Bagdad. Die Iraker sitzen auf einem Pulverfass - und das im wahrsten Sinne des Wortes. Überall im Land gibt es in geheimen Arsenalen Unmengen an Waffen und Munition, aus denen Extremisten und Anhänger des gestürzten Regimes Sprengsätze für ihre verheerenden Anschläge bauen. Zwar sind die Besatzungstruppen unermüdlich im Einsatz, um die geheimen Waffendepots des gestürzten Regimes auszuheben. Doch bis alle zerstört sind, kann ein Jahrzehnt vergehen. "Wir finden jeden Tag neue Lager", sagt der Befehlshaber der US-Truppen in Irak, General Ricardo Sanchez. "Wir stellen dann immer sofort Wachen ab, aber viele Waffendepots haben wir vermutlich noch gar nicht gefunden." So herrscht vor allem über den Verbleib von riesigen Mengen Munition Unklarheit: Zwischen 650 000 und einer Million Tonnen werden nach Angaben des für die Aufspürung zuständigen Brigadegeneral Rupert Davis noch gesucht. Das Albtraumszenario liegt für die US-Truppen auf der Hand. Anhänger des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein und andere Extremisten könnten sich der geheimen Arsenale bemächtigen und Sprengsätze für verheerende Anschläge bauen, wie dies ja auch schon geschehen ist. Die bereits erfolgte Zerstörung von Waffenlagern erscheint wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Seit April haben die Koalitionstruppen nach eigenen Angaben rund 500 Tonnen Munition vernichtet. Mehr als die doppelte Menge wurde im vergangenen Monat zusätzlich von Privatfirmen zerstört, die zur Hilfe verpflichtet wurden. Doch wird der Irak auf Jahre hinaus eine Goldgrube zur illegalen Beschaffung von Waffen und Munition bleiben. Und diese lagern in Verstecken, deren Anzahl und Umfang der Materialmenge voll entspricht. Manche Depots sollen Ausmaße von 15 mal 15 Kilometer haben, andere befinden sich in Schulen und Wohnhäusern oder auf freiem Feld. Letztere stellen auch ein großes Risiko für die Zivilbevölkerung dar. Immer wieder kommt es vor, dass etwa Bauern beim Pflügen ihres Feldes auf einen vergrabenen Sprengsatz stoßen und Verletzungen davontragen oder sogar ihr Leben verlieren. Gefahren drohen auch von Blindgängern der Koalition. Zwar wurden gefährliche Gebiete gekennzeichnet, die Warnschilder aber wurden von Kindern längst wieder abmontiert. US-Oberstleutnant George Krivo erklärt, dass jedes entdeckte Lager von Waffen und Munition beziehungsweise Blindgängern auf eine Liste zur Zerstörung gesetzt werde, die dann systematisch abgearbeitet werden müsse. Dabei würden je nach Gefährlichkeit Prioritäten gesetzt. Vielen Irakern dauert dies indessen viel zu lange. Sie befürchten wohl zu Recht, dass ihr Land noch auf Jahre hinaus ein unberechenbares Minenfeld bleiben wird.