Griechenland präsentiert sich unregierbar und unreformierbar

Wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen, ist - etwas verkürzt ausgedrückt - nach Lenins Theorie eine revolutionäre Situation entstanden. Das könnte auf Griechenland passen. Nur hat Lenin bekanntermaßen nicht immer recht gehabt - und die Lage in Athen ist noch viel komplizierter. Dass die oben nicht können, haben schon die Regierungen der vergangenen Jahrzehnte und die Eliten des Landes hinlänglich bewiesen. Nun will ein Teil von ihnen selbst nicht mehr - nicht mehr sparen, sich nicht mehr an eingegangene Verpflichtungen halten.

Und unten sieht es nicht besser aus: Mehrheitlich haben sich die Griechen ganz demokratisch gegen den europäischen Sparkurs ausgesprochen. Das allerdings politisch von ganz rechts bis ganz links so zersplittert, dass keine Regierungskoalition zustande kommt. Ein paar Milliarden aus Brüssel hätte man für das nackte Überleben aber schon noch ganz gern. Das passt alles nicht zusammen. Weder oben noch unten kann und will Griechenland die Situation derzeit beherrschen, geschweige denn lösen.

Eine Gemeinschaft ist zwar auch dafür da, dass man in der Not füreinander einsteht. Unbedingte Voraussetzung dafür ist aber, dass sich alle Mitglieder an die vereinbarten Regeln und Abmachungen halten. Wenn das einer nicht mehr kann und/oder will, müssen Konsequenzen folgen. Das Land einfach bankrottgehen zu lassen oder aus dem Euro zu werfen, wären die derzeit wohl populärsten Möglichkeiten. Besser wäre aber - wie bei jeder Trennung - ein geordnetes Verfahren. Dafür aber bräuchte man wiederum eine handlungsfähige Regierung in Athen als Verhandlungspartner. Dort wird offensichtlich wieder einmal auf Zeit gespielt und auf Neuwahlen spekuliert. Ein bekanntes, aber im Rest Europas immer schwerer zu vermittelndes Handlungsmuster. Geschieht in Athen nicht noch ein kleines Wunder, dürften die Euro-Tage für Hellas so oder so gezählt sein.