Der ägyptische Gesandte in Washington hat Gerüchten über eine schwere Erkrankung von Ex-Präsident Mubarak neue Nahrung gegeben.

Washington/Kairo. Dem abgetretenen ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak geht es möglicherweise schlecht. Ägyptens Botschafter in Washington hat Gerüchten über gesundheitliche Probleme des früheren ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak neue Nahrung gegeben. In einem Interview mit dem US-Fernsehsender NBC sagte Sameh Schukri am Montag, er verfolge die Gerüchte und Berichte in der Presse über den Gesundheitszustand des am Freitag zurückgetretenen Staatschefs. Er habe zudem womöglich „einige Informationen auf persönlicher Ebene erhalten, die nahe legen, dass er möglicherweise in eher schlechter gesundheitlicher Verfassung ist“, sagte Schukri, betonte aber, er habe keine genauen Informationen. Schukri war auf Medienberichte angesprochen worden, wonach Mubarak einen Hirnschlag erlitten habe oder gar im Koma liege.

Die Gesundheit des 82-jährigen Mubarak gilt seit langem als angeschlagen, doch wurde in Ägypten nur selten und zurückhaltend darüber berichtet. Bekannt ist jedoch, dass dem langjährigen Staatsführer im März 2010 in der Heidelberger Universitätsklinik die Gallenblase entfernt wurde. 2004 wurde er zudem in Deutschland wegen eines Bandscheibenvorfalls behandelt. In den vergangenen Wochen war wiederholt spekuliert worden, dass Mubarak, der sich derzeit im ägyptischen Badeort Scharm el Scheich befindet, zur Behandlung nach Deutschland kommen könnte.

Unterdessen wird auf der ganzen Welt nach dem Vermögen Mubaraks gefahndet. Die Schweiz hat das im Land angelegte Vermögen des ägyptischen Ex-Präsidenten und seines Clans eingefroren. Antikorruptionsexperten forderten auch andere Staaten dazu auf, dem Beispiel der Schweiz zu folgen . Sie gehen jedoch davon aus, dass es kaum möglich sein wird, alle Konten des Ägypters aufzuspüren.

Nun diskutieren auch die europäischen Finanzminister über das Einfrieren der Konten Mubaraks. Der britische Außenminister William Hague sagte am Montag vor dem britischen Unterhaus, das ägyptische Militär habe Großbritannien und andere Länder zum Handeln aufgefordert. Großbritannien und seine europäischen Verbündeten würden die Konten einfrieren, sollte es Belege für Ungesetzlichkeit oder die missbräuchliche Verwendung von Staatsgeldern geben.

Mubaraks Vermögen wird auf 70 Milliarden Dollar (knapp 52 Milliarden Euro) geschätzt – mehr als das von Microsoft-Gründer Bill Gates. „Oh Mubarak, sag uns, wo du die 70 Milliarden hast“, skandierten Demonstranten kurz vor dem Rücktritt des Staatschefs. Korruption war Teil des Herrschaftssystems Mubaraks in Ägypten, wo fast die Hälfte der 80 Millionen Einwohner von weniger als zwei Dollar am Tag leben muss. Seilschaften, die mit dem Mubarak-Clan in Verbindung standen, schanzten sich gegenseitig Staatsaufträge zu, öffentliche Gelder flossen in private Taschen, und die Familie und die Anhänger des Präsidenten kassierten häufig mit. Das offizielle Gehalt Mubaraks war indes niedrig: Als Staatschef verdiente er lediglich 808 Dollar monatlich.

Sein Vermögen stammt nach Recherchen von Antikorruptionsexperten hauptsächlich aus Geschäften aus den 90er-Jahren, bei denen Staatsunternehmen und Ländereien in großem Maße privatisiert wurden. Dabei griffen der Präsident, seine Familienangehörige und seine Anhänger zu. „Die Privatisierung war die größte Korruptionsaffäre in der Geschichte Ägyptens seit den Pharaonen“, sagte Ahmed Elsayed Elnaggar, Herausgeber der Fachzeitschrift „Egypt's Economic Report“. Eine öffentliche Diskussion über das Gebaren der Elite des Landes gab es in Ägypten nicht.

Zum Teil arbeiteten Mubaraks Clan-Mitglieder selbst in Firmen, die ihnen Zugriff auf interessante Geschäfte ermöglichten. So war Mubaraks jüngerer Sohn Gamal zwischen 1996 und 2001 Direktor der Londoner Investment-Firma Medinvest Associates Ltd. und residierte in einem sechsstöckigen Haus im georgianischen Stil im Nobelstadtteil Knightsbridge. Gamal Mubarak stieg anschließend in der regierenden National Democratic Party in Kairo in höchste Ämter auf. In der vergangenen Woche wurde er vom Regime aus seinen Funktionen entfernt in der Hoffnung, damit Zeit zu gewinnen und die Erosion der Macht Mubaraks einzudämmen.

In den vergangenen Tagen forderten immer mehr Bürgerrechtsgruppen und Anwälte, die oberste Staatsanwaltschaft solle Ermittlungen wegen Mubaraks Vermögen aufnehmen. Inwieweit es dazu tatsächlich kommt, hänge von der weiteren politischen Entwicklung im Land ab, sagt Eric Lewis, ein auf internationale Korruption spezialisierter Anwalt aus Washington, der bereits in Kenia und Pakistan gearbeitet hat. Immerhin seien die Konten einiger früherer Regierungsmitglieder eingefroren worden, auch hätten die neuen Machthaber Reiseverbote gegen sie verhängt. „In einem politischen Umbruch wie jetzt in Ägypten, wird immer der Ruf nach Transparenz laut. Am Ende sieht es jedoch meist anders aus, und die Transparenz wird weniger real als eher symbolisch umgesetzt“, so Lewis. (afp/dapd)