Am Landgericht wurde die Klage der privaten Konzertveranstalter gegen die städtische Elbphilharmonie-Intendanz verhandelt.

Hamburg. Am Ende gab es bei den Klägern im Landgerichtssaal B335 betretene Gesichter. Die Richter hatten gerade verkündet, dass sie der Klage des Verbands der deutschen Konzertdirektionen (VDKD) gegen Hamburg und die HamburgMusik gGmbH keine Chancen einräumten. Doch die Kläger wollen ein Urteil und erhalten es am 22. Dezember. Es geht um die Frage: Sind die Subventionen, mit denen die Stadt Hamburg die hauseigenen Konzerte in der Laeiszhalle - und irgendwann in diesem Jahrhundert wohl auch in der Elbphilharmonie - fördert, unlautere Mittel zum Zweck der Verdrängungsabsicht? Sollen "Kampfpreise" privatwirtschaftliche Konzertanbieter erledigen?

Auslöser waren die "Nordic Concerts", eine Reihe mit skandinavischen Orchestern, in der vor allem die Konzertdirektion Dr. Goette eine unfaire Konkurrenz zu ihren Gastspielen sah, und die "Stimmwelten"-Reihe mit anspruchsvollen Vokal-Abenden, die mit ihren "Kampfpreisen" den "Voices"-Opernhit-Abenden des DEAG-Ablegers Elbklassik nach zwei Spielzeiten ein unfreiwilliges Aus beschert haben soll.

+++ Kommentar: Klassische Zwickmühle +++

Tonangebend im Streit sind die kollidierenden Charaktere: einerseits Intendant Christoph Lieben-Seutter, der als Import aus dem Klassik-Paradies Wien in Hamburg schmerzhaft mit der lokalen Wirklichkeit vertraut gemacht wurde. Er hat in der Laeiszhalle das Sagen und gleichzeitig seit Jahren bei der Elbphilharmonie das Nachsehen. Für seine Konzerte (die realen und jene, die er immer wieder verschieben oder absagen muss) erhält er Subventionen, er ist, kulturpolitisch gewollt, ständig auf der Suche nach neuem Publikum. Auf der anderen Seite der Frontlinie stehen Impresarios, die ganz anders kalkulieren müssen als ein subventionierter Veranstalter. Aber von den Zuhörern, die dieser für seine Angebote gewinnen kann, profitieren auch die "Konkurrenten", ohne dass sie als Mieter der Bühnen direkt in solche Aufbauarbeit investieren müssten.

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In Hamburg gibt es traditionelle Marktführer, allen voran die Konzertdirektion Dr. Goette, die mit ihren "Pro Arte"-Stars den Markt formten und bestimmten. Die Laeiszhalle war jahrzehntelang nur Abspielstätte ohne eigenen kulturpolitischen Auftrag, ohne eigenes Spielgeld. Seit diese Zeiten vorbei sind, eskaliert der Streit.

In vielen anderen Städten wäre eine derartige Klage undenkbar, dort ist das Verhältnis der Anbieter deutlich harmonischer. Man kooperiert, man verträgt sich. Man weiß, was man voneinander hat. Als 2002 ein ähnlicher Streit in Berlin verhandelt wurde, zog der VDKD den Kürzeren. Weil alles so verfahren ist, sind die 220 VDKD-Mitglieder durchaus uneinig darüber, ob man sich mit der sehr lokalpolitisch wirkenden Klage in Hamburg einen Gefallen für den Rest der Republik tut.

In einer früheren Spielzeit hatten die Kontrahenten Dr. Goette und Lieben-Seutter sogar bei Konzerten kooperiert. Das macht die Sinnhaftigkeit dieses Rechtsstreits auch nicht erkennbarer. Einer der Richter sagte zu den "Kampfpreisen": "Es will noch nicht so ganz in meinen Kopf, dass dieser Markt allein über den Preis funktioniert."