Ein Stabsgefreiter soll einem Hauptgefreiten im Streit die Waffe aus der Halterung gezogen und an den Kopf gehalten haben.

Berlin. Der tödliche Schießunfall in Afghanistan ist noch nicht lange her, nun soll ein Soldat aus derselben Bundeswehreinheit einen Kameraden mit seiner Pistole bedroht haben. Über den Vorfall wurden die Fachleute der Bundestagsfraktionen am Montag vom Verteidigungsministerium unterrichtet.

Den Angaben zufolge soll ein Stabsgefreiter einem Hauptgefreiten am vergangenen Freitag während einer Patrouille in Nordafghanistan im Streit die Waffe aus der Halterung gezogen und an den Kopf gehalten haben. Der bedrohte Soldat habe die Waffe „weggeschlagen“. Der Vorfall sei von Dritten gemeldet worden, berichtete ein Abgeordneter. Konsequenzen bis hin zur unehrenhaften Entlassung würden geprüft. „Es handelte sich um einen unsachgemäßen Umgang mit der Waffe, der geahndet werden muss“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin.

Mitte Dezember war ein Soldat in einem Vorposten der Bundeswehr-Kampftruppen in der Unruheprovinz Baghlan durch einen Schuss aus der Waffe eines Kameraden getötet worden. Eine Feldjäger-Untersuchung kam zu dem Ergebnis, dass es sich um einen Unfall handelte. Es gibt aber widersprüchliche Zeugenaussagen. Die Staatsanwaltschaft Gera ermittelt inzwischen wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung.

Der jetzt bekannt gewordene Fall betrifft Soldaten aus derselben Einheit, dem Ausbildungs- und Schutzbataillon Masar-i-Scharif. Der Truppe gehören etwa 650 Soldaten an. Sie kämpfen an vorderster Front an der Seite der afghanischen Armee gegen die radikalislamischen Taliban.

Der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour zeigte sich empört über den Vorfall. „Die Bundeswehr muss sehr genau darauf achten, dass sie solche Rabauken nicht auch noch der afghanischen Zivilbevölkerung zumutet“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Ein solches Verhalten gefährdet die Sicherheit aller – auch die der Kameraden.“ Der SPD-Abgeordnete Rainer Arnold sprach von einem „Verlust des Respekts vor der Waffe“. „Dies könnte auch etwas mit dieser hohen Belastung im Einsatz zu tun haben“, sagte er. (dpa/abendblatt.de)

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Mit großer Mehrheit hat der Bundestag für den weiteren Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan gestimmt. Damit stellte das Parlament zugleich die Weichen für einen Abzug. Die ersten Soldaten sollen schon Ende dieses Jahres Afghanistan verlassen – allerdings nur dann, wenn die Sicherheitslage dies erlaubt. 419 Abgeordnete sprachen sich in der namentlichen Abstimmung für das neue Mandat aus, 116 dagegen. 43 enthielten sich. Vor einem Jahr hatten 429 von 586 Parlamentariern für das damalige Mandat gestimmt, 111 waren dagegen und 46 enthielten sich.

Der Einsatz ist damit um ein Jahr bis zum Februar 2012 verlängert. Die Höchstgrenze für das Bundeswehrkontingent soll bei 5000 Soldaten bleiben plus einer Reserve von 350 Mann. Derzeit sind 4860 Bundeswehrsoldaten dort im Einsatz.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatten lange über die Festlegung eines Abzugstermins gestritten. In den Niederlanden hat die Politik ebenfalls eine neue Afghanistan-Mission beschlossen. Zur Ausbildung von Polizisten werden 545 Experten sowie Sicherungskräfte vor allem in der nordafghanischen Provinz Kundus eingesetzt. Deutsche Soldaten sollen sie dort vor den Taliban beschützen. Dem Plan, dessen Umsetzung in Kürze beginnen soll, stimmte das Parlament in Den Haag am frühen Freitagmorgen nach teils stürmischen Debatten bei einer Nachtsitzung mit knapper Mehrheit zu.

Kleinere Oppositionsparteien gaben nach Zugeständnissen von Ministerpräsident Mark Rutte ihren Widerstand auf und machten damit den Weg für die Mission frei. Dafür versprachen Rutte und Außenminister Uri Rosenthal – beide von der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD): Kein afghanischer Polizist, der von Holländern ausgebildet wird, soll an Kampfhandlungen des Militärs teilnehmen. Damit bleibe der „vornehmlich zivile Charakter“ der Mission gewahrt.