Die G8 setzen Zeichen für Demokratie in Nahost und Stabilität im Westen. Nur Bundeskanzlerin Angela Merkel redet nicht immer mit.

Deauville. Am Ende hielt Nicolas Sarkozy eine Lobrede auf das normannische Wetter: Das habe sich beim G8-Gipfel in Deauville von seiner besten Seite gezeigt, mit moderaten Regenfällen, ordentlichen Windböen und einem prächtigen Sonnenuntergang. "Insbesondere Angela Merkel war sehr empfänglich und glücklich über dieses Farbenspiel", teilte Nicolas Sarkozy der versammelten Weltpresse zum Abschluss des zweitägigen Gipfeltreffens in dem nordfranzösischen Seebad mit. "Und wenn Angela Merkel bei einem G8-Gipfel glücklich und empfänglich ist, dann ist das ein gutes Zeichen", scherzte Frankreichs Präsident.

Dass Sarkozy sich solche gönnerhaften Sottisen erlaubte, kann man als Zeichen dafür werten, dass er mit sich und der Welt zufrieden war. Aus französischer Sicht war der Gipfel ein Erfolg. Sarkozy hat die Gelegenheit genutzt, sich zwei Tage lang als Kopilot der westlichen Welt zu inszenieren. Am Freitagmorgen war Sarkozy mit Amerikas Präsident Barack Obama und dem russischen Kollegen Dmitri Medwedew zu einem Dreiergespräch zusammengekommen. In seinem kurzen Statement nach dem Treffen benutzte Obama mehrfach das Wort "Führungskraft", und es schien nicht ausgeschlossen, dass dies ein Lob auf die Entschlossenheit des französischen Präsidenten in der Libyen-Frage sein sollte.

Der Waffengang in Nordafrika und die angespannte Lage in Syrien waren zwei der Hauptthemen des Gipfels. In der Abschlusserklärung wiederholten die G8-Staaten ihre Forderung nach einem "unmittelbaren Ende der Gewalt gegen Zivilisten durch das libysche Regime". Wenn Gaddafi nicht gehe, werde es eine "Intensivierung" der Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung im Rahmen der Uno-Resolution 1973 geben, kündigte Sarkozy an. Ausdrücklich dankte er dabei noch einmal Moskau für die Unterstützung im Sicherheitsrat. Die "Gesamtheit der Partner" stehe hinter den scharfen Worten der Verurteilung Gaddafis, "Russland inbegriffen". Von Diplomaten war zu hören, die Russen seien bereit, sich künftig mit Kritik an Militärmaßnahmen zurückzuhalten, die ihrer Meinung nach über das Uno-Mandat "Schutz der Zivilbevölkerung" hinausgehen.

Am Rande des Gipfels hatte man sich am Donnerstagabend für eine Art informeller Sondersitzung zum Krieg in Libyen getroffen - ohne Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nach dem Abendessen im Ciro's führten die Regierungschefs von am Militäreinsatz beteiligten Staaten - Frankreich, England, USA - noch ein Gespräch mit Medwedew, bei dem es nach Informationen des französischen Senders France 2 um die bislang wenig zufriedenstellende militärische Lage in Libyen ging - und um Konsequenzen daraus. In der Pressekonferenz des britischen Premierministers David Cameron konnte man am Freitag den Eindruck gewinnen, dass dieses Treffen das wichtigste des Gipfels war.

Die Entscheidung der Bundesregierung, sich im Uno-Sicherheitsrat der Stimme zu enthalten und an dem Militäreinsatz gegen Muammar al-Gaddafi nicht teilzunehmen, hat also anscheinend zur Folge, dass die Bundesrepublik nicht mehr in alle Debatten zur Libyen-Frage einbezogen wird. Die Bundeskanzlerin ist dennoch der Meinung, dass sich Berlin nicht ins Abseits manövriert habe. Alle "politischen Fragen" zu Libyen seien zuvor in großer Runde besprochen worden. Zudem habe sie in bilateralen Gesprächen sowohl mit Cameron als auch mit Obama ausführlich über die Lage in dem nordafrikanischen Land gesprochen. Über die politische Lösung sei man sich vollkommen einig, sie laute: "Gaddafi muss weg!"

Den Folgen des "arabischen Frühlings", der im Diplomatensprech "Mena-Spring" heißt, wobei Mena für Middle East North African steht, widmeten sich die Gipfelteilnehmer vor allem am Freitag. Als Gäste waren der tunesische Premierminister und der ägyptische Übergangspräsident eingeladen. Am Ende konnten sie mit Zusicherungen beträchtlicher Hilfeleistungen nach Hause gehen. Insgesamt will man den jungen Demokratien mit einer Summe von 40 Milliarden US-Dollar helfen. Davon, so erläuterte Sarkozy, entfallen 20 Milliarden auf multilaterale Banken wie die Weltbank, zehn Milliarden sollen aus bilateralen Vereinbarungen kommen. Frankreich werde sich dabei mit einer Milliarde beteiligen, sicherte Sarkozy zu. Weitere zehn Milliarden Dollar hätten die Golf-Staaten Saudi-Arabien, Kuwait und die Emirate zugesagt. Die Bundesrepublik Deutschland wird sich ihrerseits mit 1,3 Milliarden Dollar beteiligen, sagte Merkel.

Die Kanzlerin zeigte sich besonders erfreut darüber, dass es "zum ersten Mal in der Geschichte der G8 zu einer gemeinsamen Erklärung mit Afrika" gekommen sei. Die 18-seitige Abschlusserklärung , in der die Teilnehmer ihre "erneuerte Verpflichtung für Freiheit und Demokratie" bekunden, ist der traditionelle geopolitische Parforceritt, in dem neben der arabischen Welt vor allem die Lage in Japan und die Reaktorsicherheit behandelt werden.