Berlin. Kanzler Olaf Scholz mahnt bei den Vereinten Nationen, ein Frieden ohne Freiheit sei Unterdrückung – und appelliert an Wladimir Putin.

Vor den Vereinten Nationen in New York hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hinter die internationalen Bemühungen um Frieden in der Ukraine gestellt. Gleichzeitig warnte er vor "Schein-Lösungen" die das Wort "Frieden" lediglich im Namen trügen. "Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung", sagte Scholz am Dienstagabend (Ortszeit) bei der UN-Generaldebatte. "Frieden ohne Gerechtigkeit nennt man Diktat. Das muss nun endlich auch Moskau verstehen."

Scholz erklärte außerdem, die Ukrainerinnen und Ukrainer würden "um ihr Leben und ihre Freiheit kämpfen, um die Unabhängigkeit und die territoriale Integrität ihres Landes, um die Wahrung genau der Prinzipien, denen wir alle uns in der UN-Charta verpflichtet haben". Der russische Angriffskrieg stürze aber nicht nur die Ukraine in großes Leid, fügte der Bundeskanzler hinzu. "Unter Inflation, wachsender Verschuldung, Düngemittelknappheit, Hunger und steigender Armut leiden Bürgerinnen und Bürger weltweit."

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Scholz: "Russland ist für diesen Krieg verantwortlich"

"Weil dieser Krieg unerträgliche Folgen rund um den Globus hat, ist es gut und richtig, dass sich die Welt auch an der Suche nach Frieden beteiligt", sagte Scholz weiter. "Vergessen wir nicht: Russland ist für diesen Krieg verantwortlich. Und es ist Russlands Präsident, der ihn mit einem einzigen Befehl jederzeit beenden kann", betonte Scholz. "Doch damit er das tut, muss er verstehen, dass wir – die Staaten der Vereinten Nationen – es ernst meinen mit unseren Prinzipien." In einer multipolaren Welt des 21. Jahrhunderts sei kein Platz mehr für Revisionismus und Imperialismus.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine überschattet wie bereits im vergangenen Jahr die Generaldebatte der UN-Vollversammlung, bei der auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vor Ort eine Rede hielt. Scholz wird an diesem Mittwoch auch dabei sein, wenn es im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen möglicherweise zur direkten Konfrontation der Kriegsgegner Ukraine und Russland kommt. Selenskyj wird ebenso im höchsten UN-Gremium erwartet wie der russische Außenminister Sergej Lawrow.

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Treffen zwischen Scholz und Selenskyj geplant

Nach der Sicherheitsratssitzung wird Selenskyj mit Scholz zu einem bilateralen Gespräch zusammenkommen. Dabei dürfte es auch um die von der Ukraine seit langem geforderte Lieferung deutscher Marschflugkörper vom Typ Taurus gehen. Der Kanzler hat sich bisher zurückhaltend dazu geäußert. Er will sicherstellen, dass mit diesen Waffen kein russisches Territorium angegriffen wird. Derzeit wird geprüft, wie das umgesetzt werden kann.

Scholz hatte bereits im vergangenen Jahr in der UN-Generalversammlung gesprochen – als erster Kanzler seit 15 Jahren. Seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU) war in ihrer 16-jährigen Amtszeit nur einmal – und zwar im Jahr 2007 – in einer Generaldebatte aufgetreten.

Scholz spricht sich für Reform des UN-Sicherheitsrats aus

In seiner Rede forderte Scholz erneut auch Reformen bei der UNO, insbesondere beim UN-Sicherheitsrat. Die Vereinten Nationen müssten "die Realität einer multipolaren Welt abbilden". Dies sei aber bislang nicht der Fall, sagte Scholz. "Nirgendwo ist das so augenfällig wie bei der Zusammensetzung des Sicherheitsrats."

An der Struktur und Zusammensetzung des mächtigsten UN-Gremiums mit 15 Mitgliedern, in dem die fünf ständigen Mitglieder China, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA einen ständigen Sitz und damit ein Veto-Recht haben, gibt es schon lange Kritik. So ist der Sicherheitsrat im Ukraine-Krieg blockiert, weil Russland jede Resolution verhindern kann. (csr/dpa/afp)