Nach dem Scheitern der konservativen Nea Dimokratia ist nun das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) am Zug. Ob es Tsipras gelingt, eine Regierungskoalition zu schmieden, ist fraglich.

Athen. Neuer Anlauf zur Regierungsbildung in Athen: Nach dem Scheitern der konservativen Nea Dimokratia ist nun das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) am Zug. Staatspräsident Karolos Papoulias übertrug Parteichef Alexis Tsipras am Dienstag das Mandat für die Sondierung von Koalitionsmöglichkeiten. Es gilt gemäß der griechischen Verfassung für drei Tage. Ob es Tsipras gelingt, eine Regierungskoalition zu schmieden, ist fraglich.

Der Chef der Konservativen, Antonis Samaras, hatte das Mandat nach kurzer Zeit am Montag niedergelegt. Er sah keine Chance für ein stabiles Parteienbündnis, das im neuen Parlament eine Mehrheit hat.

Die Radikalen Linken, eine antistalinistische Sammelbewegung, waren überraschend als zweite Kraft hinter den Konservativen aus den Parlamentswahlen am Sonntag hervorgegangen. Sie stellen 52 der 300 Parlamentsabgeordneten und wollen Griechenland in der Eurozone halten, allerdings – wie Tsipras unterstrich – vorerst keine Schulden mehr zurückzahlen. Für die pro-europäischen Konservativen und Sozialisten, die bislang gemeinsam regierten und nun keine Mehrheit mehr haben, ist dies unrealistisch.

Der 37-jährige Tsipras sprach beim Treffen mit dem Präsidenten von einem historischen Moment für die Linke. Anschließend rief er die bisherigen Regierungsparteien auf, gegenüber Brüssel zu erklären, dass ihre Unterschriften unter dem Spar- und Stabilisierungsprogramm nicht mehr gelten. Alle Verträge, die Griechenland mit den Geldgebern geschlossen hat, seien nach dem Ergebnis der Parlamentswahl null und nichtig.

Tsipras kündigte für den Fall einer Regierungsübernahme zudem ein „Rückzahlungsmoratorium“ für griechische Schulden an. Internationale Kontrolleure sollten prüfen, wie hoch genau die Schulden Griechenlands sind und ob sie rechtmäßig seien. Außerdem müssten auch alle „arbeiterfeindliche“ Gesetze zurückgenommen werden.

Griechenland hängt im Zuge der Euro-Krise am Tropf internationaler Geldgeber und braucht dringend frisches Geld – bis Ende Juni sollen es 30 Milliarden Euro sein, andernfalls droht die Staatspleite.

Bauingenieur Tsipras hat nun drei Tage Zeit zu sondieren, ob er eine Mehrheit im Parlament bekommen kann. Zunächst sind Treffen mit kleineren linken Parteien und Gruppierungen geplant, sagte ein Syriza-Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. Auch mit Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und linken außerparlamentarischen Gruppierungen will er sprechen. Am Freitag sollen Konservative und Sozialisten an der Reihe sein.

Griechische Medien werteten das Vorgehen des neuen Politstars als „Show“. Denn ein Erfolg der Syriza-Partei bei den Bemühungen um die Regierungsbildung scheint unwahrscheinlich. Selbst wenn sie das zersplitterte linke politische Lager vereinigen könnte, würde das nur für 97 Sitze reichen. Die Regierungsmehrheit von 151 Mandaten im 300-Sitze-Parlament würde klar verfehlt. Auch für die Bildung einer Minderheitsregierung, die von anderen Parteien geduldet wird, reicht es nicht. Dafür sind mindestens 120 Stimmen notwendig. Immer mehr Analysten in Athen meinen, dass neue vorgezogene Wahlen unabwendbar sind. (dpa)