Berlin . Finanzminister Olaf Scholz bringt den Bundeshaushalt für 2020 ins Kabinett ein. Das Finanzministerium wird zur SPD-Wahlkampfzentrale.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ist oft gefragt worden, was ihn von Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) unterscheidet. Scholz hat darauf meistens das für ihn typische, wissende Lächeln aufgesetzt und geschwiegen. Langsam wird deutlich, wo Unterschiede liegen: Schäuble musste nie sparen, und er hat sich nicht parteipolitisch angreifbar gemacht. Auf Scholz trifft inzwischen beides zu.

Deutschland hat ein Jahrzehnt des Aufschwungs hinter sich. In dieser Zeit hat Wolfgang Schäuble acht Jahre lang die Haushaltskasse des Bundes verwaltet. Die Konjunktur hat ihm steigende Steuereinnahmen beschert. Gleichzeitig lagen die Zinsen auf historisch tiefem Niveau. Schäuble geht als der Finanzminister in die Geschichte ein, der die „schwarze Null“ erfolgreich verteidigt hat. Zugespitzt kann man sagen: Schäuble hat den Aufschwung verwaltet.

Geld ist der Klebstoff der Großen Koalition

Sein Nachfolger Scholz steht jetzt vor der undankbaren Aufgabe, das Geld zusammenzuhalten, während immer weniger in die Kasse kommt. Die Vorhersagen für die Konjunktur werden gerade nach unten korrigiert. Gleichzeitig hat die Große Koalition vor, die Sozialausgaben massiv zu erhöhen.

Mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts geht für Rente, Arbeitsmarkt, Gesundheit oder Pflege drauf. Das alles sind Ausgaben, die jedes Jahr anstehen und sich nicht schnell wieder zusammenstreichen lassen. Geld ist der Klebstoff, der CDU, CSU und SPD vor einem Jahr zusammengekittet hat. An diesen Klebekanten aber – vor allem in der Sozialpolitik – könnte die Koalition auch wieder zerbrechen.

Schäuble hat seinerzeit auf die Unwucht im Haushalt hingewiesen. Auch Scholz erfüllt nun die klassische Aufgabe eines Finanzministers, wenn er anfängt, jeden Euro einmal umzudrehen. Er geht aber einen Schritt zu weit, wenn er dem Sozialen eine Priorität vor allem anderen einräumt und sich damit dem Verdacht aussetzt, Wahlkampf für seine Partei und für sich selbst zu machen.

Das Finanzministerium ist die Wahlkampfzentrale der SPD

Der Konflikt mit den Unionsparteien hat sich an der Grundrente entzündet, die zwar im Koalitionsvertrag steht, aber nicht in der von Arbeitsminister Hubertus Heil geplanten Maximalvariante. Mit dem Konzept und ihrem neuen Sozialstaatsprogramm will die SPD bei den anstehenden Wahlen um Stimmen werben.

Fünf Milliarden Euro dafür sind kein Pappenstiel. Trotzdem stellte Scholz seinem Kollegen einen Blankoscheck aus. Motto: Das können wir uns leisten, das Geld ist da. Gleichzeitig sträubt sich die SPD gegen die völlige Abschaffung des Soli, die auch nicht in der Koalition verabredet ist. Die Kürzungen im Wehretat und bei den Ausgaben für Entwicklungspolitik nähren den Verdacht: Das Finanzministerium ist die Wahlkampfzentrale der SPD.

Bei der Frage nach dem Geld spielt das Parteibuch keine Rolle

Dass sich jeder Bundesminister im Dienst seiner Partei profiliert, ist üblich. Dass Scholz obendrein gern Kanzler werden würde, ist kein Geheimnis. Wenn er aber seine Position im Kabinett parteipolitisch nutzt und internationale Vereinbarungen zur Finanzierung der Nato bewusst bricht, düpiert er die Verteidigungsministerin und die Kanzlerin. Er schadet damit dem deutschen Ansehen.

Weniger parteipolitisch motiviert ist Scholz’ Versuch, die Finanzhilfen des Bundes für die Integration von Flüchtlingen zu kürzen. Das war absehbar, aber wenn es darum geht, dem Bundesfinanzminister Geld abzunehmen, stehen alle Ministerpräsidenten zusammen, egal welches Parteibuch sie haben.

Diese Erfahrung hat Wolfgang Schäuble gemacht, sie bleibt auch Olaf Scholz nicht erspart, der als Bürgermeister lange Länderinteressen vertreten hat. Die gute Nachricht für alle Beteiligten ist aber: Nicht der Finanzminister beschließt den Haushalt, sondern der Bundestag. Änderungen sind noch immer möglich.