Santiago de Chile. Margot Honecker ist tot. Die Witwe des früheren DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker erlag am Freitag in Chile einem Krebsleiden.

Margot Honecker, Ex-Volksbildungsministerin der DDR und Witwe des früheren Staatsratsvorsitzenden der DDR und SED-Chefs Erich Honecker, ist am Freitagmorgen in Santiago de Chile gestorben. Das verlautete aus Kreisen von Freunden Honeckers und ehemals in der DDR lebenden chilenischen Kommunisten.

Margot Honecker wurde 89 Jahre alt. Sie lebte seit 1992 in dem südamerikanischen Land, in das sie mit ihrem Mann nach der Wende in der DDR geflohen war. Die Trauerfeier sollte bereits am Samstag (15 Uhr MESZ) auf dem Friedhof Parque del Recuerdo in Santiago de Chile stattfinden. Am Montag soll ihr Leichnam dann eingeäschert werden.

1992 flüchtete das Ehepaar nach Chile

Das Ehepaar Honecker war nach der Wende über Moskau nach Chile geflüchtet, wo ihre Tochter Sonja und ihr chilenischer Schwiegersohn lebten. Erich Honecker starb am 29. Mai 1994 in Chile im Alter von 81 Jahren an einem Krebsleiden. Dem Vernehmen nach starb jetzt auch seine Frau an Krebs.

Margot Honecker bei einer Partei-Veranstaltung in Santiago de Chile im März 2015.
Margot Honecker bei einer Partei-Veranstaltung in Santiago de Chile im März 2015. © REUTERS | STRINGER

Zuletzt öffentlich trat Margot Honecker 2014 in Santiago auf, als sie bei einer traditionellen Neujahrsfeier der Kommunistischen Partei Chiles mit Angela Jeria zusammentraf, der Mutter der aktuellen chilenischen Präsidentin Michelle Bachelet. Margot Honecker hatte bis zuletzt der DDR nicht abgeschworen und war von dem System und der Politik des kommunistischen Staates überzeugt.

Mehr als 25 Jahre Ministerin für Volksbildung

In der DDR war Margot Honecker weit mehr als die Frau an der Seite Erich Honeckers. Sie war eine eigenständige politische Kraft mit Amt und Mandat. Mehr als ein Vierteljahrhundert lang war sie Volksbildungsministerin der DDR.

Margot Honecker galt als Hardlinerin. Sie hatte 1978 gegen den Widerstand der Kirchen an den DDR-Schulen den Wehrkunde-Unterricht eingeführt. Mehr als 25 Jahre lang setzte die Funktionärin mit dem Blaustich im Haar von 1963 bis kurz vor dem Mauerfall die sozialistische Ideologie in Schulen und Kindergärten eisern durch. Noch 1989 hielt sie eine „Erziehungsrichtlinie“ hoch, wonach der Sozialismus, wenn nötig, mit der Waffe in der Hand verteidigt werden müsse.

