Soldaten sind in Kairo erneut gewaltsam mit Schusswaffen gegen Demonstranten vorgegangen. Der Militärrat lehnt Entschuldigung ab.

Kairo. Ägyptische Soldaten und Bereitschaftspolizisten sind am frühen Dienstagmorgen erneut auf dem Tahrir-Platz in Kairo gegen die Demonstranten vorgegangen, die dort den sofortigen Rücktritt des herrschenden Militärrats fordern. Hunderte Demonstranten widersetzten sich dem Versuch der Sicherheitskräften, den Platz zu räumen. Daraufhin fielen Schüsse. „Sie haben Jagd auf Demonstranten gemacht und alles verbrannt, was ihnen im Weg war - auch Medikamente und Decken“, berichte ein Aktivist. Demonstranten hatten versucht, eine Mauer einzureißen, die das Parlament von dem Platz abschirmt. Ein Mitglied der Sicherheitskräfte beschuldigte Aktivisten, das Parlament zerstören zu wollen. Ein Arzt teilte mit, ein 15-jähriger Demonstrant sei angeschossen worden und schwebe in Lebensgefahr.

+++Kairo: Soldaten stürmen Tahir-Platz - acht Tote+++

+++ Demonstranten getrieben von Hass auf Polizei+++

Der Generalsekretär der Arabischen Liga, der Ägypter Nabil al-Arabi, nannte in einem Interview der Tageszeitung „Al-Shorouk“ (Dienstag) die Gewalt in Kairo sehr bedauerlich. Die Verantwortlichen dafür müssten unbedingt zur Rechenschaft gezogen werden. Das Revolutionsland Tunesien sei „auf dem Weg hin zu einer wirklichen Demokratie“, fügte er hinzu. In Ägypten sei die Lage dagegen momentan verfahren und kompliziert.

Militärrat gerät unter Druck

Der Militärrat gerät wegen des harten Vorgehens gegen die Demonstranten im In- und Ausland immer stärker unter Druck. Ein Mitglied des Rats, Generalmajor Abdel Emara, verteidigte in einer Pressekonferenz das Vorgehen der Sicherheitskräfte. Die Beamten hätten die Pflicht, die staatlichen Institutionen zu schützen, sagte er am Montag. Eine Entschuldigung für das gewaltsame Vorgehen besonders gegen weibliche Demonstranten lehnte Emara ab. Stattdessen drohte er einer Reporterin, sie hinauswerfen zu lassen, wenn sie ihn erneut unterbreche. Nachdem er wenige Fragen beantwortet hatte, brach der Generalmajor die Pressekonferenz ab.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, forderte den herrschenden Militärrat am Montag auf, die Beamten strafrechtlich zu verfolgen, die an Gewalt gegen Demonstranten beteiligt gewesen seien. Die Bilder seien „schlichtweg schockierend“ und nicht mit der Wiederherstellung von Sicherheit zu rechtfertigen, erklärte Pillay.

Kairo erlebt seit Freitag die schwersten Zusammenstöße seit dem Volksaufstand, der im Februar zum Sturz von Präsident Husni Mubarak führte. Nach offiziellen Angaben starben bei den Straßenschlachten seit Freitag zwölf Menschen. Aktivisten sprechen jedoch von 13 bis 16 Toten. Die Demonstranten protestieren für einen schnelleren Übergang zu einer Zivilregierung. (dapd/Reuters/dpa)