Für oder gegen den Euro? Verpflichtungen erfüllen oder hinschmeißen? Links- und Rechtsextreme werden stärker. Bürger räumen ihre Konten.

Athen. Viele Griechen stehen vor einem Dilemma. Stimmen sie für den Euro und eisernes Sparen? Oder erklären sie das Sparprogramm einseitig für beendet und riskieren damit den Rauswurf aus dem Euro-Land? Die Antwort darauf sollen sie am 17. Juni bei Neuwahlen geben.

Der Wahlkampf hat schon begonnen. Und er wird härter als die Wahlkämpfe zuvor. "Es ist ein Kampf zwischen den proeuropäischen Kräften und Nihilisten", sagte der Parteichef der Konservativen, Antonis Samaras, griechischen Journalisten. Den politischen Gegner bezeichnete er gestern vor den Abgeordneten seiner Partei als ein "Bündnis der Verehrer von Hammer und Sichel bis hin zur Anarchie". Für Samaras ist solch eine Person, die alles verneint, der Chef des Bündnisses der radikalen Linken (Syriza), Alexis Tsipras. "Das Volk wird sein Glück in die Hand nehmen und das Sparprogramm der Armut annullieren", antwortete Tsipras. Es werde ein für alle Mal diejenigen abwählen, die das Land an den Abgrund geführt hätten.

+++ Regierungsbildung gescheitert: Griechen müssen neu wählen +++

Der neue Politstar der Radikallinken vertritt die Ansicht, niemand könne Griechenland aus dem Euro-Land werfen. Er will alle Spar- und Reformmaßnahmen auf Eis legen. Arbeitsplätze sollen geschaffen werden. Die Renten sollen steigen, Banken und viele privatisierte Betriebe wieder verstaatlicht werden. Das Geld dafür will er nach eigenen Worten von den Reichen nehmen - wie auch immer.

Gestern wurde im Parlament zunächst eine Interimsregierung unter dem Vorsitzenden des höchsten griechischen Verwaltungsgerichtshofes, Panagiotis Pikrammenos, vereidigt. "Ich bin wohl der passendste Ministerpräsident für unser Land in diesem Moment", sagte er in Anspielung auf seinen Nachnamen. Pikrammenos bedeutet im Griechischen "Der Verbitterte". Seiner Übergangsregierung gehören 16 Minister an, viele von ihnen Universitätsprofessoren, erfahrene Diplomaten oder Experten.

Unterdessen wächst die Verunsicherung in der Bevölkerung. Allein am Montag sollen die Griechen 900 Millionen Euro von ihren Bankkonten abgehoben haben. "Kein Wunder, wenn im In- und Ausland ständig davon gesprochen wird, das Land könnte bald aus der Euro-Zone rausfliegen", sagte ein Mitarbeiter einer der größten griechischen Privatbanken. Gerüchte, dass griechische Banken zusammengebrochen seien, wie es einige Medien im Ausland meldeten, wurden aber nicht bestätigt. Am Donnerstagvormittag wurde in den Banken normal gerbeitet. Auch aus Geldautomaten konnte man normal Geld holen.

Das Fehlen einer Regierung sowie Streiks und Demonstrationen der vergangenen Monate haben auch Auswirkungen auf den Tourismus. "Regiert endlich das Land", hieß es in einer Erklärung des Verbandes der griechischen Touristikunternehmen. Es gebe Regionen, wo die Buchungen um 40 Prozent zurückgegangen seien. Umfragen deuten darauf hin, dass es am 17. Juni zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den radikalen Linken und den Konservativen kommen wird. Die Radikallinken hoffen auf weitere Stimmengewinne aus den Reihen von Hunderttausenden Arbeitslosen, die nichts mehr zu verlieren haben. Die Arbeitslosenquote liegt mittlerweile bei mehr als 20 Prozent. "Zu viele Maßnahmen für eine zu lange Zeit, die so viele Menschen treffen. Das konnte kein gutes Ende haben", meinen viele Beobachter.

Außer den Linken wird auch die faschistische Bewegung immer stärker. Mehr als 440 000 Menschen stimmten am 6. Mai für die rassistisch-rechtsextremistische Goldene Morgenröte. Die Konservativen unter Samaras versuchen, eine Mitte-rechts-Front zu bilden, die einen Ansturm der Linken und Faschisten stoppen könnte. Griechenland scheint tief gespalten. Aber in einem Punkt sind sich alle einig: Diese Wahlen werden entscheidend für das Schicksal des Landes sein.