Berlin . Die Harmonie von CDU und CSU in Seeon wirkt echt. Die Frage ist, wie lange sie hält. Drei Faktoren, die entscheidend sein könnten.

War da was? Wer die CSU-Bundestagsabgeordneten auf ihrer Neujahrsklausur in Bayern erlebt, der mag kaum glauben, dass es das Jahr 2018 gegeben hat. Das Jahr, in dem sich die Schwesterparteien CDU und CSU bis aufs Messer bekämpft haben.

Das Jahr, in dem die Koalition mit der SPD auf der Kippe stand. Und das Jahr, das mit einer krachenden Niederlage der Christsozialen bei der bayerischen Landtagswahl zu Ende ging. Das alles soll nicht stattgefunden haben?

Der Blick in den Rückspiegel helfe nichts, man müsse nach vorne schauen – mit dieser Haltung versucht sich die CSU aus ihrer eigenen Krise und der Krise der Koalition herauszuarbeiten. Neues Personal in Bayern und bei der Schwester CDU sollen helfen.

Die erwünschte Harmonie bei der Klausurtagung der CSU-Landesgruppe in Seeon wirkt echt. Die Frage ist nur, ob und wie lange sie wirklich hält. Drei Faktoren sind dafür entscheidend, ob der Streit wirklich begraben werden kann.

Wie Markus Söder seine Rolle in Berlin definiert

Da ist zum einen das Verhältnis innerhalb der CSU. Noch ist unklar, ob und wie der neue Parteivorsitzende Markus Söder seine Rolle in Berlin definiert. Wird er berechenbarer als Vorgänger Horst Seehofer? Wie gut stimmt er sich mit Alexander Dobrindt ab, dem Chef der CSU-Bundestagsabgeordneten?

Dobrindt hatte selbst ein Auge auf den Parteivorsitz geworfen, die beiden können sich aber auch persönlich wenig leiden. Davon, ob sie eine stabile Arbeitsbeziehung entwickeln können, wird abhängen, was und wie sich die CSU in Berlin durchsetzen kann.

Bisher scheint Söder sich auf Bayern konzentrieren zu wollen, sogar eine denkbare Kanzlerkandidatur hat er erst einmal weit von sich gewiesen. Andererseits hat er bei seinem Auftritt in Seeon schon bundespolitische Vorschläge gemacht – sie waren mit den Bundestagsabgeordneten nicht abgestimmt.

Diese lassen sich aber traditionell keine Vorschriften aus München machen. Alle sind direkt gewählt und entsprechend selbstbewusst.

Das Verhältnis zwischen den Unions-Parteien

Zweiter Faktor: das Verhältnis zwischen den Unions-Parteien. Die neue CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer gibt sich alle Mühe, die Risse zur CSU zu kitten. Ihr Auftritt in Seeon war ein starkes Signal, das die bayerische Schwester dankbar registriert hat. Der Wille zur Versöhnung ist auf beiden Seiten da, die schlechten Wahlergebnisse und vor allem die neuen handelnden Personen haben das befördert.

Der Groß-Konflikt um die Migrationspolitik aber ist damit nicht aus der Welt. Kramp-Karrenbauer hat angekündigt, nicht mehr die Grundsatzfragen, sondern die konkreten Probleme angehen zu wollen, und die CSU soll mitmachen. Zumindest Söder hat angekündigt, er habe keine Lust mehr auf Grundsatzdebatten, sondern wolle praktische Lösungen. Da scheint etwas zu passen.

Seehofer und die Sozialdemokraten

Schließlich sind da als dritter Faktor noch Seehofer und die Sozialdemokraten. Der eine wird sich in seiner Rolle als Nur-noch-Innenminister schwer zurechtfinden. Er wird weiter kaum kontrollierbar sein.

Was aber, wenn er den Koalitionspartner SPD mit seinen Vorschlägen reizt? Und was ist, wenn die SPD, die selbst in der Krise und mitten in der Sinnsuche steckt, die Koalition an den Rand des Scheiterns bringt?

Die Revision des Koalitionsvertrags am Ende dieses Jahres ist die Sollbruchstelle, an der sich die Zukunft aller drei Parteien und des Regierungsbündnisses entscheiden wird. Die Ergebnisse von vier Landtagswahlen und der Europawahl werden den Weg dahin bereiten.