Der Atomausstieg ist laut Ethikkommission binnen zehn Jahren möglich. Am Montag geht eine Empfehlung an die Bundesregierung.

Berlin. In zehn Jahren könnte der letzte Atommeiler vom deutschen Netz gehen. Zu diesem Ergebnis ist die Ethikkommission der Bundesregierung gekommen. Am Sonnabend war das Gremium, das von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eingesetzt wurde, zu einer Abschlussberatungen in Berlin zusammengekommen. In einem Bericht, der von "Spiegel Online“ zitiert wird, heißt es: Die Kommission sei "der festen Überzeugung, dass der Ausstieg innerhalb eines Jahrzehntes abgeschlossen werden kann. “Die Kommission geht sogar davon aus, dass im besten Fall dieser Zeitraum sogar noch verkürzt werden könnte.

Die Kommission fordert mehr Geld für die Gebäudesanierung, um in diesem Bereich Energie zu sparen. Zur Beschleunigung des Netzausbaus wird vorgeschlagen, dass betroffene Kommunen Steuergelder bekommen. Zudem wird die Berufung eines Parlamentarischen Beauftragten für die Energiewende und die Einrichtung eines „Nationalen Forums Energiewende“ vorgeschlagen. Zudem empfiehlt die Ethikkommission eine bundesweite Endlagersuche für hoch radioaktiven Atommüll. Außer Gorleben sollten auch andere Standorte erkundet werden.

Offiziell wird der Bericht des Rates am Montag der Bundesregierung vorgelegt. Dieser dient als Grundlage für die von der Regierung geplante Energiewende. Am Sonntag tagt der Koalitionsausschuss zu diesem Thema, der Kabinettsbeschluss wird für den 6. Juni angestrebt.

In einem Interview nannte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe einen Atom-Ausstieg in den nächsten zehn Jahren für realistisch. Dagegen gibt es Stimmen aus der Koalition, die jedoch zur Zurückhaltung mahnten. Zuoberst müsse die Versorgungssicherheit gewährleistet bleiben.

Gröhe sagte: "Daher glaube ich, dass es möglich ist, den Ausstieg innerhalb eines Jahrzehnts zu schaffen, wenn die Bedingungen stimmen.“ Dies bedeute, dass die Fragen der Energieeffizienz, der Speicherkapazität, des Netzausbaus und des Zubaus etwa von Gaskraftwerken stimmig beantwortet werden müssen.

Der CDU-Politiker betonte, dass es keine Revision des Atomausstiegs geben werde. Der Prozess des Umstiegs bedürfe allerdings der "fortlaufenden Begleitung und Überprüfung“.

FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, seine Partei nehme die Warnungen der Netzbetreiber "sehr ernst“. Es sei noch nicht entschieden, ob es angesichts der Gefahr von Stromausfällen zu verantworten sei, dass die während des Moratoriums abgeschalteten Kernkraftwerke dauerhaft vom Netz blieben.

Netzbetreiber und Bundesnetzagentur hatten infolge des Abschaltens der Kernkraftwerke für den Winter vor Stromausfällen gewarnt. Am Freitag hatten die Umweltminister von Bund und Ländern sich auf die Forderung geeinigt, die sieben ältesten Meiler nicht wieder ans Netz gehen zu lassen.

Auch CDU-Vize Annette Schavan mahnte zur Zurückhaltung. "Wir wollen keinen Überbietungswettbewerb“, sagte die Bundesbildungsministerin dem Abendblatt. Über den Zeitpunkt des Atomausstiegs "werden wir entscheiden, wenn die Ethikkommission ihren Bericht vorgelegt hat“. Eine Entscheidung wie über den Ausstieg aus der Kernenergie lasse sich "nicht einfach an einer Jahreszahl festmachen“, warnte Schavan. "Der Umbau muss am Ende klappen.“ Lesen Sie hierzu auch den Abendblatt-Artikel: Annette Schavan: "Die CDU muss sich treu bleiben"

Für die SPD sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, die bekannt gewordene Position der Ethikkommission bestätige im wesentlichen Forderungen der SPD. Er habe aber Zweifel, "ob es Merkel gelingt, diese Position in der Koalition durchzusetzen“. Hamburgs Erster Bürgermeister, Olaf Scholz (SPD), bekräftigte die Bereitschaft der SPD zu einem überparteilichen Kompromiss. Er forderte, die sieben jetzt abgeschalteten Meiler dürften nicht wieder ans Netz.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht in den Einschätzungen der Ethikkommission den Beleg dafür, dass Deutschland "schnell und auch vor Ende des Jahrzehnts aus der Atomenergie aussteigen“ könne. Entscheidend werde nun sein, "welche Antwort Schwarz-Gelb darauf gibt“.

Von Kerstin Münstermann