Margot Honecker – Bilder eines Lebens

Margot Honecker ist tot. Die Witwe des früheren DDR-Staats- und SED-Parteichefs Erich Honecker starb am Freitag im Alter von 89 Jahren im chilenischen Exil, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld der Familie in Santiago de Chile erfuhr.
Margot Honecker ist tot. Die Witwe des früheren DDR-Staats- und SED-Parteichefs Erich Honecker starb am Freitag im Alter von 89 Jahren im chilenischen Exil, wie die Deutsche Presse-Agentur aus dem Umfeld der Familie in Santiago de Chile erfuhr. © dpa | Marcelo Hernandez
Die Trauerfeier sollte bereits am Samstag auf dem Friedhof Parque del Recuerdo in Santiago de Chile stattfinden. Am Montag soll ihr Leichnam eingeäschert werden. Auch ihr 1994 im Alter von 81 Jahren in Santiago gestorbener Mann war in Chile eingeäschert worden, die Asche wurde Margot Honecker übergeben.
Die Trauerfeier sollte bereits am Samstag auf dem Friedhof Parque del Recuerdo in Santiago de Chile stattfinden. Am Montag soll ihr Leichnam eingeäschert werden. Auch ihr 1994 im Alter von 81 Jahren in Santiago gestorbener Mann war in Chile eingeäschert worden, die Asche wurde Margot Honecker übergeben. © dpa | Frank Schumann
Die Ex-DDR-Ministerin für Volksbildung starb im Beisein ihrer Tochter Sonja und einer Krankenschwester, als Ursache wurde in chilenischen Medien eine Krebserkrankung genannt. In der DDR galt sie als kommunistische Hardlinerin – hier ein Bild mit dem DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow nach seiner Wahl am 13. November1989.
Die Ex-DDR-Ministerin für Volksbildung starb im Beisein ihrer Tochter Sonja und einer Krankenschwester, als Ursache wurde in chilenischen Medien eine Krebserkrankung genannt. In der DDR galt sie als kommunistische Hardlinerin – hier ein Bild mit dem DDR-Ministerpräsidenten Hans Modrow nach seiner Wahl am 13. November1989. © dpa | ---
Mehr als ein Vierteljahrhundert lang setzte die Funktionärin mit dem Blaustich im Haar von 1963 bis kurz vor dem Mauerfall sozialistische Ideologie in Schulen und Kindergärten eisern durch –  und verteidigte bis zum Tod die DDR. Das Foto zeigt den Staatsratsvorsitzender Honecker und seine Frau mit Egon Krenz (r., damals Vorsitzender der FDJ) bei einer Parade 1979 in Berlin.
Mehr als ein Vierteljahrhundert lang setzte die Funktionärin mit dem Blaustich im Haar von 1963 bis kurz vor dem Mauerfall sozialistische Ideologie in Schulen und Kindergärten eisern durch – und verteidigte bis zum Tod die DDR. Das Foto zeigt den Staatsratsvorsitzender Honecker und seine Frau mit Egon Krenz (r., damals Vorsitzender der FDJ) bei einer Parade 1979 in Berlin. © imago/Sven Simon | imago stock&people
Nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung hatten sie und ihr Mann zunächst in Moskau Zuflucht gefunden. Das Bild zeigt das Ehepaar Honecker und eine unbekannte Frau im März 1992 auf dem Gelände der chilenischen Botschaft in Moskau. Erich Honecker wurde 1992 ausgeliefert und in Berlin vor Gericht gestellt. Margot Honecker siedelte nach Santiago de Chile über, wo ihre Tochter Sonja lebte, die noch zu DDR-Zeiten einen Exil-Chilenen geheiratet hatte.
Nach dem Mauerfall und der Wiedervereinigung hatten sie und ihr Mann zunächst in Moskau Zuflucht gefunden. Das Bild zeigt das Ehepaar Honecker und eine unbekannte Frau im März 1992 auf dem Gelände der chilenischen Botschaft in Moskau. Erich Honecker wurde 1992 ausgeliefert und in Berlin vor Gericht gestellt. Margot Honecker siedelte nach Santiago de Chile über, wo ihre Tochter Sonja lebte, die noch zu DDR-Zeiten einen Exil-Chilenen geheiratet hatte. © dpa | Yuri Kadobnov
Anfang 1993, nach Einstellung seines Prozesses, folgte ihr der damals bereits schwerkranke Erich Honecker, der am 29. Mai 1994 ebenfalls in Santiago de Chile starb. Die Witwe hatte nach der Wiedervereinigung eisern an sozialistischen Überzeugungen festgehalten. Der Arbeiter- und Bauern-Staat sei das bessere System gewesen, betonte sie stets. Im Bild: Margot Honecker, Egon Krenz (l.) und Erich Honecker bei einer tänzerische Darbietung ausländischer Pioniere in der Pionierrepublik Wilhelm Pieck am Werbellinsee.
Anfang 1993, nach Einstellung seines Prozesses, folgte ihr der damals bereits schwerkranke Erich Honecker, der am 29. Mai 1994 ebenfalls in Santiago de Chile starb. Die Witwe hatte nach der Wiedervereinigung eisern an sozialistischen Überzeugungen festgehalten. Der Arbeiter- und Bauern-Staat sei das bessere System gewesen, betonte sie stets. Im Bild: Margot Honecker, Egon Krenz (l.) und Erich Honecker bei einer tänzerische Darbietung ausländischer Pioniere in der Pionierrepublik Wilhelm Pieck am Werbellinsee. © imago/Werner Schulze | imago stock&people
Honecker lebte zuletzt zurückgezogen in La Reina, einem Vorort der Hauptstadt Santiago de Chile. Sie nahm aber noch gelegentlich an Veranstaltungen der Kommunistischen Partei Chile teil und pflegte Freundschaften zu ehemaligen Führungskräften der Partei. Mehrere der südamerikanischen Genossen kannte sie aus deren Exil-Jahren in der DDR. Das Bild zeigt ein Treffen mit Daniel Ortega, dem Präsidenten Nicaraguas, im Juli 2008.
Honecker lebte zuletzt zurückgezogen in La Reina, einem Vorort der Hauptstadt Santiago de Chile. Sie nahm aber noch gelegentlich an Veranstaltungen der Kommunistischen Partei Chile teil und pflegte Freundschaften zu ehemaligen Führungskräften der Partei. Mehrere der südamerikanischen Genossen kannte sie aus deren Exil-Jahren in der DDR. Das Bild zeigt ein Treffen mit Daniel Ortega, dem Präsidenten Nicaraguas, im Juli 2008. © REUTERS | OSWALDO RIVAS
Margot Honecker beim XII. Bundeskongress des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands.
Margot Honecker beim XII. Bundeskongress des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands. © imago/Stana | imago stock&people
Volksbildungsministerin Honecker (r.) empfängt ihre vietnamesische Amtskollegin Nguyen Thi Binh in Berlin.
Volksbildungsministerin Honecker (r.) empfängt ihre vietnamesische Amtskollegin Nguyen Thi Binh in Berlin. © imago/Werner Schulze | imago stock&people
SED-Parteitag 1986: in der ersten Reihe KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow (2.v.l.) und Staatsratsvorsitzender Erich Honecker (3.v.l.), oben links Volksbildungsministerin Margot Honecker.
SED-Parteitag 1986: in der ersten Reihe KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow (2.v.l.) und Staatsratsvorsitzender Erich Honecker (3.v.l.), oben links Volksbildungsministerin Margot Honecker. © imago | imago
Opferverbände in Deutschland bedauerten nach Margot Honeckers Tod, dass sie nie strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden konnte. Sie habe zu den SED-Genossen gehört, die bis zum letzten Tag keine Kritik an ihrem eigenen Handeln zugelassen hätten.
Opferverbände in Deutschland bedauerten nach Margot Honeckers Tod, dass sie nie strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden konnte. Sie habe zu den SED-Genossen gehört, die bis zum letzten Tag keine Kritik an ihrem eigenen Handeln zugelassen hätten. © imago/Stana | imago stock&people
Ähnlich äußerte sich der Leiter der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe: „Sie war bis zum Tod eine böse, verstockte Frau“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“.
Ähnlich äußerte sich der Leiter der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe: „Sie war bis zum Tod eine böse, verstockte Frau“, sagte er der „Mitteldeutschen Zeitung“. © dpa | ---
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Zuflucht bei der Tochter in Chile gesucht

