Staatspräsident Papoulias unternimmt einen letzten Versuch, Neuwahlen im Krisenstaat Griechenland zu verhindern, doch die Chancen sind gering.

Athen. Ein letzter Anlauf, um Neuwahlen in Griechenland zu verhindern: Die entscheidenden Gespräche zur Bildung einer Experten-Regierung im Krisenstaat haben begonnen. Am frühen Dienstagnachmittag empfing Staatspräsident Karolos Papoulias die Vorsitzenden der Konservativen, der Sozialisten und der kleineren Partei Demokratische Linke in seinem Amtsgebäude. Nach Angaben seines Büros wird Papoulias versuchen, die Parteivorsitzenden zur Bildung einer Technokraten-Regierung zu bewegen. Diese soll sich für den Verbleib Griechenlands im Euroland einsetzen. Scheitert diese Vermittlung, wird es eine Interimsregierung und Neuwahlen am 10. oder 17. Juni geben.

+++Griechischer Präsident Papoulias will Expertenregierung+++

+++Kommen die Neuwahlen? Die griechische Tragödie im letzten Akt+++

Mit eindringlichen Worten warnte er vor einem Scheitern der Regierungsbildung. Der Juni könnte dann zu einem „Monat der Tragödie“ für das Land werden. Der Staatspräsident bezog sich dabei auf einen Bericht der amtierenden Regierung, wonach Griechenland dringend eine neue arbeitsfähige Regierung benötigt, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Allerdings schätzten griechische Kommentatoren die Chancen auf einen Erfolg von Papoulias als minimal ein. Zu dem entscheidenden Gespräch hatte Papoulias alle Parteien außer die Faschisten eingeladen. Die Kommunisten wollten nicht teilnehmen. Die zweitstärkste politische Kraft, das Bündnis der Radikalen Linken, weigert sich bislang, eine Expertenregierung zu unterstützen und lehnte eine Teilnahme an den heutigen Gesprächen ab. Ein Treffen von Papoulias mit dem Chef der kleinen Rechtspartei der Unabhängigen Griechen (AE), Panos Kammenos, wurde ebenfalls abgesagt.

Eine Schlüsselrolle spielt weiterhin das Bündnis der Radikalen Linken. Die Radikallinken sind die zweitstärkste Kraft im Parlament. Der Parteivorsitzende Alexis Tsipras will aber nicht kooperieren. Stattdessen sollen seiner Meinung nach die anderen Parteien eine Regierung bilden. Diese befürchten wiederum, dass eine Regierung ohne Beteiligung der Radikallinken den Protesten und dem Druck der Straße nicht standhalten kann. Die Vorsitzenden aller Parteien, die theoretisch eine Regierung bilden könnten, wollen Griechenland in der Eurozone halten. Einig sind sich die Parteien auch, dass es Abstriche an dem mit Geldgebern vereinbarten Spar- und Reformkurs geben soll. Strittig sind die Wege. Die Radikallinke will die Vereinbarung einseitig aufkündigen. Die anderen Parteien wollen die EU in Gesprächen überzeugen, dass die Sparauflagen gelockert werden.

Allerdings hatte die Eurogruppe am Montag noch einmal klargestellt, dass sie Griechenland zwar als Mitglied behalten möchte, aber im Gegenzug erwartet, dass eine Regierung in Athen die vereinbarten Spar- und Reformziele einhält. Der luxemburgische Premier- und Schatzminister Jean-Claude Juncker schloss jedoch nicht aus, dass unter außergewöhnlichen Umständen Fristen für Athen verschoben werden könnten. Dazu müsse es jedoch erst einmal eine Regierung geben. Das Thema Verschiebung sei auch noch nicht von allen Ressortchefs debattiert worden.

Die griechische Regierung kritisierte unterdessen den Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Goldene Morgenröte, Nikos Michaloliakos, scharf für dessen verharmlosende Äußerungen zum Holocaust. Im Fernsehen hatte er geleugnet, dass in den Konzentrationslagern Gaskammern und Verbrennungsöfen zur Tötung von Gefangenen eingesetzt wurden. Regierungssprecher Pantelis Kapsois bezeichnete die Äußerungen von Michaloliakos am Dienstag als „extreme Beleidigung des Andenkens der Millionen Holocaustopfer“ und warf dem 55-jährigen Parteivorsitzenden Geschichtsfälschung vor. Bei den Wahlen am 6. Mai wurden Michaloliakos und 20 weitere Mitglieder der Goldenen Morgenröte ins Parlament gewählt.

Mit Material von dpa/dapd