Der Innenminister will aber ausdrücklich kein deutsches FBI schaffen. Doch auch aus Bayern kommen Beschwerden über die geplante Fusion.

BerlinMünchen. Nach über 60 Jahren soll die Zersplitterung der Polizeien des Bundes beendet sein. Und gleichzeitig soll eine einheitliche Bundespolizei unter Einbeziehung des Bundeskriminalamtes entstehen – eine Art Super-Polizei. Das ist der Kern der Empfehlung einer Strukturkommission unter Leitung des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Eckart Werthebach. Der Zoll als dritte Säule der Sicherheitsarchitektur in Deutschland bleibt unangetastet. Die Polizeigewerkschaften kritisierten eine verpasste Chance für eine grundsätzliche Neuordnung.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) begrüßte den Vorschlag der Kommission als logische Fortentwicklung der vor fünf Jahren eingeleiteten Polizeireform. Seit dem 1. Juli 2005 heißt der Bundesgrenzschutz (BGS) bereits Bundespolizei. Doch erst 2008 kam es zu Änderungen der Aufgaben und Befugnisse, die mit dem Namenswechsel zunächst nicht verbunden waren. Nunmehr soll eine einzige Polizei des Bundes entstehen, die auch das BKA als kriminalpolizeiliche Komponente enthält. Werthebach erhielt für seinen Vorschlag Lob und Kritik. Während Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) die Zusammenlegung von Bundeskriminalamt und Bundespolizei als Chance für eine bessere Terrorabwehr bewertete und der CSU-Innenexperte Stephan Mayer eine „Reduzierung von Schnittstellen“ lobte, zeigte sich die Opposition unzufrieden. Der SPD-Innenpolitiker Michael Hartmann sagte, aus „Ressortegoismus“ bleibe die Schnittstellenproblematik gegenüber dem beim Bundesfinanzminister angesiedelten Zoll weiter bestehen. Der Grünen-Innenexperte Wolfgang Wieland fügte hinzu, die geplante „Neue Bundespolizei“ müsse für fast alle Formen von Kriminalität zuständig sein, sonst machten Reformen keinen Sinn.

Bayern läuft gegen eine mögliche Verschmelzung von Bundespolizei und Bundeskriminalamt Sturm. „Ich lehne eine Zusammenlegung von Bundespolizei und BKA strikt ab“, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Nachrichtenagentur dpa. Er werde einer solchen „Mammut-Polizei“ des Bundes nicht zustimmen. Herrmann stellte sich damit gegen de Maizière (CDU). Herrmann sieht bei den Überlegungen auch verfassungsrechtliche Fragen der Zusammenarbeit von Bund und Ländern berührt. „Die Priorität der Polizeiarbeit liegt nach dem Grundgesetz ganz klar bei den Ländern“, betonte er. Es gebe lediglich einige Spezialthemen, für die der Bund zuständig sei. Er warnte vor einer Mammut-Bundespolizei.

Unzufrieden äußerten sich auch die Polizeigewerkschaften. Die Empfehlungen zur Neuordnung der deutschen Sicherheitsbehörden seien „mutlose Augenwischerei“, bemängelte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut. Sein Amtskollege von der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG, Rainer Wendt, sprach von einer „politischen Luftnummer“. Lediglich die Bundespolizeigewerkschaft bgv begrüßte die Vorschläge und warnte vor der Schaffung einer Bundeskriminalpolizei oder einer Bundesfinanzpolizei.

Bundesinnenminister de Maizière wies derweil Mutmaßungen zurück, mit der neuen Bundespolizei würde ein deutsches Pendant zur amerikanischen Bundespolizei FBI entstehen. „Ich will kein deutsches FBI“, stellte der Minister klar. Denn das FBI, das faktisch eine reine Kriminalpolizei sei, habe ein sogenanntes Selbsteintrittsrecht und könne damit kommunale Behörden zurücksetzen. Das sei mit dem föderalen Prinzip in Deutschland nicht vereinbar.

Hinzu komme, dass das FBI auch „quasi als Nachrichtendienst mit internationalen Bezügen“ arbeite, was dem deutschen Trennungsgebot widerspreche. Werthebach bekräftigte, die Kommission habe ausdrücklich „nicht empfohlen“, ein deutsches FBI zu schaffen. Der Vorschlag zur Optimierung der Sicherheitsbehörden im Bund bezieht sich laut Werthebach auf eine behutsame Fortführung der eingeleiteten Reformen. Dafür solle die „neue Bundespolizei“ auf vier Säulen gestellt werden: Kriminalpolizei (BKA), Präventivpolizei (Bundespolizei), Zentralpolizeiliche Dienste (Spezialkräfte/IT) und Zentralabteilung (Personal/Haushalt).

Die Kompetenzen von Bundespolizei und BKA sollen laut Werthebach „im Wesentlichen unverändert“ bleiben. So wäre es möglich, die Reform ohne Änderung des Grundgesetzes umzusetzen. Schließlich handle es sich um eine Organisationsreform, und nicht um eine „Befugnisreform“. Ausdrückliches Lob bekam Werthebach vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Verbandschef Klaus Jansen hob vor allem das Ende der Trennung von Polizei und BKA hervor: „Das ist ein guter Tag für die Kriminalitätsbekämpfung.“ Jetzt sei der Innenminister gefordert, rasch für Klarheit bei Strukturen und Standorten zu sorgen.

De Maizière kündigte an, für eine Umsetzung noch in der laufenden Legislaturperiode bis 2013 zu sorgen. Bis Frühjahr 2011 werde sein Haus die Vorschläge prüfen und eine Entscheidung über Zuschnitt und Umsetzung fällen. Mit Blick auf den Personalumfang von 41.000 Mitarbeitern bei der Bundespolizei und 5300 beim Bundeskriminalamt fügte der CDU-Politiker hinzu, es gehe nicht um weniger Stellen, sondern um mehr Sicherheit.