Berlin. Für die einen ist es eine dringend notwendige Verteidigungsanlage, für die anderen ein Schandmal und ein historisches Zitat der Berliner Mauer: der Schutzzaun zum palästinensischen Autonomiegebiet. Der frühere israelische Brigadegeneral Eival Giladi, der den Verlauf des Schutzwalls mit festgelegt hatte, verteidigte ihn. Es sei nicht möglich gewesen, streng der Grünen Linie zu folgen, sagte Giladi in Berlin, da dies an einigen Stellen palästinensischen Heckenschützen freies Schußfeld auf israelische Straßen gewährt hätte. "Wenn Sie einmal vor einem vierjährigen Mädchen gestanden haben, das verzweifelt versucht, seine gerade tödlich getroffene Mutter wachzurütteln, dann ändert das Ihre Einstellung", sagte Giladi.

Er wirbt auch um mehr Verständnis für die Lage der israelischen Kommandeure im Grenzgebiet. "Da kommt zum Beispiel ein Lastwagen, von dem wir mittlerweile wissen, daß er voller Sprengstoff ist. Er nähert sich einer israelischen Schule. Der Fahrer hat aber zur Tarnung seine Kinder mit im Führerhaus. Was tun Sie - eröffnen Sie das Feuer auf den Wagen oder nicht? Falls nicht, müssen Sie sich später der Frage der fassungslosen Eltern stellen: Waren dir seine Kinder wirklich wichtiger als unsere?"

In einem anderen Fall habe ein Fahrer keine Ahnung gehabt, daß eine seiner Waschmaschinen, die er geladen habe, mit Sprengstoff gefüllt gewesen sei. "Was tun? Einen Unschuldigen erschießen?" Oft hätten die israelischen Kommandeure nur zwei, drei Minuten Zeit, derartige Entscheidungen zu fällen.

Der bereits weitgehend fertiggestellte Sperrzaun soll einmal 700 Kilometer lang werden. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hatte das in einem aufsehenerregenden Prozeß für völkerrechtswidrig erklärt: Die Mauer komme einer faktischen Annexion gleich, da sie stellenweise weit über die Grüne Linie - die Waffenstillstandslinie des Krieges von 1967 - in das Palästinensergebiet rage. (Fra/swa)