Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahl fiebern die Ägypter der Bekanntgabe der Ergebnisse entgegen. Eine Stichwahl wird entscheiden.

Kairo. Ende der ersten Runde der Richtungswahl in Ägypten: Am zweiten und letzten Tag der Stimmabgabe in dem völlig offenen Rennen um das Präsidentenamt hat die Regierung noch versucht, mit verlängerten Öffnungszeiten in den Wahllokalen und freien Tagen für ihre Angestellten die Beteiligung anzukurbeln. Zwar bildeten sich auch am Donnerstagmorgen Schlangen, doch die waren längst nicht mehr so lang wie zum Auftakt der Wahl am Vortag. Anstatt wie ursprünglich geplant um 20.00 Uhr sollten die Wahllokale erst um 21.00 Uhr schließen. Offizielle Ergebnisse werden für kommenden Dienstag erwartet.

Um das Amt bewarben sich 13 Kandidaten, von denen aber wohl keiner eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgang erzielen wird. Die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen müssen sich dann am 16. und 17. Juni einer Stichwahl stellen. Der Wahlsieger soll am 21. Juni verkündet werden.

Zu den aussichtsreichsten Bewerbern unter den säkular eingestellten Kandidaten zählen der ehemalige Außenminister und Chef der Arabischen Liga Amr Mussa und Ex-Regierungschef Ahmed Schafik, beides Veteranen des alten Regimes. Mohammed Morsi ist der Kandidat der mächtigen Muslimbruderschaft. Der als gemäßigt geltende Islamist Abdel-Moneim Abolfotoh steht indes für eine liberalere Politik als die der Muslimbrüder. Er lehnt Zensur ab und würde auch einen Christen als Staatsoberhaupt akzeptieren.

So unterschiedlich wie die Kandidaten sind auch die Meinungen der Wähler. "Ich mag Schafiks Persönlichkeit. Er ist stark genug, um das Land voranzubringen", sagte eine Wählerin in der Hauptstadt Kairo. Eine andere war noch unentschlossen, fragte aber: "Glaubt ihr nicht, wir sollten für den Kandidaten stimmen, der den Koran hält?"

Die regierenden Streitkräfte haben angekündigt, die Macht am 1. Juli an den neuen Präsidenten zu übergeben. Doch viele fürchten, der Militärrat könne versuchen, seine Entscheidungsgewalt bei Schlüsselthemen wie der nationalen Sicherheit und in der Außenpolitik zu behalten.

Neben der Details der Machtübergabe ist außerdem auch nicht geregelt, welche Befugnisse der Präsident tatsächlich haben wird. Denn Militärs, Islamisten und Liberale sind sich uneinig, wie die neue Verfassung des Landes auszusehen hat. Sie soll unter anderem die Rolle der Religion und die zukünftige Position der Streitkräfte festschreiben.