Nachdem Erich Honecker am 18. Oktober 1989 als DDR-Staats- und Parteichef zurücktreten musste, legte seine als dogmatisch verhasste Frau zwei Tage später „aus persönlichen Gründen“ ihr Amt nieder. 1991 wurden die Honeckers aus dem sowjetischen Militärhospital Beelitz bei Potsdam nach Moskau gebracht. Die Bilder von Spaziergängen an der Seite ihres kranken Mannes im russischen Exil gingen um die Welt.

Als Erich Honecker Ende Juli 1992 nach Deutschland ausgeliefert wurde und in Untersuchungshaft kam, begleitete die damals 65-Jährige ihren Mann nicht nach Berlin. Margot Honecker flog nach Santiago de Chile zu ihrer Tochter Sonja. Den Aufenthalt der Honeckers in Chile hatte das Land als humanitären Akt gebilligt.

Verfahren gegen Margot Honecker wurde eingestellt

Nach dem Mauerfall ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen Margot Honecker wegen ihrer Verantwortung für Zwangsadoptionen von Kindern, deren Eltern wegen „Republikflucht“ oder „Spionage“ verhaftet worden waren. Ein entsprechender Prozess wurde 1994 aber eingestellt.

Honecker wurde als Margot Feist am 17. April 1927 in Halle an der Saale in ein kommunistisches Elternhaus hineingeboren. Ihr Vater war Schuhmacher und in der Kommunistischen Partei (KPD) aktiv, ihre Mutter Arbeiterin in einer Fabrik. Margot besuchte die Volksschule, absolvierte eine kaufmännische Lehre, arbeitete als Telefonistin und trat bereits 1945 der KPD bei, die ein Jahr später in der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) aufging. (mit dpa)