Die eine sprechen von Panikmache, die anderen von Geschenken der FDP: Werden die Patienten beim Zahnarzt künftig mehr zuzahlen müssen?

Berlin. Die Zahnärzte werfen den gesetzlichen Krankenkassen vor, mit ihren Kostenwarnungen Angst zu schüren. „Die verbreiteten Zahlen zur Kostenbelastung der Bevölkerung sind irreführend und rein politisch motiviert“, kritisierte der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Peter Engel. Der Vizechef des Verbands der gesetzlichen Krankenkassen, Johann-Magnus von Stackelberg, hatte vor deutlich steigenden Zahnarztrechnungen gewarnt. Für eine Krone müssten Kassenpatienten 74 Euro mehr zahlen als bisher. Er forderte die Politik zu Änderungen an einem Referentenentwurf zur Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) auf.

Zahnärzte-Chef Engel warf Stackelberg vor, Zahlen willkürlich aus dem Zusammenhang gerissen zu haben. „Das Schüren von Ängsten für die Gesamtbevölkerung ist unverantwortlich und dient nur der Panikmache.“ Gesetzlich Versicherte seien von der Gebührenordnung nur betroffen, wenn sie Leistungen über dem gesetzlich versicherten Niveau in Anspruch nähmen. Bei Zahnersatz ist das laut Kassen zu knapp einem Drittel der Fall.

Engel wies darauf hin, dass das Bundesgesundheitsministerium merkliche Auswirkungen auf das Preisniveau nicht erwarte. Laut Verordnungsentwurf kommt es zu sechs Prozent mehr Honorar, die privaten und gesetzlichen Kassen warnen vor einem weit höheren Anstieg.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles warf FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr „Klientelpolitik“ zugunsten der Zahnärzte vor. „Endlich ist klar, was die FDP unter „mitfühlendem Liberalismus“ versteht: Daniel Bahr entdeckt sein Herz für notleidende Zahnärzte.“ Die neue Gebührenordnung soll Anfang nächsten Jahres in Kraft treten, muss aber vorher noch von Regierung und Bundesrat beschlossen werden. Die Regeln für Deutschlands rund 66.000 Zahnärzte sollen erneuert werden, weil sie an vielen Stellen nach 23 Jahren nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Geregelt wird in der Verordnung die Bezahlung der Zahnärzte durch Privatpatienten – aber auch durch Kassenpatienten bei jenen Behandlungen, die über Standardleistungen hinausgehen.

„Die Vollkrone würde künftig rund 74 Euro mehr kosten“, warnte Kassen-Funktionär Stackelberg. So eine Krone mache bisher in der Regel 256 Euro aus, künftig würden 330 Euro fällig. Bei einer Teleskop- oder Konuskrone drohe der Preis von bisher 276 sogar auf 513 Euro zu steigen – Mehrkosten für Patienten: 237 Euro. „Gerade die geplante Punktzahlerhöhung für Leistungen, die von GKV-Versicherten oft nachgefragt werden, muss deutlich niedriger ausfallen“, forderte Stackelberg. Diese unterschiedlichen Punktzahlen werden den einzelnen Zahnarzt-Behandlungen zugeordnet, aufwendigere Leistungen haben höhere Punktzahlen. Die Zahl der Punkte wird mit dem Punktwert multipliziert – so ergibt sich der einfache Gebührensatz. Dieser wird aber nochmals mit einem Steigerungssatz multipliziert – dadurch erhöht sich der tatsächlich fällige Preis je nach Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand.

„Der Zahnarzt kann selbst entscheiden, welchen Steigerungssatz er für einzelne Leistungen benutzt“, erläuterte Stackelberg. „Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass viele das obere Spektrum ausreizen.“ Der Zahnarzt berücksichtigt bei seiner Rechnung den Zeitaufwand und den Schwierigkeitsgrad über einen Steigerungsfaktor. Für eine Behandlung ohne Komplikationen gilt der Faktor 2,3 als Richtwert. Aber auch Faktor 3,5 oder mehr stellen die Ärzte oft in Rechnung. Der Referentenentwurf der Regierung für eine neue GOZ sieht eine Erhöhung der Punktzahl für viele Leistungen vor, der Punktwert soll bleiben. (dpa/abendblatt.de)