Bis zu 200 Millionen Dollar erhält der Inselstaat für die Aufnahme der ehemaligen Terrorverdächtigen. Doch den Einwohnern ist mulmig.

Koror. „Ich habe Angst“, sagt Bernie Kintaro. „Ich weiß nicht, auf was wir uns da einlassen und zu was diese Leute in der Lage sind.“ Der 41-jährige Bewohner des winzigen Pazifik-Inselstaates Palau spricht aus, was viele seiner Mitbürger denken. Denn seitdem ihr Präsident Johnson Toribiong Mitte Juni angekündigt hatte, 17 Uiguren aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo vorübergehend aufnehmen zu wollen, grübeln die Inselbewohner darüber, wo die Grenzen der Gastfreundschaft liegen.

Auch Patrick Arurang, Barkeeper in Koror, der größten Stadt des Inselstaates, ist hin- und hergerissen. Denn die USA dürften Palau die Aufnahme der Uiguren mit zusätzlichen Entwicklungshilfegeldern versüßen. „Wenn wir die Uiguren aufnehmen, dann bedeutet das mehr Geld für unsere Infrastruktur. Andererseits ist das keine Rechtfertigung dafür, potentiell gefährliche Terroristen zu beherbergen.“ Solche Überlegungen stellt der Geschäftsmann und ehemalige Senator Haruo Esang nicht an: Er sei gegen die Aufnahme der Uiguren. Und die meisten, mit denen er über das Thema gesprochen habe, seien ebenfalls dagegen, fügt er hinzu. Die Inselgruppe soll dafür bis zu 200 Dollar Unterstützung von den USA erhalten.

Die ursprünglich aus China stammenden Uiguren waren im Zuge der US-geführten Invasion in Afghanistan nach den Terroranschlägen vom 11. September unter Terrorverdacht festgenommen und nach Guantanamo gebracht worden. Sie beteuerten stets, nach Afghanistan geflohen zu sein, weil sie in China verfolgt würden. Bereits vor vier Jahren wurde der Terrorverdacht gegen sie fallengelassen, sie wurden aber nicht nach China ausgewiesen, weil ihnen dort nach wie vor die Folter droht. Deutschland hatte die Aufnahme einiger Uiguren aus Guantánamo wiederholt abgelehnt.

Palaus Staatschef dagegen willigte in die vorläufige Aufnahme aller 17 in Guantanamo inhaftierten Uiguren ein und sprach von einer „humanitären Geste“. Vier Uiguren wurden inzwischen auf die Bermudas gebracht, für den 21.000-Einwohner-Staat Palau, früher Treuhandterritorium der USA und seit seiner Unabhängigkeit 1994 durch einen Assoziierungsvertrag mit Washington verbunden, blieben demnach noch 13 Uiguren.

Der ehemalige Präsident Tommy Remengesau beklagt, die Bewohner Palaus seien über eine mögliche Aufnahme zu lange im Dunkeln gelassen worden: „Die Leute sind nicht vollständig informiert. Wir müssen mehr über die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen dieser Entscheidung wissen.“ Darüber hinaus gebe es Sicherheitsbedenken, denn China habe gegen die Aufnahme der Uiguren in Palau protestiert: „Die wirkliche Frage ist, ob das, was wir tun, positive oder negative Folgen hat.“

Peking betrachtet die Uiguren als Mitglieder einer islamistischen Aufständischen-Gruppe. Als „Terrorverdächtige“ dürften sie nicht in Drittländer gebracht, sondern müssten nach China abgeschoben werden. Wieviel diplomatischen Druck Peking aber auf Palau ausüben kann, ist fraglich: Palau ist einer von sechs Pazifikstaaten, die eher Taiwan als die Volksrepublik China anerkennen.