Der Uno-Sicherheitsrat entsendet Beobachter nach Syrien. Sie sollen die bislang noch recht brüchige Waffenruhe überwachen. Spekulation um Frachter.

New York/Istanbul. Die Vereinten Nationen haben am Sonntag die ersten Militärbeobachter als Voraustrupp auf den Weg nach Syrien geschickt. Die Aufgabe der Blauhelme wird es sein, den Truppenabzug aus den Städten und die bisher noch sehr brüchige Waffenruhe zu überwachen. Waffenruhe und Truppenabzug gehören zum Sechs-Punkte-Plan des Uno-Sondergesandten Kofi Annan, der von Damaskus und der Opposition akzeptiert wurde.

Nach Angaben der Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad wurden am Wochenende 24 Menschen von den Regierungstruppen getötet. Aktivisten veröffentlichten Video-Aufnahmen, die zeigen sollen, wie Granaten in der Stadt Homs einschlagen. Vor Beginn der Waffenruhe am Donnerstag waren täglich zwischen 60 und 120 Tote gezählt worden. Die Nachrichtenagentur Sana berichtete am Sonnabend, ein Offizier sei in der Provinz Hama von "bewaffneten Terroristen“ verschleppt worden.

Der Uno-Sicherheitsrat hatte am Sonnabend in New York beschlossen, umgehend ein Team nach Damaskus zu schicken. Es war die erste Uno-Resolution zu Syrien seit Beginn der Proteste gegen das Assad-Regime vor 13 Monaten. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, die Beobachtermission werde später insgesamt etwa 250 Mitglieder haben. Er zeigte sich laut Mitteilung der Vereinten Nationen sehr besorgt darüber, dass mindestens eine Million Menschen innerhalb Syriens infolge des Konflikts vertrieben wurden.

+++ Assad lässt trotz Waffenruhe auf Oppositionelle schießen +++
+++ Tausende Demonstranten fordern das Assad-Regime heraus +++

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte die volle Umsetzung des Annan-Plans. "Die Waffen müssen schweigen – ja. Aber es muss auch endlich humanitäre Hilfe möglich werden“, sagte er am Sonntag in Berlin. Insbesondere das Assad-Regime müsse den Waffenstillstand vollständig und umfassend einhalten. "Alle Seiten stehen in der Verantwortung, jetzt einen Waffenstillstand und auch eine politische Lösung zu ermöglichen“, sagte Westerwelle. "Ich will aber nicht verhehlen, die Lage ist außerordentlich fragil.“

Der oppositionelle Syrische Nationalrat nannte die Entscheidung des Sicherheitsrats lange überfällig. Auf seiner Internetseite schrieb der Nationalrat, dies sei ein erster wichtiger Schritt der Weltgemeinschaft, um ihre Verantwortung für den Schutz des syrischen Volkes wahrzunehmen. Das Regime habe immer noch nicht seine schweren Waffen und Panzer aus bewohnten Gebieten abgezogen. Man dürfe nicht auf Täuschungen des Regimes hereinfallen. Am Sonntag berichteten Aktivisten, die Armee habe in der Provinz Hama damit begonnen, Gräben auszuheben, um ein Dorf mit vielen Regimegegnern zu isolieren.

Der Sicherheitsrat rief Syrien auf, die Sicherheit des Einsatzes "ohne Beeinträchtigung der Bewegungs- und Zugangsfreiheit zu garantieren“. Die unbewaffneten Experten des Erkundungsteams sollen mit den syrischen Konfliktparteien Kontakt aufnehmen und über die Umsetzung einer vollständigen Einstellung des Waffeneinsatzes berichten. Sie wurden schon vor Tagen ausgesucht und vorbereitet.

Die Bundesregierung prüft nach eigenen Angaben Berichte, wonach ein deutsches Schiff mit Waffen in Richtung Syrien unterwegs gewesen sein soll. Die Waffen stammten laut Aktivisten vermutlich aus dem Iran. Sie sollten von Dschibuti aus zum syrischen Hafen Tartus gebracht werden. Die Aktivisten machten die Waffenlieferung in der Nacht zum Freitag publik; wenig später drehte das Schiff im Mittelmeer ab. Die "Atlantic Cruiser“ wurde am Sonntagnachmittag im Seegebiet zwischen Zypern und Syrien geortet. Ob die Ladung noch an Bord war, ließ sie zunächst nicht feststellen.

Laut "Spiegel“ soll der Eigner, die Emdener Reederei Bockstiegel, durch einen syrischen Überläufer gewarnt worden sein. "Wir haben das Schiff gestoppt, nachdem wir Hinweise auf die Waffenlieferung erhielten“, zitierte das Nachrichtenmagazin einen Schiffsmakler von der C.E.G. Bulk Chartering, die für die Befrachtung der "Atlantic Cruiser“ verantwortlich sei. Das Schiff sei an die ukrainische Firma White Wale Shipping weitervermietet worden, die als Ladung „Pumpen und ähnliche Dinge“ deklariert habe.

Der Frachter hatte nach Angaben der syrischen Oppositionellen 7200 Tonnen Waffen sowie Munition an Bord. Er habe aus Dschibuti kommend am Freitag Kurs auf Tartus genommen, wo er am Sonnabendmittag hätte eintreffen sollen. Es war jedoch zwischenzeitlich verschwunden. (abendblatt.de/dpa)