Anschlag: Die deutsche Schutztruppe in Kabul ist geschockt. Sind die Sicherheitsvorkehrungen unzureichend?

Berlin/Kabul. Der Anschlag auf die deutschen Soldaten in Kabul hat auch eine kontroverse Debatte über die Sicherheit der Truppe und die geplante Ausweitung der Afghanistan-Mission entfacht. Als erste Konsequenz sind die Transporte von Soldaten in Bussen weitgehend ausgesetzt worden. Zudem müssen die Bundeswehrangehörigen verstärkt auf den eigenen Schutz achten. Die Reisebusse, die die Bundeswehr als Transportfahrzeuge auch bei ihren Auslandseinsätzen auf dem Balkan, in Afghanistan und am Horn von Afrika nutzt, gelten Experten schon lange als nicht sicher genug. Üblich war bei den Fahrten zwischen dem deutschen "Camp Warehouse" und dem Flughafen von Kabul die Sicherung der Busse durch zwei besonders geschützte Jeeps vom Typ "Wolf". Darüber hinaus sind Splitterschutzwesten Vorschrift. Obwohl bereits seit längerem vor Anschlägen gewarnt wurde, sind die Sicherheitsvorschriften zunächst nicht verschärft worden. Die Union kritisierte gestern die ihrer Ansicht nach zu leichte Ausrüstung der Truppe in der afghanischen Hauptstadt. Sie forderte die Regierung auf, die angepeilte Ausweitung des Einsatzes über Kabul hinaus, die auch von der afghanischen Regierung gern gesehen würde, zu verschieben. Dies lehnte Verteidigungsminister Peter Struck ab. Am Donnerstag hatte das Kabinett grünes Licht für einen neuen Stützpunkt im Raum Herat, etwa 600 Kilometer westlich von Kabul, gegeben. Dort sollen rund 70 deutsche Soldaten stationiert werden. Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan wandte sich gestern gegen ein martialisches Auftreten der deutschen Soldaten in Kabul. "Der Einsatz schwerer Panzer in den belebten Straßen wird dem Stabilisierungsauftrag der internationalen Staatengemeinschaft nicht gerecht", sagte er. Zu den Forderungen nach besserem Schutz der Soldaten betonte Schneiderhan, Auftrag sei es, Stabilität zu gewährleisten und Vertrauen zu schaffen. "Das geht nicht vom Panzer herab." Struck ergänzte: "Ich kann nicht erkennen, dass wir fahrlässig gehandelt haben." "Wir können uns nicht dagegen schützen, dass hier und da einzelne Attentäter sich mit enormen Mengen Sprengstoff in die Luft sprengen", sagte der Sprecher des deutschen Afghanistan-Kontingents, Major Günther Bender. Für den Transport werden jetzt bis auf weiteres nur noch die "Wolf"-Jeeps sowie Fahrzeuge vom Typ "Mungo" eingesetzt. Mit ihnen können bis zu acht Soldaten transportiert werden. Die "Mungos" sind allerdings erst noch in der Erprobungsphase. Deshalb seien sie auch noch nicht im regelmäßigen Einsatz, so ein Sprecher. Insgesamt sind 2400 Mann von der Bundeswehr für die Internationale Schutztruppe in Afghanistan (ISAF) abgestellt. Deutschland und die Niederlande sind zurzeit Führungsnationen des Einsatzes.