Die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo ist laut des Internationalen Gerichtshofs rechtens. Serbien protestiert weiter.

Den Haag. Die vom Kosovo einseitig erklärte Unabhängigkeit von Serbien ist nach einer Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs rechtens. Die Unabhängigkeitserklärung im Jahr 2008 habe nicht gegen das Völkerrecht verstoßen, erklärte das Gericht in Den Haag am Donnerstag in einer nicht-bindenden Stellungnahme. Im allgemeinen Völkerrecht gebe es kein anwendbares Verbot von Unabhängigkeitserklärungen, sagte Richter Hisashi Owada. Die USA, Deutschland und der Kosovo äußerten sich befriedigt über die Entscheidung. Serbiens Präsident Boris Tadic erklärte, sein Land werde die Unabhängigkeit des Kosovo niemals anerkennen.

Bislang haben 69 Staaten, darunter die USA und die meisten Staaten des Westens, den Kosovo als unabhängiges Land anerkannt. Durch die Gerichtsentscheidung dürften noch einige hinzukommen. Serbien sieht in der Unabhängigkeit der früheren Provinz dagegen eine flagrante Verletzung seiner territorialen Integrität. Außenminister Vuk Jeremic sagte, Serbiens Politik werde sich trotz der Entscheidung nicht ändern. Die Bewahrung der Souveränität und der territorialen Integrität des Landes habe weiter Priorität. Tadic warnte im Vorfeld vor den Folgen einer ablehnenden Entscheidung: „Sollte durch die Haltung des Gerichts ein neues Prinzip gelten, würde in der Welt ein ganzer Prozess losgetreten, neue Staaten zu schaffen. Dies würde viele Regionen in der Welt destabilisieren.“ Russland erklärte, die Entscheidung des Gerichts stelle keine rechtliche Grundlage für die Unabhängigkeit dar.

US-Außenministerin Hillary Clinton rief Serbien und Kosovo im Interesse des Friedens und der Zusammenarbeit auf dem Balkan zur Zusammenarbeit auf. Nun sei es an der Zeit, das Trennende zu überwinden und zum Nutzen der Menschen in beiden Ländern praktische Fragen zu lösen, erklärte Clinton. Auch ihr deutscher Kollege Guido Westerwelle mahnte beide Länder zur Zusammenarbeit. „Jetzt sind Politik und Dialog gefragt. Die Zukunft Serbiens und Kosovos liegt in der EU.“ Der Außenminister des Kosovo, Skender Hyseni, sagte, es sei nun an Serbien, auf sein Land zuzugehen. Gespräche könne es aber nur als gleichberechtigte Partner geben. Ein EU-Vertreter sagte, das Urteil sei „ein Aufwärtshaken gegen das Kinn“ Serbiens.

Serbien verlor 1999 die Kontrolle über den Kosovo. Damals beendete die Nato mit Bombenangriffen den mehr als zwei Jahre dauernden Krieg zwischen Serbien und seiner albanisch-stämmigen Minderheit. Das Gebiet wurde anschließend durch die Vereinten Nationen verwaltet, der Waffenstillstand von der Nato überwacht. Seither leben im Kosovo zwei Millionen Albaner und 120.000 Serben. Immer wieder kommt es zu Konflikten zwischen den Bevölkerungsgruppen. Der Streit behindert auch die Beitrittsbemühungen Serbiens zur Europäischen Union.

Die Stellungnahme des Gerichts dürfte auch Auswirkungen auf eine ganze Reihe separatistischer Bestrebungen in der Welt haben. Georgien erhob 2008 vor dem Gericht ähnliche Vorwürfe gegen Russland wegen des Konflikts in Süd-Ossetien. Russland hat die abtrünnigen georgischen Regionen Süd-Ossetien und Abchasien als unabhängige Staaten anerkannt, jedoch sind nur wenige andere Staaten diesem Schritt gefolgt. Spanien hat bereits klargestellt, den Kosovo nicht anerkennen zu wollen. Die Regierung in Madrid sieht sich im eigenen Land separatistischen Bestrebungen wie denen der Basken ausgesetzt.