513 Mitglieder des Bundestages haben für das Gesetz zum Atomausstieg gestimmt, 79 dagegen. Acht Abgeordnete haben sich enthalten.

Berlin. Der Bundestag hat am Donnerstag mit breiter Mehrheit dem Atomausstieg bis 2022 zugestimmt. Insgesamt 513 Abgeordnete oder 85,5 Prozent stimmten für das Gesetz, 79 dagegen, 8 enthielten sich. Die wenigsten Nein-Stimmen gab es bei den Grünen, nämlich keine.

Lesen Sie hier das Abstimmungsverhalten der einzelnen Fraktionen:

CDU/CSU

Ja-Stimmen: 224

Nein-Stimmen: 5 (Gitta Connemann (CDU), Rolf Koschorrek (CDU), Franz Obermeier (CSU), Michael Paul (CDU), Arnold Vaatz (CDU))

Enthaltungen: 2 (Manfred Kolbe (CDU), Dieter Stier (CDU))

Nicht abgegebene Stimmen: 6 (Herbert Frankenhauser (CSU), Peter Gauweiler (CSU), Michael Glos (CSU), Daniela Ludwig (CSU), Kristina Schröder (CDU), Ole Schröder (CDU))

SPD

Ja-Stimmen: 139

Nein-Stimmen: 2 (Marco Bülow, Frank Hofmann)

Enthaltungen: 0

Nicht abgegebene Stimmen: 5 (Dirk Becker, Peter Danckert, Steffen-Claudio Lemme, Dietmar Nietan, Manfred Nink)

FDP

Ja-Stimmen: 89

Nein-Stimen: 2 (Frank Schäffler, Rainer Stinner)

Enthaltungen: 0

Nicht abgegebene Stimmen: 2 (Christian Ahrendt, Birgit Homburger)

Die Linke

Ja-Stimmen: 0

Nein-Stimmen: 70

Enthaltungen: 0

Nicht abgegebene Stimmen: 6 (Steffen Bockhahn, Sevim DaÖxä011füdelen, Inge Höger, Katja Kipping, Caren Lay, Thomas Nord)

Grüne

Ja-Stimmen: 61

Nein-Stimmen: 0

Enthaltungen: 6 (Memet Kilic, Monika Lazar, Hermann Ott, Till Seiler, Wolfgang Strengmann-Kuhn, Hans-Christian Ströbele)

Nicht abgegebene Stimmen: 1 (Marieluise Beck)

Lesen Sie auch den Bericht von Verena Schmitt-Roschmann und Nicole Scharfschwerdt:

Bundestag besiegelt Atomausstieg

Historischer Konsens für das Ende der Atomkraft in Deutschland: Der Bundestag hat den Ausstieg bis 2022 am Donnerstag mit einer Mehrheit von mehr als 85 Prozent besiegelt. Dabei stimmten SPD und Grüne mehrheitlich gemeinsam mit Union und FDP. Die Linke lehnte die Regierungspläne dagegen ab. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) warb noch einmal für die Energiewende als „nationales Gemeinschaftsprojekt“.

Über die Einzelheiten wurde aber erneut heftig gestritten. Auch hielt die Opposition der Regierung noch einmal „Stop-and-Go“-Politik vor, weil sie die Atomlaufzeiten erst vor einem halben Jahr deutlich verlängert hatte und erst nach der Atomkatastrophe von Fukushima umgeschwenkt war. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem „energiepolitischen Waterloo“ der schwarz-gelben Koalition.

In namentlicher Abstimmung votierten 513 Abgeordnete und damit 85,5 Prozent für den Ausstieg, 79 Parlamentarier dagegen, acht Abgeordnete enthielten sich. Das umfangreiche Gesetzespaket, das neben dem Atomausstieg auch den Ausbau erneuerbarer Energien und der Stromnetze regelt, geht nun am 8. Juli noch in den Bundesrat. Fast alle Maßnahmen sind aber nicht auf die Zustimmung der Länder angewiesen.

Geplant ist, dass acht derzeit stillgelegte Atommeiler endgültig vom Netz bleiben. Die verbleibenden neun Reaktoren sollen schrittweise von 2015 bis Ende 2022 abgeschaltet werden. Um die Kernkraft zu ersetzen, sollen erneuerbare Quellen wie Sonne, Wind, Biomasse oder Wasser bis zum Ende des Jahrzehnts 35 Prozent des deutschen Stroms liefern – doppelt so viel wie heute. Dafür sollen die Stromnetze ausgebaut werden. Damit auch der Energieverbrauch sinkt, sind Anreize zur Sanierung älterer Gebäude geplant. Hier haben die Bundesländer allerdings Änderungsbedarf angemeldet.

Röttgen betont Chancen

Röttgen versicherte, der Atomausstieg sei verkraftbar, weil genügend andere Kraftwerke zur Verfügung stünden. Deutschland werde insgesamt profitieren, denn es werde unabhängiger von Energieimporten. Die Industrie und Wirtschaftswachstum würden erhalten. Der geplante Umstieg auf erneuerbare Energien biete „eine Perspektive für natur- und generationenverträgliches Wachstum“.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle warnte allerdings noch einmal vor steigenden Strompreisen. „Zum Nulltarif sind diese Schnellveränderungen nicht zu haben“, sagte er dem Sender Phoenix. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) betonte die Unterschiede des jetzigen Plans zum einstigen rot-grünen Ausstiegsbeschluss. Die damalige Regierung habe es versäumt, auch Ersatzkapazitäten mit zu planen, sagte er.

"Schierer Machterhalt“

Der SPD-Vorsitzende Gabriel betonte hingegen, „dieser Ausstieg ist unser Ausstieg“. CDU/CSU und FDP hätten sich nur „aus Gründen des schieren Machterhalts“ zum Ausstieg entschieden. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast verlangte Nachbesserungen bei den Sicherheitsvorgaben für die verbleibenden Atomkraftwerke und eine bundesweite Endlagersuche.

Linksfraktionschef Gregor Gysi bekräftigte die Forderung nach einem Verfassungsverbot der Atomkraftnutzung. „Wenn Sie das nicht machen, dann machen sie einen Atomausstieg mit Rückfahrkarte“, warnte er.

Der Naturschutzbund Deutschland würdigte den Ausstiegsbeschluss als wichtiges Signal. Am Energiepaket insgesamt gibt es aber weiter Kritik auch aus den Verbänden und den betroffenen Branchen. So bezweifelt der Bundesverband Windenergie, dass der gewünschte schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien tatsächlich gelingt. (dapd)