Die Jamaika-Koalition im Saarland könnte der schwarz-gelben Hartz-IV-Reform die Mehrheit im Bundesrat am 17. Dezember sichern.

Hamburg. Nach der Verabschiedung der Hartz-IV-Neuregelung im Bundestag hat die SPD den Druck auf die Grünen massiv erhöht. Mit Blick auf die entscheidende Abstimmung am 17. Dezember im Bundesrat, bei der Schwarz-Gelb nur eine Stimme zur Mehrheit fehlt, wachsen Zweifel am Abstimmungsverhalten der Jamaika-Koalition im Saarland. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, befürchtet, dass der Landeschef der Saar-Grünen, Hubert Ulrich, die Hartz-IV-Reformen in der Länderkammer passieren lässt. Der SPD-Landeschef Heiko Maas warf den Saar-Grünen "Käuflichkeit" vor.

"Ich warne Herrn Ulrich davor, die Interessen des Saarlandes gegen die Interessen der Kinder aus Hartz-IV-Familien auszuspielen", sagte Oppermann dem Hamburger Abendblatt. "Dieses Gesetz nimmt eine falsche Richtung: Gutscheinbürokratie statt Ganztagsbetreuung für Kinder, Willkürberechnung statt Transparenz bei Regelsätzen." Die Grünen müssten aufpassen, "dass sie am Ende nicht eine falsche Entscheidung mitzuverantworten haben", sagte Oppermann weiter.

Maas sagte: "Die Saar-Grünen bekommen in der Öffentlichkeit den Geruch der Käuflichkeit nicht los." Zu stark sei noch der Ablauf der Regierungsbildung im Saarland in Erinnerung, "als die Grünen links geblinkt haben, um dann rechts abzubiegen", sagte Maas. Vor einem Jahr hatte Grünen-Chef Ulrich das erwartete Linksbündnis im Saarland verhindert und sich damit klar gegen die SPD gestellt.

Nun könnte er die Zukunft von Hartz IV entscheiden. Wenn ein Angebot der Bundesregierung auf dem Tisch liege, "das entscheidende Vorteile für das Saarland" bringe, müsse man dies "im Interesse des Saarlandes" beraten, ließ er sich zitieren. Maas warf Ulrich vor, damit "quasi Offerten an Bundeskanzlerin Merkel" zu richten. "Ich kann die Grünen nur davor warnen, die Bevölkerung erneut hinters Licht zu führen und sich von Schwarz-Gelb kaufen zu lassen." Unsoziale Neuregelungen für Hartz-IV-Bezieher dürften nicht mit Geschenken für die Jamaika-Regierung erkauft werden. Inzwischen hat die Saar-Koalition in Aussicht gestellt, sie werde sich wahrscheinlich im Bundesrat der Stimme enthalten.

Auch im Bundestag wurde über die neuen Hartz-IV-Sätze erbittert diskutiert, obwohl das Abstimmungsergebnis aufgrund der Regierungsmehrheit von vornherein feststand. Danach werden, wie von der Koalition geplant, ab Januar 2011 die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene um fünf auf 364 Euro pro Monat steigen. Die Leistungen für Kinder werden nicht angehoben, aber durch ein Bildungspaket mit Zuschüssen für Vereinsbeiträge, Nachhilfestunden und Schulessen ergänzt.

In die Schlussberatung hatte die SPD mit einem ungewöhnlichen Schritt Spannung gebracht: Sie ersetzte den letzten Redner auf ihrer Liste kurzfristig durch Parteichef Sigmar Gabriel. Dieser attackierte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, nachdem die CDU-Politikerin bereits gesprochen hatte. Die Unions-Fraktion tauschte daraufhin ihren letzten Redner ebenfalls aus, um von der Leyen ein zweites Mal die Gelegenheit zu geben, an das Rednerpult zu treten. Danach wurde die Sitzung vorübergehend unterbrochen.

Gabriel warf von der Leyen vor, sie schnüre als "Verpackungskünstlerin" Bildungs- und Teilhabepäckchen für Kinder, löse aber damit keine Probleme. Notwendig seien mehr Erzieher und Sozialpädagogen an den Schulen. "Verkleckern Sie das nicht mit Mini-Bildungspäckchen, die niemanden wirklich helfen", sage Gabriel. Von der Leyen erwiderte, was Gabriel abgeliefert habe, sei das "Armutszeugnis von elf Jahren" Regierungsbeteiligung der SPD. Sie habe in ihrer einjährigen Amtszeit als Arbeitsministerin zweimal Urteile des Verfassungsgerichts umsetzen müssen, mit denen die Hartz-IV-Gesetze von Rot-Grün teils kassiert wurden.