AfD-Kandidatin fällt als Bundestagsvize erneut durch
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Von Tim Braune
Berlin . Auch im dritten Anlauf gescheitert: Die AfD-Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel wurde wieder nicht zur Bundestagsvizepräsidentin gewählt.
Dritter Anlauf, dritte Pleite für Mariana Harder-Kühnel: Die AfD-Politikerin hat es am Donnerstag erneut nicht geschafft, im Bundestag zu einer Vizepräsidentin des Parlaments gewählt zu werden. Dabei hätte ihr dieses Mal die einfache Mehrheit der abgegeben Stimmen gereicht.
Die 44-jährige Juristin aus dem hessischen Gelnhausen bekam von 665 Stimmen aber nur 199 Ja-Stimmen. 423 Abgeordnete sagten Nein, 23 enthielten sich. Bereits in den ersten beiden Wahlgängen in den vergangenen Monaten hatte sie die erforderlichen Mehrheiten jeweils deutlich verfehlt.
AfD scheitert mit Kandidaten zum sechsten Mal
Als Vizepräsident Hans-Peter Friedrich (CSU) um 15.24 Uhr das Ergebnis bekannt gab, sah man in den Reihender AfD in lange Gesichter. Harder-Kühnel wurde von Fraktionskollegen umringt, die sie trösteten. Sie kann nicht noch einmal antreten. Dafür bräuchte sie eine Sondergenehmigung des Ältestenrates des Bundestages. Das gilt aber als aussichtslos.
Die AfD muss nun einen neuen Kandidaten finden, nachdem sie sechs Mal damit gescheitert ist, den Vizeposten zu besetzen, der ihr nach der Geschäftsordnung des Parlaments zusteht. Nach der Bundestagswahl 2017 hatten die anderen Fraktionen bereits den AfD-Abgeordneten Albrecht Glaser in drei Wahlgängen durchfallen lassen.
Die anderen Parteien im Bundestag fürchteten, dass die AfD-Frau Harder-Kühnel als Vizepräsidentin, die regelmäßig über den Verlauf der Sitzungen wacht, bei verbalen Ausfällen die eigenen AfD-Kollegen schonen und auf mögliche Disziplinarmaßnahmen wie Ordnungsrufe verzichten könnte.
Die mit Spannung erwartete geheime Abstimmung verschob sich am Donnerstag um fast eine Stunde. Harder-Kühnel zeigte sich bis dahin gar nicht im Plenum. Die anwesenden Abgeordneten zogen sich hinter grauen Vorhängen in die Wahlkabinen zurück, um danach ihre Stimmkarte mitten im Saal abzugeben.
Die Regierungsbank blieb auffällig leer. Bei der Bekanntgabe des Ergebnisses für Harder-Kühnel war nur Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) anwesend. Kanzlerin Angela Merkel war nicht in Berlin, sondern besuchte am Donnerstag Irland. Dafür waren die Ex-SPD-Chefs Martin Schulz und Sigmar Gabriel zur Abstimmung da.
Vizepräsidentenamt ist finanziell lukrativ
Das Amt eines Vizepräsidenten ist finanziell lukrativ und mit fast 15.000 Euro im Monat dotiert. Dazu gibt es nach Angaben der Bundestagsverwaltung einen Dienstwagen, zwei Mitarbeiter und einen Referenten. Auch nach einem Ausscheiden aus dem Bundestag steht den Vizes bis zu vier Jahre ein Büro mit Mitarbeiterstab zur Verfügung. Dies gilt genauso für SPD, CSU, Grüne und Linke, die jeweils einen Vizepräsidenten stellen. Bundestagspräsident ist der frühere Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Im Vorfeld der Abstimmung hatte es großen Wirbel gegeben. Die Ankündigung von Ralph Brinkhaus, Fraktionsvorsitzender der Union im Bundestag, für Harder-Kühnel zu stimmen, traf auf erbitterten Widerstand gerade bei der SPD. „Ich werde keine Rechtsradikale als Vizepräsidentin wählen“, sagte der Chefhaushälter Johannes Kahrs, der Vergleiche zur Weimarer Republik zog und die „wehrhafte Demokratie“ bedroht sieht.
Viele SPD- und Grünen-Politiker wollten aus Prinzip mit Nein
So wollten etwa viele SPD- und Grünen-Politiker aus Prinzip mit Nein stimmen, weil die AfD die politische Kultur im Parlament mit gezielten Provokationen beschädige und nicht an einer sachlichen Arbeitsatmosphäre interessiert sei. Harder-Kühnel sei Teil einer Fraktion, die ausgrenze und hetze.
Der CDU warf die SPD-Abgeordnete Elvan Korkmaz vor, sich zum „Steigbügelhalter der AfD“ zu machen. FDP-Fraktionschef Christian Lindner hatte dagegen angekündigt, er werde die AfD-Frau wählen, um der Partei keine Gelegenheit zu bieten, sich als Märtyrer zu stilisieren. „Das hält der Deutsche Bundestag aus“, sagte Lindner.
Harder-Kühnel hat ein sehr konservatives Familienbild
Harder-Kühnel vertritt den Wahlkreis Main-Kinzig-Wetterau II-Schotten, der an Frankfurt angrenzt. Sie war Spitzenkandidatin der AfD in Hessen. Die Mutter von drei Kindern zählt zu den politisch und im Ton eher moderaten Mitgliedern der AfD-Bundestagsfraktion. Der „Spiegel“ berichtete, dass Harder-Kühnels Verbindungen zum völkischen „Flügel“ aber enger seien als bisher gedacht.
Politisch konzentriert sich die dreifache Mutter auf Familienthemen. In Reden geißelt sie Sexualerziehung als „staatlich aufgezwungene unnatürliche Frühsexualisierung“ von Kindern und sprach sich gegen eine Reform des Paragraphen 219a aus, der es Ärzten verbot, darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen.
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Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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