Berlin. Selenskyj auszuschalten, ist ein Ziel Russlands. Seit Kriegsbeginn verließ er nicht die Ukraine. Warum er eine riskante Ausnahme wagte.

Auf der Abschussliste von Kremlchef Wladimir Putin steht er wohl auf Platz eins. Mit seiner Reise nach Washington ging Wolodymyr Selenskyj denn auch ein Risiko ein.

In Washington wird der Trip mit Winston Churchills legendärem Amerika-Besuch im Jahr 1941 verglichen. Churchill trotzte damals der Gefahr durch deutsche U-Boote im Atlantik – Selenskyj setzte sich jetzt dem Risiko eines Flugzeugabschusses durch die Russen aus.

Über Selenskyjs Hinflug kann nur spekuliert werden, erst recht über seinen Rückflug. Halbwegs gesichert scheint, dass er von Kiew mit dem Zug in die polnische Grenzstadt Przemysl fuhr, wo er laut Aufnahmen des Privatsenders TVN mit der US-Botschafterin in der Ukraine, Bridget Brink, am Bahnhof gesichtet wurde. Dann stieg er in eine gepanzerte Limousine um und wurde weiter bis Rzeszow gefahren. Von diesen Zwischenstationen gibt es sogar Aufnahmen auf Twitter.

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Die Amerikaner behaupten, dass Selenskyj danach den neunstündigen Flug in die US-Hauptstadt antrat und am Mittwochmittag auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews Air Force Base an Bord einer Boeing C-40B landete. Dafür spricht, dass der Flug auf der Tracking-Seite "Flightradar24" verschwand. Unklar ist, ob es ein Direktflug war oder der Mann aus der Ukraine irgendwo die Maschine gewechselt hat, zum Beispiel auf der US-Airbase im rheinland-pfälzischen Ramstein.

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Was in den USA kommuniziert wird, muss nicht richtig sein, sondern ist womöglich Teil eines Ablenkungsmanövers. Und wenn die Odyssee seines ersten Auslandsbesuchs nach Beginn des Ukraine-Krieges richtig wiedergegeben wird, stellt sich gleichwohl die Frage, ob Selenskyj auf der gleichen Route wieder nach Hause kam. Fakt ist er, dass er auf dem Rückweg seinen polnischen Kollegen Andrzej Duda traf. Das Gespräch fand Selenskyj zufolge wieder in Rzeszow statt – auf dem Flughafen.

Selenskyi in den USA: Geheimnisvolle Reise mit hohem Sicherheitsaufwand

Klar ist, dass die Amerikaner für seine Sicherheit sorgten und ihm militärischen Geleitschutz gaben. Hin- und Rückflug fanden unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen und Geheimhaltung statt. Folgerichtig wurde die Reise kurzfristig kommuniziert. Es ist auch nicht völlig auszuschließen, dass er sie insgeheim früher antrat, nicht erst am Dienstagabend, sondern womöglich bereits am Montag.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Ein Kriegsziel Russlands war und ist die politische Enthauptung der Ukraine, buchstäblich von Selenskyj, heute vielleicht noch mehr als vor Kriegsausbruch vor bald zehn Monaten. Denn Selenskyj ist zur Ikone des Mutes und des ungebrochenen Selbstbehauptungswillens der Ukrainer geworden; gerade er, der in den ersten Stunden des Kriegs die Möglichkeiten hatte, zu fliehen.

"Ich brauche Munition, keine Mitfahrgelegenheit“, lautete seine damalige und inzwischen legendär gewordene Antwort. Und deswegen hat er seit dem 24. Februar in der Ukraine ausgeharrt; die Staatsfrauen und Männer dieser Welt kamen zu ihm – nicht umgekehrt. Bis Mittwoch.

Allerdings hatte Selenskyj auch einen richtig guten Grund, für US-Präsident Joe Biden eine Ausnahme zu machen, den gleichen wie einst Churchill: Die Militärhilfe der Amerikaner. (fmg) Das könnte Sie auch interessieren: Ukraine-Krieg: So schlagkräftig ist das Patriot-Abwehrsystem