Wirtschaftsminister Rainer Brüderle fordert allerdings, dass die Energieversorger einen „wesentlichen Teil der zusätzlichen Gewinne abführen“ müssen.

Hamburg. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) dringt auf eine schnelle Entscheidung zur Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. „Wir wollen möglichst schnell zu einer Vereinbarung mit den Betreibern von Kernkraftwerken kommen. Eine Entscheidung kann schon im Sommer fallen“, sagte Brüderle im Interview des Hamburger Abendblatts (Sonnabend).

Die Laufzeiten würden allerdings nur verlängert, „wenn die Energieversorger einen wesentlichen Teil der zusätzlichen Gewinne abführen“, fügte der FDP-Politiker hinzu. „Diese müssen genutzt werden, um in die Erforschung erneuerbarer Energien und von Speichertechnologien zu investieren.“ Kraftwerke, die nicht den strengen deutschen und internationalen Sicherheitsanforderungen entsprechen, „gehören nicht ans Netz“.

Brüderle begründete die Laufzeitverlängerung mit dem Ziel, schnell in das Zeitalter der regenerativen Energien einzusteigen. „Um das zu beschleunigen und die Übergangsphase klimafreundlich zu gestalten, sind wir bereit, die Laufzeiten von Kernkraftwerken mit höchsten Sicherheitsstandards zu verlängern“, sagte der Minister.

IM WORTLAUT: Das Interview mit Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle

Zugleich warnte Brüderle davor, die deutschen Unternehmen in der Wirtschaftskrise mit neuen Klimaauflagen zu belasten. „Deutschland ist wirtschaftlich noch nicht über den Berg“, sagte der FDP-Politiker. „Daher ist es entscheidend, dass Klimaschutz keine unnötigen Belastungen für unsere Arbeitsplätze bewirkt. Belastungen für unsere Arbeitsplätze wären nicht vermittelbar.“

Der Weltklimagipfel in Kopenhagen werde „eine schwierige Veranstaltung“, sagte Brüderle voraus. Klimaschutz dürfe „nicht nur Sache der Europäer sein“. Der Wirtschaftsminister fügte hinzu, Klimaschutz sei eine große Wachstumschance, „wenn er richtig gemacht wird, das heißt, wenn er nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt“.

Brüderle forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, die Ministerpräsidenten der Union von den geplanten Steuersenkungen zu überzeugen. „Einige Landeshaushalte sind in einer schwierigen Lage – das weiß ich. Aber ohne Wachstum wird es keine Haushaltskonsolidierung geben.“ Er setze "fest darauf, dass die Bundeskanzlerin im Dialog mit den Ministerpräsidenten der Union genügend Überzeugungskraft entwickelt“.

Der Wirtschaftsminister beharrt auf der Einführung eines steuerlichen Stufentarifs noch in der laufenden Wahlperiode. „Es muss zu einer Vereinfachung des Steuersystems kommen, denn einfache Steuersysteme sind gerechter“, sagte der FDP-Politiker. „Deshalb werden wir noch in dieser Wahlperiode einen Stufentarif einführen. Offen ist lediglich, ob es drei, vier oder fünf Steuerstufen werden.“

Weitere Hilfen für den angeschlagenen deutschen Autobauer Opel lehnte Brüderle ab. „Ich habe mit Interesse die Einschätzung von GM-Chef Henderson und GM-Verwaltungsratschef Whitacre gelesen, der Mutterkonzern könne das alleine stemmen. Ich hielte das auch für geboten“, sagte Brüderle „Wir sollten allmählich in die normalen Bahnen der sozialen Marktwirtschaft zurückkehren.“

Die Rettung eines Unternehmens durch den Staat bedürfe einer sorgfältigen Begründung, fügte Brüderle hinzu. „General Motors hat sich entschieden, Opel doch zu behalten. Damit sind alle Zusagen des Bundes, die mit einem Verkauf an Magna verbunden waren, hinfällig.“