Linke-Chef Oskar Lafontaine meint, die Bevölkerung kann „den Verkehr oder die Produktion lahmlegen“, wenn sie die Regierung ablehnt.

Hamburg. Der Parteichef der Linken, Oskar Lafontaine, hat die Deutschen zum politischen Streik aufgerufen. „In Frankreich kommt es schon mal vor, dass Autobahnen und Zugstrecken blockiert werden, wenn die Regierung gegen den Willen der Bevölkerung handelt“, sagte Lafontaine dem Hamburger Abendblatt (Sonnabend-Ausgabe). „Das wünsche ich mir auch für Deutschland.“

Die Linke plädiere für den politischen Streik, fügte Lafontaine hinzu. „Wenn Maßnahmen wie Hartz IV oder die Rente mit 67 verabschiedet werden und die große Mehrheit der Bevölkerung dagegen ist, dann kann sie den Verkehr oder die Produktion lahmlegen.“ Das Gespräch mit Lafontaine wurde im Rahmen der Abenblatt-Reihe „Klassenfahrt zu …“ von Abiturienten der Gesamtschule Harburg geführt.

Der Linke-Chef schloss ferner nicht aus, dass es eines Tages zu einer Vereinigung von SPD und Linkspartei kommt. „Ob sich die Linke und SPD einmal zu einer Partei zusammenschließen, ist eine Frage des Programms“, sagte Lafontaine. Heute seien die Programme grundverschieden. Er verwies allerdings auf zunehmende Gemeinsamkeiten in zentralen Fragen. In der SPD gebe es Bewegung bei Hartz IV und in der Afghanistan-Politik, sagte er. Nach solchen Themen richte sich auch, ob und wann eine rot-rote Koalition im Bund möglich werde.

Zugleich bekräftigte Lafontaine seine Forderung nach einem sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. „In Afghanistan bekämpfen wir den Terrorismus nicht, sondern züchten ihn geradezu groß“, sagte er. „Eine Regierung, die diese Politik unterstützt, ist irre. Um Deutschland zu schützen, müssen wir diesen Militäreinsatz abbrechen. Was wir dort anrichten, ist das Gegenteil von dem, was wir wollen.“

Bei der Beurteilung der Lage in Afghanistan stütze er sich auf den Buchautor Peter Scholl-Latour, sagte Lafontaine. „Wenn ich über Afghanistan etwas wissen will, unterhalte ich mich beispielsweise mit meinem Freund Peter Scholl-Latour.“ Dieser habe „mehr Ahnung von Afghanistan als viele, die darüber schreiben“. Eine Reise nach Afghanistan kommt für Lafontaine allerdings nicht infrage. „Wenn ich wie manche Politiker mit einer kugelsicheren Weste durch ein Bundeswehrcamp laufe, erfahre ich wenig“, sagte er. Das Risiko, ohne Panzerfahrzeuge in Dörfer zu gehen, „möchte ich nicht eingehen“.