Berlin . Die Union ist sauer, weil SPD-Minister Scholz im Haushalt 2020 für die Bundeswehr nicht so viel Geld wie gewünscht lockermachen will.

Wer von Olaf Scholz einen Termin für ein Abendessen bekommt, darf sich freuen. Zum einen ist der Finanzminister entgegen seines Images ein anregender Gesprächspartner. Zum anderen gilt der Sozialdemokrat als eher großzügiger Gastgeber: „Wenn wir mit Freunden essen gehen, wird die Rechnung im Restaurant nicht geteilt“, sagte Scholz einmal über sich.

Am Donnerstag beim Treffen der Koalitionsspitzen in einem Konferenzraum des Bundestages ließ der deutsche Schatzkanzler die Spendierhosen aber bewusst zu Hause. Zum großen Verdruss der Minister von CDU und CSU hat Scholz viele Ausgabenwünsche für den Haushalt 2020 abgelehnt, dessen Eckwerte am kommenden Mittwoch im Kabinett beschlossen werden sollen.

Seine Begründung: Die „fetten Jahre“ seien vorbei. Die Konjunktur kühlt ab, der Export schwächelt, ein harter Brexit und drohende US-Zölle auf deutsche Autos könnten die Industrie ins Mark treffen.

Hauptleidtragende ist Ursula von der Leyen

Der Koalitionspartner Union weiß das alles. Der Ärger ist dennoch gewaltig. CDU und CSU unterstellen Scholz, dieser lasse nur „schwarze“ Ministerien bluten. Die Grundrente von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), die fünf oder mehr Milliarden Euro pro Jahr kosten könnte, erkläre Scholz für sakrosankt und bezahlbar.

Diese Ausgangslage überschattete jetzt die gemeinsame „Geburtstagsfeier“ der Partei- und Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD. Denn am Donnerstag vor einem Jahr, am 14. März 2018, war Angela Merkel zum vierten Mal als Kanzlerin vereidigt worden.

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Als Hauptleidtragende der Scholzschen Hartleibigkeit gilt Ursula von der Leyen. Die Verteidigungsministerin von der CDU, die einen Untersuchungsausschuss wegen sündhaft teurer Unternehmensberater und das Millionendebakel bei der Sanierung des Marine-Segelschulschiffs „Gorch Fock“ am Hals hat, wird 2020 deutlich weniger Geld für die Bundeswehr als von ihr gewünscht bekommen.

Sie wollte von Scholz 47,2 Milliarden Euro haben – er will aber „nur“ 44,7 Milliarden Euro herausrücken. Im Finanzministerium wird darauf hingewiesen, dass der Wehretat keineswegs zu kurz komme. So waren die Ausgaben 2019 gegenüber 2018 bereits von 38,5 Milliarden auf 43,3 Milliarden Euro gestiegen.

Deutschland kann Versprechen gegenüber der Nato nicht einhalten

Scholz’ Absage an von der Leyen besitzt aber internationale Sprengkraft. Kanzlerin Merkel und von der Leyen hatten sich mehrfach dazu bekannt, dass Deutschland bis 2024 seine Ausgaben für Verteidigung zumindest auf 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung steigert. Selbst das ist noch deutlich vom angestrebten Ziel der Nato-Staaten von 2,0 Prozent entfernt. Nach den mittelfristigen Plänen von Scholz wird die Quote aber bis 2023 bei etwa 1,31 Prozent verharren.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Henning Otte, übte scharfe Kritik an Scholz: „Wenn der Finanzminister aus parteipolitischer Taktik hiervon abweicht, gefährdet das die Sicherheit Deutschlands und unsere Glaubwürdigkeit in unseren Bündnissen.“ CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer bezeichnete Scholz unlängst als „schlechten Finanzminister“.

In SPD-Kreisen wird das süffisant gekontert. Der Koalitionspartner mache gerade eine Lernkurve durch – schließlich sei CDU-Kassenwart Wolfgang Schäuble früher mit den Sozialdemokraten nicht anders umgesprungen. Dafür bremste jetzt CSU-Chef Markus Söder Scholz bei der Reform der Grundsteuer erst einmal aus. Der bayerische Ministerpräsident legte ein Veto ein.

Keine Einigung bei der Grundrente

Führende Wirtschaftsexperten sehen Schwarz-Rot generell auf falschem Weg: „Wenn man der Meinung ist, dass Wachstum wichtig ist und nur verteilt werden kann, was vorher erwirtschaftet wird, dann ist es allerhöchste Zeit, diese Politik zu ändern“, sagte der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, unserer Redaktion.

Es sei höchste Zeit, den Schwerpunkt wieder auf das Wachstum zu verlagern – von der Steuerpolitik bis hin zu Infrastrukturmaßnahmen. Eine Grundrente hält Fuest für sinnvoll, allerdings nur mit einer Prüfung der Bedürftigkeit, die die SPD bislang ablehnt. Die Politik sollte sich auf die wirklich Bedürftigen konzentrieren, so Fuest.

Die Grundrente spielte beim Koalitionstreffen am Abend zwar eine Rolle. Doch Geburtstag hin oder her, einigen konnte man sich nicht.