Berlin. Die SPD-Delegierten sind für „ergebnisoffene Gespräche“ mit der Union. Grünes Licht für Koalitionsverhandlungen bedeutet das nicht.

Die SPD-Spitze kann in Gespräche mit CDU und CSU über eine mögliche künftige Regierungszusammenarbeit eintreten. Beim Bundesparteitag der SPD am Donnerstag in Berlin stimmten die Delegierten mit großer Mehrheit dafür, „ergebnisoffene Gespräche“ mit der Union zu führen. Allerdings soll dann ein Sonderparteitag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden. Die SPD-Führung war zuvor auf diesen Vorschlag der SPD in Nordrhein-Westfalen eingeschwenkt.

Parteichef Martin Schulz hatte für diese Gespräche geworben. „Wir müssen nicht um jeden Preis regieren. Aber wir dürfen auch nicht um jeden Preis nicht regieren wollen“, sagte Schulz in Berlin. Es gebe keinen Automatismus in irgendeine Richtung: „Für dieses Vorgehen gebe ich euch meine Garantie. Wir werden jeden Weg ausloten.“ Schulz wurde wenig später mit 81,9 Prozent der Stimmen wiedergewählt.

Jusos wollten große Koalition ausschließen

Juso-Chef Kevin Kühnert hat sich beim SPD-Parteitag entschieden gegen eine erneute große Koalition gewandt und dafür viel Applaus erhalten. „Die Erneuerung der SPD wird außerhalb einer großen Koalition sein oder sie wird nicht sein“, sagte Kühnert in der Debatte. Die Jusos forderten daher die Einhaltung eines Beschlusses gegen die „GroKo“, wie er von der Parteispitze nach der Wahlniederlage gefasst worden war. Der Änderungsantrag wurde abgelehnt. Malu Dreyer, größte „GroKo“-Gegnerin, erhielt aber bei der Wahl der Schulz-Stellvertreter das beste Ergebnis.

