Laut Hochrechnungen Sieg für Spar-Befürworter bei Wahl in Griechenland. Jetzt wollen sie mit EU nachverhandeln

Athen/Hamburg. Ja zum Euro, Jein zum Sparpakt: Bei den griechischen Parlamentswahlen haben die Parteien, die zum Verbleib in der EuroZone auch Reformen durchsetzen wollen, offenbar eine Mehrheit erhalten. Das radikale Links-Bündnis Syriza, das den Sparkurs aufgeben wollte, legte stark zu, wurde aber nicht wie von den Linken erhofft stärkste Gruppe im Parlament. Damit scheint der angedrohte sofortige Stopp der europäischen Milliardenspritzen vorerst abgewendet. Er hätte den Staatsbankrott Griechenlands und vermutlich auch die Rückkehr des Landes zur Drachme bedeutet.

Nach ersten Hochrechnungen wird die konservative Nea Dimokratia (Neue Demokratie) mit 30,1 Prozent stärkste Partei. Die ebenfalls proeuropäischen Sozialisten (Pasok) erhalten 12,3 Prozent. Beide Parteien hatten das mit der EU vereinbarte Sparpaket unterstützt, können jetzt nach der Hochrechnung über 164 der 300 Sitze im Parlament verfügen. Das Bündnis der radikalen Linken kommt auf 26,5 Prozent. Auch die faschistische Partei Goldene Morgenröte schneidet mit 6,9 Prozent besser ab als bei der letzten Wahl am 6. Mai.

Syriza-Chef Alexis Tsipras räumte am späten Abend seine Wahlniederlage in einem Telefonat mit dem Vorsitzenden der Konservativen, Antonis Samaras, ein. Samaras wird nun voraussichtlich von Staatspräsident Karolos Papoulias mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt. In seiner Siegesrede sagte er: "Das griechische Volk hat seinen Willen zum Ausdruck gebracht, mit dem Euro verankert zu bleiben und seine Verpflichtungen zu honorieren. Dies ist ein Sieg für ganz Europa."

Samaras lud alle politischen Kräfte ein, sich an einer Regierung der nationalen Rettung zu beteiligen. Ähnlich äußerte sich auch Pasok-Chef Evangelos Venizelos. Ein Syriza-Sprecher sagte dagegen, Überlegungen zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit mit Konservativen und Sozialisten seien "lächerlich". Völlig unklar ist auch, ob das mit der EU vereinbarte Sparpaket von der neuen Regierung komplett umgesetzt wird. Sowohl Samaras als auch Venizelos kündigten an, mit der Euro-Gruppe nachzuverhandeln. Sie verlangte "die rasche Bildung einer Regierung, "die das vereinbarte Anpassungsprogramm umsetzt".

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) mahnte in der ARD, Athen dürfe europäische Verträge nicht für null und nichtig erklären. Substanzielle Änderungen am Sparpaket werde es nicht geben. Für denkbar hielt Westerwelle lediglich, dass Reformschritte zeitlich gestreckt werden. Deutschland wolle, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibe. Letztlich entscheide das Land aber selbst. "Man kann niemanden, der gehen will, halten", so der Außenminister. Deutschland habe Griechenland bereits mit rund 40 Milliarden Euro geholfen. "Da darf man auch mal Danke sagen."

Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) warnte die künftige Regierung in Athen davor, die Reform-Vereinbarungen aufzukündigen. In einem solchen Fall nähme sie in Kauf, dass andere Staaten sagten: "Dann zahlen wir nicht mehr." Die rund 130 Milliarden Euro an Hilfen habe man Griechenland nicht gegeben, um das Land zu quälen, sondern um ihm zu helfen, sagte Martin Schulz.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat derweil vor künftigen Hilfszusagen Deutschlands zur Euro-Rettung eine Volksbefragung gefordert. "Wenn sich der Rahmen für die finanziellen Zusagen Deutschlands erweitert, sollten wir die Menschen in unserem Land nach ihrer Meinung fragen", sagte der CSU-Vorsitzende dem "Spiegel". Dies gelte für drei Fälle: neue Kompetenz-Übertragungen an Brüssel, die Aufnahme neuer EU-Mitglieder und neue Hilfsprogramme, die über die bisherigen Rettungsschirme hinausgehen.