meter breit. Persönlichster Gegenstand ist vielfach ein Laptop. Er dient als Unterhaltungselektronik zum Schauen von Film-DVDs und zugleich als Spielekonsole. Die Camps verfügen auch über Internetanschluss, so dass der Laptop im Mini-Internetcafe bei rechtzeitiger Anmeldung auch zum wichtigen Kommunikationsinstrument wird. Telefonieren über Handy ist teuer aus Afghanistan.

Größtes Problem in den Standorten ist die Langeweile. Der Dienstbetrieb ist spätestens nach vier Wochen Routine. Und auch wenn nur Zeit- oder Berufssoldaten sowie Wehrdienstleistende, die freiwillig länger dienen, in den Auslandseinsatz gehen, ist auch bei guter Vorbereitung niemand vor einem Lagerkoller gefeit. Die Psychologen und Seelsorger, die in jedem Camp Dienst tun, sind immer am stärksten gefordert, wenn bei den Soldaten Probleme von zu Hause auflaufen.

Als Vorbereitung auf den Auslandseinsatz werden die Soldaten in eine dreimonatige Ausbildung geschickt. Dabei geht es nicht nur um die Festigung des "militärischen Handwerks" wie die Waffenausbildung oder das Verhalten in Notsituationen, sondern auch um das Verhalten bei Überfällen oder Anschlägen. Direkt vor dem Einsatz werden die Soldaten gezielt auf ihr Einsatzland, zum Beispiel Afghanistan, vorbereitet. Dabei geht es auch um die Geschichte und Kultur des Landes sowie den richtigen Umgang mit der einheimischen Bevölkerung. Psychologische Schulungen sind Teil dieser Ausbildung.