Mittenwald. Erst mag der Rentner in der Fußgängerzone von Mittenwald nichts zu den Skandalfotos aus Afghanistan sagen. Aber dann legt Ottmar Schneevogt die Zeitung am Donnerstag doch zur Seite und hält mit seiner Meinung nicht länger zurück: "Diese Soldaten können keine geborenen Mittenwalder sein. Die Einheimischen haben Ehrfurcht vor den Verstorbenen. Hier würde niemand die Totenruhe mit Füßen treten."

Am Tag nach Bekanntwerden der Totenschändung durch Bundeswehrsoldaten am Hindukusch sind die Einheimischen des oberbayerischen Bilderbuch-Urlaubsortes unterm Karwendelgebirge fassungslos. Ausgerechnet Soldaten aus ihrer Garnison sollen an den Verfehlungen beteiligt gewesen sein.

Der Freund von Miriam Betzmeier war selber als Soldat einige Zeit in Afghanistan. "Ich bin erschüttert, wie Krieg die Menschen verrohen lässt", sagt die 25-Jährige. "Die Männer grinsen auf den Fotos. Da war bestimmt Alkohol im Spiel." Bisher waren die Mittenwalder immer stolz auf die Gebirgsjäger in den Kasernen ihres Ortes. "Das sind doch unsere Mitbürger in Uniform", unterstreicht Bürgermeister Hermann Salminger, der selbst Soldat bei der Tragtierkompanie war. "Wir können uns auf die Männer und Frauen der Bundeswehr verlassen." Der 67-Jährige erinnert daran, "dass die Gebirgsjäger immer zur Stelle sind, wenn Hilfe angesagt ist. Das ist bei den Hochwasserkatastrophen der Fall gewesen und im vergangenen Winter beim Schneechaos."

Wer zu den heute noch rund insgesamt 6500 Gebirgsjägern will, muss körperlich topfit sein und sich auch auf Skiern sicher bewegen können. Als einzige Einheit des Heeres ist die Brigade sowohl unter allen klimatischen Bedingungen als auch im Hochgebirge einsetzbar. Auf dem Lehrplan der Soldaten steht denn auch Gefechts- und Kletterausbildung im Hochgebirge.

Im Büro Salmingers steht seit Mittwoch das Telefon nicht mehr still. Aus der ganzen Welt kommen die Anrufe. "Im Dezember 2002 habe ich die ersten Gebirgsjäger aus Mittenwald nach Afghanistan verabschiedet", erinnert sich Salminger. "Damals hatte ich ein mulmiges Gefühl. Was wird die jungen Leute erwarten? Mit Toten und Verletzten musste man rechnen. Aber dass solche Nestbeschmutzer in der Truppe sind, schockiert mich."

Dennoch ist dem Bürgermeister eines wichtig: "Wir sind nicht die Gemeinde der Totenschänder. Das waren Idioten, die nichts mit unserem Ort gemein haben." Sorgenvoll blickt Mittenwalds Tourismusdirektor in die Zukunft. "Unsere Übernachtungszahlen sind ohnehin schlecht. Mit viel Geld und Mühe versuchen wir das zu verbessern", erläutert Klaus Ronge. "Schlagzeilen wie die geschmacklosen Skandalfotos sind wie ein Schlag ins Gesicht."

Resi Mitteregger treibt indes eine ganz andere Sorge um. Mit ihren beiden Enkelkindern an der Hand fragt sie: "Kommt Mittenwald jetzt ins Visier von Terroristen?"