Wieker wolle sich vor Ort ein Bild der Lage nach dem Anschlag auf ein Sicherheitstreffen machen. Strategie der Regierung stehe nicht in Frage.

Berlin. Volker Wieker, Generalinspekteur der Bundeswehr, ist nach dem Selbstmordanschlag im Norden des Landes offenbar sofort nach Afghanistan gereist. Er sei am Morgen in Masar-i-Sharif eingetroffen, berichtete "Spiegel Online" unter Berufung auf einen Bundeswehrsprecher. Wieker wolle sich an Ort und Stelle ein Bild der Lage nach dem Anschlag auf ein Sicherheitstreffen von afghanischen Militärs und Politikern mit Bundeswehrvertretern machen.

Zwei deutsche Soldaten und mehrere Einheimische waren bei dem Anschlag am Gouverneurssitz der Provinz Tachar getötet worden. Der Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf in der Region, General Markus Kneip, und vier weitere Bundeswehrangehörige wurden verletzt, einer von ihnen schwer. Zu dem Anschlag bekannten sich die Taliban.

Wieker besuchte laut "Spiegel Online" gemeinsam mit dem Chef aller Isaf-Truppen, dem US-General David Petraeus, den verletzten Kneip im Feldlazarett. Laut dem Bericht soll sich der Anschlag nicht gegen die Bundeswehr, sondern gegen den nordafghanischen Polizeichef Daud Daud gerichtet haben. Dieser kam bei dem Anschlag ums Leben.

Unmittelbar vor dem Treffen der Deutschen mit den Afghanen habe es eindringliche Warnmeldungen der Geheimdienste über einen drohenden Selbstmordanschlag der Taliban in Talokan gegeben. Ohne Details oder ein mögliches Ziel zu nennen, hätten sowohl die Amerikaner als auch der deutsche Geheimdienst vor einem gut geplanten Selbstmordanschlag in der Stadt gewarnt.

Der blutige Anschlag hat die Diskussion um die Sicherheit bei Auslandseinsätzen neu entfacht. Auch Forderungen nach einer Gegenoffensive gegen die Taliban werden in Berlin laut. Für die Bundesregierung steht die Afghanistanstrategie aber nicht infrage. Auch an der Zusammenarbeit mit den afghanischen Sicherheitskräften bei der Ausbildung will man festhalten.

Der aktuelle Abendblatt-Kommentar zum Selbstmordattentat

„Wer militärischen Feinden gegenüber Schwäche zeigt, macht sich noch angreifbarer, als er es ohnehin schon ist. Insofern spricht einiges dafür, das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan planmäßig fortzusetzen. Angesichts des jüngsten Anschlags auf deutsche Soldaten und der desolaten Gesamtlage im Land am Hindukusch muss allerdings auch immer wieder hinterfragt werden, ob die bisherige Strategie überhaupt zielführend ist.Die in Afghanistan operierende internationale Truppe heißt International Security Assistance Force, kurz Isaf, was übersetzt 'Internationale Streitkraft zur Unterstützung der Sicherheit' bedeutet. Nach knapp zehn Jahren Einsatz ist dieser Name zu einem Euphemismus geworden. Selbst im ehemals als ruhig geltenden deutschen Sektor im Norden sind Anschläge und Gefechte an der Tagesordnung. Die Soldaten haben alle Hände voll damit zu tun, sich selbst zu schützen. Und auch das gelingt nicht immer. Das Attentat der Taliban vom Wochenende soll unmissverständlich signalisieren: 'Nicht einmal euren Generäle könnt ihr hier Sicherheit garantieren.'“

(dapd/abendblatt.de)