Die familienpolitische Sprecherin der Union begrüßt das Urteil, das unverheirateten Vätern mehr Rechte zuspricht.

Hamburg/Karlsruhe. Die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Dorothee Bär, hat das Sorgerechts-Urteil des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich begrüßt. „Ich gehe davon aus, dass aufgrund dieser Entscheidung viele Väter jetzt versuchen werden, die gemeinsame Sorge für ihr Kind zu erhalten“, sagte Bär, die auch stellvertretende CSU-Generalsekretärin ist, dem „Hamburger Abendblatt“ (Mittwochsausgabe). „Wenn gerichtlich festgestellt wird, dass diese dem Kindeswohl am besten entspricht, begrüße ich es, wenn auch Väter, die nicht mit der Mutter verheiratet sind, stärker Verantwortung übernehmen können.“

Bär plädierte aber ausdrücklich dafür, dass alleinige Sorgerecht auch in Zukunft zunächst nur der Mutter zu erteilen. Die Karlsruher Richter hätten entschieden, dass dieses Prozedere verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. „Dem Vater muss allerdings das Recht eingeräumt werden, diese Entscheidung gerichtlich überprüfen zu lassen. Und genauso wollen wir Familienpolitikerinnen und -politiker der CDU/CSU es regeln: Wir befürworten es, wenn sich die nicht miteinander verheirateten Eltern beide verantwortungsvoll um das Kinder kümmern. Wir wollen keine hohen Hürden für die Väter, aber wir schlagen dennoch vor, das Sorgerecht zunächst bei der Mutter zu belassen. Wenn der Vater eine gemeinsame Sorge wünscht und die Mutter damit nicht einverstanden ist, soll er die Möglichkeit erhalten, diese beim Familiengericht zu beantragen.“

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat den Vorrang unverheirateter Mütter beim Sorgerecht für das Kind gekippt. Mit der veröffentlichten Entscheidung können Mütter ohne Trauschein das Sorgerecht des Vaters für das gemeinsame Kind nicht mehr generell verweigern. Ab sofort müssen Familiengerichte das gemeinsame Sorgerecht von Vater und Mutter anordnen, wenn das dem Kindeswohl entspricht. Damit hatte die Verfassungsbeschwerde eines unverheirateten Vaters Erfolg.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts ist damit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) gefolgt. Das Straßburger Gericht hatte am 3. Dezember 2009 entschieden, dass das in Deutschland geltende Recht unverheiratete Väter diskriminiere.

Das Bundesverfassungsgericht ändert daraufhin jetzt seine Rechtsprechung. Im Januar 2003 hatte Karlsruhe noch geurteilt, der Vorrang der Mutter beim Sorgerecht für ein nichtehelich geborenes Kind sei gegenwärtig noch verfassungsgemäß. Allerdings gab das Bundesverfassungsgericht schon damals den Hinweis, dass der Gesetzgeber die tatsächliche gesellschaftliche Entwicklung beobachten müsse.

Nach geltendem deutschen Recht erhielt der Vater nur dann das Sorgerecht für sein Kind, wenn die Mutter dem zustimmte. Verweigerte sie die Zustimmung, gab es bisher keine gerichtliche Überprüfung; Väter ohne Trauschein waren folglich chancenlos, das Sorgerecht gegen den Willen der Mutter zu bekommen. Das Verfassungsgericht entschied nun, dass dies verfassungswidrig sei, denn damit werde unverhältnismäßig in das Elternrecht des Vaters eingegriffen. Wenn die Mutter das gemeinsame Sorgerecht verweigere, müsse dem Vater die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung eingeräumt werden, erklärte der Erste Senat jetzt.

Neuere empirische Untersuchungen zeigten, dass in nicht unbeträchtlicher Zahl Mütter allein deshalb die Zustimmung zur gemeinsamen Sorge verweigerten, „weil sie ihr angestammtes Sorgerecht nicht mit dem Vater ihres Kindes teilen wollen“, heißt es in der Entscheidung.