Berlin. Ein neues Buch beleuchtet die Rolle der Kanzler- und Präsidentenfrauen. Politikerinnen wollen eine Bundespräsidentin nach Steinmeier.

Geld gibt es keines, ein offizielles Amt auch nicht – und doch kann ihr Wort im Zweifel entscheidend sein. Die Ehefrauen von Bundespräsidenten und Kanzlern prägen nicht nur das Leben ihrer Männer, sondern mitunter auch die Politik. 20 Frauen haben diese Rolle seit 1949 in Deutschland innegehabt.

Nun ist es an der Zeit, dass auch einmal eine Frau das höchste Amt im Staat bekleidet, finden viele Politikerinnen. Gut zwei Jahre nach der Wahl von Frank-Walter Steinmeier zum Bundespräsidenten beginnt die Debatte um seine Nachfolge. Mehrere Politikerinnen sprechen sich dafür aus, dass der nächste Bundespräsident eine Frau sein sollte.

„Ein weibliches Staatsoberhaupt wäre ein tolles Signal für Deutschland“, sagte FDP-Fraktionsvize Katja Suding unserer Redaktion. Das könne man allerdings nicht verordnen. Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht würde sich ebenfalls über eine Bundespräsidentin freuen. „Keine Frage: Frauen sollten ebenso viele Führungspositionen wahrnehmen wie Männer“, sagte Wagenknecht. Wichtiger sei aber, dass das Staatsoberhaupt „sich für mehr sozialen Ausgleich und Zusammenhalt engagiert“.

Auch die Grünen wünschen sich eine erste Bundespräsidentin. „Wir schreiben das Jahr 2019. Eine Frau als Staatsoberhaupt fände ich gut“, sagte Ulle Schauws, Grünen-Sprecherin für Frauenpolitik, unserer Redaktion.

Welchen Einfluss haben First Ladys?

„Ich bin nicht gewählt, mein Mann ist gewählt, das haben viele dieser Frauen immer wieder betont“, sagt die Historikerin Heike Specht. Doch das sei nur die halbe Wahrheit. Denn: „Diese Frauen waren und sind ganz nah dran.“ In ihrem Buch „Ihre Seite der Geschichte“ (Piper, 24 Euro), das am Dienstag erscheint, zeichnet Specht nach, wer diese Frauen waren und welche Spuren sie hinterlassen haben. Wir stellen fünf der einflussreichsten First Ladys vor.

Elly Heuss-Knapp gründete das Müttergenesungswerk

Die Pionierin konnte die Aufgabe nur für drei Jahre wahrnehmen, doch ihre Arbeit hallt bis heute nach. Elly Heuss-Knapp, Frau des ersten Bundespräsidenten, war bei ihrem Einzug 1949 in die Villa Hammerschmidt in Bonn selbst bereits gestandene Politikerin. Schon 1919 hatte sie sich zur Wahl der Nationalversammlung der Weimarer Republik aufstellen lassen. 1946 wurde sie in den Stuttgarter Landtag gewählt.

Ihr Ehemann hätte ihr auch sein Amt ohne Frage zugetraut: Als Theodor Heuss einem Freund berichtete, dass er als möglicher Kandidat für das Bundespräsidentenamt gehandelt werde, schrieb er: „Für Elly wäre das eine wunderbare Funktion.“

Rut Brandt im Jahr 2001.
Rut Brandt im Jahr 2001. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content

Tatsächlich war Heuss-Knapp ein „dezidiert politischer Kopf“, sagt Heike Specht. Ihre Themen waren dabei vor allem soziale. Das spiegelt sich auch in ihrem Erbe: Heuss-Knapp gründete das Müttergenesungswerk, das Zehntausenden Frauen – und später auch Kindern und Männern – Kuraufenthalte ermöglichte. Die Schirmherrschaft liegt heute noch bei der Partnerin des jeweils aktuellen Bundespräsidenten, derzeit bei Elke Büdenbender.

Willy Brandts Frau Rut war geübt im Repräsentieren

Ganz anders dagegen interpretierte Rut Brandt die Aufgabe: Die Norwegerin an der Seite von Willy Brandt, sagt Specht, sei ganz eindeutig eine jener First Ladys gewesen, deren Wirken vor allem atmosphärischer Natur war. Soll heißen: Ruts Charme machte es Gästen auch bei spannungsgeladenen Staatsbesuchen einfach, sich wohlzufühlen.

Eine Fähigkeit, die ihr Mann sich zum Beispiel bei einem Besuch Leonid Breschnews 1973 zunutze machte. Das Repräsentieren hatte Brandt bereits gelernt, als ihr Ehemann Bürgermeister von West-Berlin war. Es sei darum gegangen, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, in der man auch jenseits der politischen Ebene ins Gespräch kommen konnte, so die Historikerin Specht.

Margot Honecker machte als „First Lady“ nur das Nötigste

Die Frau, die zur selben Zeit im anderen Teil Deutschlands im Zentrum der Macht stand, verfolgte dagegen einen anderen Ansatz: Margot Honecker konnte während der Zeit ihres Mannes Erich an der Spitze des ostdeutschen Staates den Titel der First Lady für sich beanspruchen.

Margot Honecker im Jahr 2011.
Margot Honecker im Jahr 2011. © picture alliance / ZB | dpa Picture-Alliance / Frank Schumann

Doch Honecker, selbst Ministerin für Volksbildung, hatte kein Interesse, als Ehefrau ihres Mannes aufzutreten. Die Rolle als First Lady habe Honecker „ganz klar abgelehnt und in dieser Funktion nur das Nötigste gemacht“, sagt Specht.

Hannelore Kohl wurde zum Teil als „Barbie“ verspottet

Fast ebenso lang First Lady wie Honecker im Osten war Hannelore Kohl in der Bundesrepublik: 16 Jahre füllte sie an der Seite ihres Mannes Helmut Kohl die Rolle aus. Anders als zum Beispiel ihre Nachfolgerin Doris Schröder-Köpf wurde Kohl nicht als prägende politische Figur wahrgenommen, zum Teil als „Barbie“ verspottet.

Doch so manches Bild von Hannelore Kohl werde ihrem Wirken nicht gerecht, sagt Specht. In Leipzig aufgewachsen, „war sie eine Person, die in Helmut Kohls engstem Umfeld die Erinnerung an die Teilung wachgehalten hat“, sagt die Historikerin. „Und in dem Moment, als es eine politische Gelegenheit gab, hat sie sehr auf die Wiedervereinigung gedrängt.“

Doris Schröder-Köpf bezog ein Büro im Kanzleramt

Hannelore Kohl war es auch, die ihre Nachfolgerin anrief, um ihr Tipps zu geben, obwohl die Frauen unterschiedlicher kaum hätten sein könne: Mit Doris Schröder-Köpf betrat eine ehemalige Journalistin die Bühne, die das Politikgeschäft genau kannte – und mitmischen wollte.

Schröder-Köpf bezog ein Büro im Kanzleramt, las Akten, machte Anmerkungen. Die rot-grüne Agenda „war mindestens ebenso ihre wie die ihres Mannes, vielleicht sogar mehr“, sagt Specht.