SPD: Das sind die sechs Schulz-Vertreter

Malu Dreyer: Die Regierungschefin von Rheinland-Pfalz, die 2016 nach Riesenrückstand die Landtagswahl noch triumphal für die SPD gewann, wird in der Partei erstmals Bundesvize und damit noch wichtiger. Sie holt das beste Resultat aller Vizes mit 97,5 Prozent. Dreyer will keine „GroKo“, sondern wirbt dafür, nur eine Minderheitsregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu dulden. Sie ist in der Partei beliebt, fördert viele Frauen.
Malu Dreyer: Die Regierungschefin von Rheinland-Pfalz, die 2016 nach Riesenrückstand die Landtagswahl noch triumphal für die SPD gewann, wird in der Partei erstmals Bundesvize und damit noch wichtiger. Sie holt das beste Resultat aller Vizes mit 97,5 Prozent. Dreyer will keine „GroKo“, sondern wirbt dafür, nur eine Minderheitsregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu dulden. Sie ist in der Partei beliebt, fördert viele Frauen. © dpa | Michael Kappeler
Manuela Schwesig: War als Bundesfamilienministerin ein Aktivposten in der großen Koalition, machte für die SPD bei Frauen und Familie einige Punkte. Wechselte im Sommer als Ministerpräsidentin in ihre Heimat Mecklenburg-Vorpommern, nachdem sich Erwin Sellering schwer erkrankt aus der Politik zurückzog. Dort will sich die zweifache Mutter auf höhere Aufgaben vorbereiten. Ihr Top-Ergebnis von 2015 (92,2 Prozent) kann sie nicht halten – jetzt sind es 86 Prozent.
Manuela Schwesig: War als Bundesfamilienministerin ein Aktivposten in der großen Koalition, machte für die SPD bei Frauen und Familie einige Punkte. Wechselte im Sommer als Ministerpräsidentin in ihre Heimat Mecklenburg-Vorpommern, nachdem sich Erwin Sellering schwer erkrankt aus der Politik zurückzog. Dort will sich die zweifache Mutter auf höhere Aufgaben vorbereiten. Ihr Top-Ergebnis von 2015 (92,2 Prozent) kann sie nicht halten – jetzt sind es 86 Prozent. © dpa | Michael Kappeler
Die Landeschefin aus Bayern steigt ebenfalls zu einer Stellvertreterin auf. Im nächsten Herbst muss sie als Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl versuchen, die Genossen im Freistaat angesichts der CSU-Umfrageschwäche aus dem Keller zu führen. Der Parteitag schickt die Wahlkämpferin mit den blonden Locken aber nur mit 80,1 Prozent ins Rennen.
Die Landeschefin aus Bayern steigt ebenfalls zu einer Stellvertreterin auf. Im nächsten Herbst muss sie als Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl versuchen, die Genossen im Freistaat angesichts der CSU-Umfrageschwäche aus dem Keller zu führen. Der Parteitag schickt die Wahlkämpferin mit den blonden Locken aber nur mit 80,1 Prozent ins Rennen. © dpa | Michael Kappeler
Thorsten Schäfer-Gümbel: Landes- und Fraktionschef der hessischen SPD, der im dritten Anlauf bei der Landtagswahl im Herbst 2018 endlich Ministerpräsident werden will. Ist seit 2013 Vize. Der Parteilinke arbeitete federführend das Steuerkonzept für das Wahlprogramm aus. Jetzt trommelt er für ein neues Grundsatzprogramm der SPD. „TSG“ ist glühender Bayern-Fan, trat aus Protest gegen die Hoeneß-Steueraffäre aber beim Rekordmeister aus. Von den Delegierten bekommt er aber bei der Wiederwahl nur eine mäßige Note – 78,3 Prozent (2015: 88 Prozent).
Thorsten Schäfer-Gümbel: Landes- und Fraktionschef der hessischen SPD, der im dritten Anlauf bei der Landtagswahl im Herbst 2018 endlich Ministerpräsident werden will. Ist seit 2013 Vize. Der Parteilinke arbeitete federführend das Steuerkonzept für das Wahlprogramm aus. Jetzt trommelt er für ein neues Grundsatzprogramm der SPD. „TSG“ ist glühender Bayern-Fan, trat aus Protest gegen die Hoeneß-Steueraffäre aber beim Rekordmeister aus. Von den Delegierten bekommt er aber bei der Wiederwahl nur eine mäßige Note – 78,3 Prozent (2015: 88 Prozent). © dpa | Michael Kappeler
Ralf Stegner: Die Allzweckwaffe vom linken Flügel - über den es in der SPD spöttisch heißt, er twittere schneller als sein Schatten. In Schleswig-Holstein gab es laute Rufe nach einer Ablösung des Landesvorsitzenden nach dem Machtverlust in Kiel. Stegner aber ist ein Überlebenskünstler - und einer der wenigen in der Führung, der fest zu Schulz hält. Stegner verteidigt seinen Vize-Posten mit Ach und Krach. Es werden 61,6 Prozent.
Ralf Stegner: Die Allzweckwaffe vom linken Flügel - über den es in der SPD spöttisch heißt, er twittere schneller als sein Schatten. In Schleswig-Holstein gab es laute Rufe nach einer Ablösung des Landesvorsitzenden nach dem Machtverlust in Kiel. Stegner aber ist ein Überlebenskünstler - und einer der wenigen in der Führung, der fest zu Schulz hält. Stegner verteidigt seinen Vize-Posten mit Ach und Krach. Es werden 61,6 Prozent. © dpa | Michael Kappeler
Olaf Scholz: Gilt seit Jahren vor allem in den Medien als Reserve-Parteichef. Nach der verlorenen Wahl machte er Stimmung gegen die Schulz-Kampagne. Scholz, kluger Verhandler bei den Bund-Länder-Finanzen, kriegt jetzt (nicht zum ersten Mal) die Quittung: Schlusslicht mit 59,2 Prozent. Vor zwei Jahren waren es noch 80,2 Prozent. Zuvor bekam sein Macher-Image als Bürgermeister Kratzer, weil er den Hamburgern den G20-Gipfel als friedlichen Hafengeburtstag ankündigte – dann brannte das Schanzenviertel. Für Verhandlungen mit der Union gilt er dennoch als unverzichtbar.
Olaf Scholz: Gilt seit Jahren vor allem in den Medien als Reserve-Parteichef. Nach der verlorenen Wahl machte er Stimmung gegen die Schulz-Kampagne. Scholz, kluger Verhandler bei den Bund-Länder-Finanzen, kriegt jetzt (nicht zum ersten Mal) die Quittung: Schlusslicht mit 59,2 Prozent. Vor zwei Jahren waren es noch 80,2 Prozent. Zuvor bekam sein Macher-Image als Bürgermeister Kratzer, weil er den Hamburgern den G20-Gipfel als friedlichen Hafengeburtstag ankündigte – dann brannte das Schanzenviertel. Für Verhandlungen mit der Union gilt er dennoch als unverzichtbar. © dpa | Michael Kappeler
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Das weitere Vorgehen nun: Nach ersten Gesprächen der Spitzen von Union und SPD in der nächsten Woche soll über mögliche Koalitionsverhandlungen im Januar auf einem Sonderparteitag abgestimmt werden. Ein möglicher Koalitionsvertrag würde am Ende der Verhandlungen dann allen 440 000 Mitgliedern zur Abstimmung per Brief vorgelegt werden. Drei Ergebnisse sind damit möglich: Neuauflage der großen Koalition, Tolerierung einer Minderheitsregierung und Neuwahlen.

Das denken SPD-Mitglieder über eine mögliche neue GroKo

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    CDU-Vorstand berät ab Sonntag

    CDU und CSU haben das Votum des SPD-Parteitags begrüßt. „Es werden harte Verhandlungen, aber klar ist: Deutschland braucht eine stabile Regierung“, betonte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. CDU-Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler betonte: „Ziel der Union ist und bleibt es, eine verlässliche und stabile Regierung für unser Land zu bilden.“

    Der CDU-Vorstand werde am Sonntag und Montag über das weitere Vorgehen beraten. Geplant sind erste Gespräche der Spitzen von CDU, CSU und SPD in der kommenden Woche. (law/dpa)