Der syrische Präsident macht erneut Saboteure für die Krise des Landes verantwortlich. Es gab erneut Proteste in mehreren Städten.

Beirut. Nach der Fernsehansprache des Präsidenten Baschar Assad hat sich die syrische Opposition am Montag unbeeindruckt gezeigt In der Rege machte der zunehmend unter Druck geratene Machthaber erneut Saboteure für die Gewalt im Land verantwortlich. Die Rede habe keinerlei Anzeichen für einen Übergang hin zu echter Demokratie enthalten, sagten Kritiker. Tausende wütende Demonstranten zogen auf die Straßen, nannten ihren Präsidenten einen Lügner und warfen ihm vor, sich an die Macht zu klammern.

Assad sagte in seiner dritten Rede an das syrische Volk seit Beginn der Demonstrationen im März, die Forderungen nach Reformen seien zwar legitim. «Saboteure» nutzten den Aufstand im Land aber aus. «Es gibt keine politische Lösung mit denen, die Waffen tragen und töten», erklärte der Präsident vor Anhängern an der Universität von Damaskus.

Assads Ausführungen gingen weiter: «Was heute passiert, hat nichts mit Reformen zu tun, es hat mit Vandalismus zu tun», sagte der Staatschef. «Es kann keine Entwicklung geben ohne Stabilität und keine Reformen durch Vandalismus. Wir müssen die Saboteure isolieren.» Bei diesen handele es sich nur um eine kleine Gruppe, die aber bereits großen Schaden angerichtet und die friedlichen Proteste infiltriert habe, erklärte Assad. Der syrischen Wirtschaft drohe eine Schwächung oder sogar ein Zusammenbruch.

Assads Botschaft war nicht neu: Seine Regierung versucht schon seit Beginn der Krise, dafür Kriminelle und eine ausländische Verschwörung verantwortlich zu machen. Der 45-jährige Präsident, dessen Familie das Land seit 40 Jahren regiert, hat sich mehrfach vergeblich bemüht, die Opposition mit Zugeständnissen zu beschwichtigen. So hob er im April die seit fast 50 Jahre geltenden Notstandsgesetze auf, die Festnahmen ohne Angabe von Gründen erlaubten.

In der 70-minütigen Fernsehansprache kündigte Assad die Bildung eines Komitees an, das mögliche Verfassungsänderungen prüfen soll. Unter anderem werde eine Änderung in Betracht gezogen, die die Gründung anderer politischer Parteien neben der regierenden Baath-Partei ermöglichen würde. Bis September oder spätestens Jahresende rechne er mit einem Reformpaket, sagte Assad. Für August anberaumte Parlamentswahlen würden möglicherweise verschoben, sollte sich das Reformkomitee dafür aussprechen.

Bisher haben die Demonstranten alle Zugeständnisse Assads als rein symbolisch oder zu spät zurückgewiesen. Die Opposition fordert den Rücktritt Assads und seiner Minister. Bei dem Versuch des Regimes, den Aufstand niederzuschlagen, wurden nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten bisher mehr als 1.400 Syrer getötet. Rund 10.000 wurden festgenommen. Fast 11.000 Menschen flohen über die Grenze in die benachbarte Türkei. Etwa 5.000 weitere Flüchtlinge halten sich noch auf der syrischen Seite der Grenze auf.

Nach Angaben von Aktivisten brachen am Montag Proteste in mehreren syrischen Städten aus, darunter Homs, Hama und Latakia in der Mitte von Syrien, Daraa im Süden des Landes und Orte in der nördlichen Unruheprovinz Idlib. In Arbeen, einem Vorort der Hauptstadt Damaskus, riefen Demonstranten «Lügner! Lügner! Lügner!» in Anspielung auf Assad.

Die EU kündigte am Montag an, sich für eine UN-Resolution gegen Syrien einsetzen und verhängte Sanktionen gegen das Land ausweiten zu wollen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle bezeichnete die Ansprache Assads als «Rede eines Unbelehrbaren». Er sei schockiert über die Uneinsichtigkeit des Regimes, sagte der FDP-Politiker nach einem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg.

Westerwelle sagte, die europäischen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat arbeiteten gemeinsam an einer Resolution gegen Syrien. Ziel sei dabei eine «politische Isolierung und nicht mehr», sagte der Minister. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, in der Sache «eine gemeinsame Sprache zu finden». Westerwelle kritisierte die ablehnende Haltung Russlands gegenüber einer UN-Resolution. «Wenn der russische Präsident sagt, wegen Libyen müsse man jetzt bei den Vereinten Nationen in Syrien nicht mehr handeln, dann ist das in die falsche Richtung gedacht», sagte der Außenminister.

EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton sagte: «Präsident Assad muss einen echten inklusiven Dialog beginnen.» Das syrische Volk müsse zwar das Urteil fällen. Die Rede am Montag sei dahin gehend jedoch enttäuschend gewesen, kritisierte Ashton.

Der britische Außenminister William Hague forderte Assad auf, entweder Reformen einzuleiten oder zurückzutreten. Hague sagte in Luxemburg, er hoffe, dass die Türkei Einfluss auf Assad nehmen und ihm den Willen der internationalen Gemeinschaft übermitteln werde.

Die Arabische Liga äußerte hingegen am Montag Unterstützung für Assad. Syrien sei «ein wichtiger Faktor des Gleichgewichts und Stabilität in der Region», sagte der stellvertretende Generalsekretär der Liga, Ahmed bin Heli. (dapd/abendblatt.de)