Arbeitsministerin Ursula von der Leyen kürzt Hilfen für Erwerbslose. Grüne und Linkspartei sprechen von einem Kahlschlag bei der Förderung.

Berlin/Hamburg. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen hat vor allem zwei Ziele: Sie will die Mittel zur Förderung von Arbeitslosen effizienter einsetzen. Und sie will bis 2015 rund acht Milliarden Euro sparen. Gestern stimmte das Kabinett dem Gesetzentwurf der CDU-Politikerin zur Reform der Arbeitsmarktinstrumente zu. Die Unterstützung der Erwerbslosen soll gestrafft und teilweise zusammengestrichen werden.

Ein weiteres Ziel der Reform ist es, den Vermittlern in den Jobcentern und Arbeitsagenturen mehr Entscheidungsspielraum zu geben und Mitnahmeeffekte zu verhindern. Für die Arbeitslosen heißt das vor allem: Viele bisherige Pflichtleistungen werden in Ermessensleistungen umgewandelt. Im Mittelpunkt steht der Existenzgründungszuschuss. Bisher haben Arbeitslose ein Recht auf die Förderung, wenn sie sich selbstständig machen wollen. Diese Leistung soll ab 2012 vollständig im Ermessen der Jobcenter liegen.

Zudem sieht von der Leyens Reform eine Reduzierung der Ein-Euro-Jobs vor. Ganz abgeschafft werden die nur noch wenig genutzten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM).

Der Caritasverband und der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierten, die Kürzungen träfen jene, die schon lange arbeitslos sind und auf dem ersten Arbeitsmarkt ohne Hilfen keine Chance haben. Der Hauptgeschäftsführer des Wohlfahrtsverbands, Ulrich Schneider, sagte, es würden Beschäftigungsmaßnahmen für Hunderttausende schwer vermittelbare Arbeitslose "bewusst kaputt gemacht". Grüne und Linksfraktion sprachen von einem Kahlschlag bei der Arbeitsförderung.

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, hält die Reform für richtig, warnt aber vor Rotstiftaktionen zulasten der Erwerbslosen. "Wir selbst haben uns eine Überprüfung der Fördermaßnahmen gewünscht, um dezentral deutlich mehr Handlungsspielraum im Interesse der Arbeitslosen zu gewinnen", sagte Weise der "Saarbrücker Zeitung". "Unsere Absicht war nicht, damit Geld zu sparen."

Von der Leyen verteidigte die Kürzungen beim Zuschuss für Existenzgründer: "Nicht jeder Erwerbslose ist für den Schritt in die Selbstständigkeit geeignet. So manche Notgründung ist zur Sackgasse geworden."

2010 förderte die Agentur für Arbeit in Hamburg fast 5000 Existenzgründer. Die Hilfe sei rechtlich klar umrissen, was die Arbeitslosenversicherung vor finanzieller Mitnahme schütze und auch der Sicherheit des Gründers Rechnung trage, sagte Sönke Fock, Vorsitzender der Geschäftsführung. "Gute, innovative, zukunftsweisende und arbeitsplatzschaffende Ideen cleverer Arbeitsloser fördern wir also weiter." Bereits jetzt seien die fachkundige Stellungnahme, ein Businessplan und Markterkundung wichtig für die Anerkennung einer Förderung. Künftig muss diese früher beantragt werden als bisher: 150 statt wie bislang 90 Tage, bevor der Anspruch auf Arbeitslosengeld ausläuft. Über die Gründungskonzepte sollen Experten von Verbänden und Handelskammern entscheiden.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) begrüßte die Maßnahmen der Arbeitsministerin. "Die Verschlankung und Flexibilisierung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente befürworten wir sehr", sagte Stefan Hardege, der Arbeitsmarkt-Experte des DIHK, dem Hamburger Abendblatt. Um im Einzelfall die Erfolgschancen des Selbstständigen auf dem Markt beurteilen zu können, bräuchten die Arbeitsagenturen gut qualifizierte Mitarbeiter, so Hardege. Dabei könnten die geplanten Qualifizierungsmaßnahmen helfen.

Zudem fordert der DIHK eine Begrenzung des Arbeitslosengeldes auf ein Jahr auch für ältere Arbeitslose. Dies wäre wichtig, um einerseits eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt zu forcieren und andererseits die Kosten des Sozialsystems zu senken, sagte Hardege. Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will dagegen am verlängerten Arbeitslosengeld für Ältere festhalten. Jetzt an den Leistungsträgern der Gesellschaft zu sparen liefe auf die Zertrümmerung des Leistungsgedankens hinaus, sagte er. BA-Chef Weise hatte eine Rücknahme des verlängerten Arbeitslosengeldes für Ältere ins Gespräch gebracht. Die Bezugsdauer wurde vor vier Jahren auf bis zu 24 Monate erhöht.