Berlin. Finanzminister Olaf Scholz wünscht sich einen Etat ohne neue Schulden. Am Mittwoch stellte er im Kabinett seine Haushaltspläne vor.

Das Bundeskabinett hat die Eckwerte für den Haushalt 2020 und den Finanzplan bis 2023 beschlossen. Für das kommende Jahr plant Scholz Ausgaben in Höhe von knapp 363 Milliarden Euro, ein Plus von 1,7 Prozent. Wie in den Vorjahren auch will der Bund keine neuen Schulden machen. Bis zur endgültigen Verabschiedung durch Bundestag und Bundesrat dauert es dann fast bis zum Jahresende.

Einzelne Ressorts sollen nach den Eckwerten des Etats nicht so viel zusätzliches Geld bekommen wie gefordert, das gilt etwa für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Der kleinerer Etat für das Verteidigungsministerium führte gar zu Rücktrittsspekulationen von Ministerin von der Leyen.


Haushalt 2020 – Wer was bekommen soll


• Soziales: Den größten Batzen im Etat bekommt laut Vorlage Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD). Für Zuschüsse zu Wohnkosten und Hartz-IV-Leistungen sind im kommenden Jahr 26,4 Milliarden Euro eingeplant, 27,8 Milliarden bis 2023. Für die Grundsicherung im Alter sind 7,8 Milliarden Euro vorgesehen, 2023 dann 9,3 Milliarden. Die von Heil propagierte Grundrente ist noch nicht veranschlagt, weil bislang kein Gesetzentwurf auf dem Tisch liegt. Diese ist Teil einer größeren Diskussion, so bringt etwa CSU-Chef Söder seinen eigenen Vorschlag zur Grundrente ein.

Wollte mehr, als sie bekommt: Verteidigungsministerin Uruslua von der Leyen.
Wollte mehr, als sie bekommt: Verteidigungsministerin Uruslua von der Leyen. © Reuters | FABRIZIO BENSCH

• Verteidigung: Für den Wehretat sind zwei Milliarden Euro mehr eingeplant als im laufenden Jahr – weniger als von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gefordert. Das birgt Konfliktstoff insbesondere im Verhältnis zu den USA. Deutschland hat sich wie die anderen Nato-Verbündeten verpflichtet, dass die Verteidigungsausgaben sich bis 2024 in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bewegen sollen. Für 2020 sind 1,37 Prozent anvisiert, laut Finanzplan soll die Quote bis 2023 sogar auf 1,25 Prozent sinken.

Entwicklung: Die Ausgaben für Entwicklung bleiben 2020 auf dem Niveau von 2019. Für humanitäre Hilfe – etwa bei Naturkatastrophen – und Krisenprävention sind bis 2023 zusätzliche 5,1 Milliarden Euro eingeplant.

Verkehr: Die Verkehrsinvestitionen sollen auf das Rekordniveau von 16 Milliarden Euro steigen – also etwa für den Bau und den Erhalt von Straßen. Auch die Schiene soll gestärkt werden.

Flüchtlingskosten: Scholz will den Bundeszuschuss zu den Flüchtlingskosten deutlich reduzieren. Dabei geht es etwa um eine Integrationspauschale und die Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge. Bisher gibt der Bund 4,7 Milliarden Euro pro Jahr, will dies aber auf rund 1,3 Milliarden Euro senken.

Inneres: Auch hier steigen die Ausgaben. Für die innere Sicherheit sind jährlich rund 5,8 Milliarden Euro eingeplant. Der soziale Wohnungsbau schlägt 2020 und 2021 mit je einer Milliarde Euro zu Buche.

Kohleausstieg: Bis Ende 2038 soll Deutschland aus der Kohle raus – so hat es eine Regierungskommission vorgeschlagen. Die Bundesregierung arbeitet daran, das Konzept nun umsetzen. Der Ausstieg kostet Milliarden, für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen wie der Lausitz, Entschädigungen für Kraftwerksbetreiber und Ausgleichsmaßnahmen im Falle höherer Strompreise. Kohleausstieg: Industriepräsident Kempf sieht „große Risiken für den Standort“.

Finanzminister Scholz verteidigt Pläne gegen Kritik

Bundesfinanzminister Olaf Scholz verteidigte seine Pläne gegen Kritik. „Wir können nicht alles finanzieren, was man sich wünscht, aber ziemlich viel“, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Berlin. „Wir setzen das um, was wir den Bürgerinnen und Bürgern versprochen haben.“

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland sei zwar weiterhin gut, dennoch würden die Steuereinnahmen künftig weniger stark wachsen, sagte Scholz. Schwerpunkte wolle er bei Ausgaben zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts setzen.

Die Regierung setze Prioritäten, sagte Scholz. Zugleich werde massiv investiert: „Keine Bundesregierung hat je mehr Geld für Investitionen in die Hand genommen.“ So wolle die Koalition den Ausbau etwa der digitalen Infrastruktur vorantreiben.

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Soli-Zuschlag wird 2021 für die meisten Zahler abgeschafft

Von einer abermaligen Erhöhung des Kindergeldes im Jahr 2021 sollen vor allem Familien mit geringen und mittleren Einkommen profitieren. Der wirtschaftliche Erfolg in Deutschland müsse bei allen ankommen. Zugleich wolle die Regierung durch gezielte Förderungen mehr bezahlbare Mietwohnungen schaffen.

Außerdem soll 2021 wie im Koalitionsvertrag vereinbart der Solidaritätszuschlag für 90 Prozent der Zahler abgeschafft werden – die Union will allerdings einen kompletten Abbau.

Entwicklungsminister Müller protestiert mit Protokollnotiz

Kritik schlug Scholz innerhalb der Bundesregierung vor allem von seinen Unionskollegen entgegen. So gab Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) beim Beschluss im Kabinett eine Protokollnotiz ab, um dagegen zu protestieren, dass Scholz den Etat seines Ministeriums für 2020 auf dem Niveau von 2019 einfrieren will.

2021 soll er sogar sinken, womit Deutschland erneut die vereinbarte ODA-Quote verfehlt. Dabei geht es um Entwicklungsausgaben im Verhältnis zum Bruttonationaleinkommen, einer bestimmten Messgröße der Wirtschaftsleistung. Entwicklungsorganisationen reagierten empört. Scholz wies hingegen darauf hin, dass Deutschland weltweit zweitgrößter Geber bleibe.

Von der Leyen sieht „Licht und Schatten“ im Etat

Verteidigungsministerin von der Leyen selbst sprach am Mittwoch von „Licht und Schatten“. Zwar steige der Verteidigungshaushalt 2020 mehr als doppelt so stark wie der Gesamtetat, auch die Nato-Quote steige – der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt. In der mittelfristigen Finanzplanung aber solle die Nato-Quote wieder sinken. Das bedeute für das Verteidigungsministerium, dass es wieder „kämpfen“ müsse.

Von einem guten Ergebnis sprach hingegen Horst Seehofer (CSU). Dessen Ministerium für Inneres, Bau und Heimat soll erstmals mehr als 16 Milliarden Euro erhalten, 1,4 Milliarden Euro mehr als für dieses Jahr eingeplant.

(dpa/jb/moi)