In vier wichtigen Bereichen des Jahrhundertbauwerks wird derzeit nicht mehr gearbeitet. Jetzt fordert der Baukonzern Hochtief eine völlige Neuordnung des Projektes. Das Abendblatt dokumentiert die wichtigsten Streitpunkte

Hamburg. Was, bitte? "Eine Baswaphondecke", sagt Thomas Möller. "Können Sie das noch mal wiederholen?" Ja, natürlich kann der Chef der Hamburger Hochtief-Niederlassung den rund 20 Mitgliedern des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Elbphilharmonie im Saal 151 des Rathauses an diesem Montagabend die besondere Deckenverkleidung in dem Konzerthaus noch einmal erklären.

Das Komische ist nur, dass Möller den Abgeordneten an einem Beispiel eigentlich deutlich machen sollte, wie es dem Essener Baukonzern gelungen war, sein erstes 280-Millionen-Euro-Angebot für das Jahrhundertbauwerk vom 15. September 2006 innerhalb von zwei Monaten um 40 Millionen Euro zu senken. Nämlich auch dadurch, dass die ursprünglich geplanten Abhangdecken in wesentlich billigere Streckmetalldecken geändert worden sind.

Und nun also Baswaphondecken? Ja, sagt Möller und erntet staunende Blicke aus der Runde, jetzt werde eben auf Wunsch des Bauherrn eine Decke installiert, die noch teurer ist als die ursprünglich kalkulierte Abhangdecke. Mit der Folge, dass alles neu berechnet werden muss: Beleuchtung, Elektrik, Leitungen, Kühlung, Brandmelder. Das also, erfahren die Abgeordneten, ist eine dieser vielen nachträglichen Leistungsänderungen. Erwähnt werden muss auch, dass diese akustisch so wertvolle Decke nicht etwa für den Großen Konzertsaal geplant ist. Sondern im Backstage-Bereich (also im nicht öffentlichen Bereich hinter der Bühne).

Auf jeden Fall sind die Parlamentarier der Aufklärung des Rätsels, warum die Elbphilharmonie so viel teurer werden wird, als ihnen anfänglich versprochen wurde, an diesem Abend wieder einen Schritt nähergekommen.

Es soll Hamburgs neues Wahrzeichen werden. Ein Jahrhundertbauwerk, das die Stadt zum Magneten für Touristen und Kulturliebhaber aus aller Welt macht. Doch momentan stehen auf der Baustelle an sämtlichen wichtigen Stellen die Räder still. Und das, unbemerkt von der Öffentlichkeit, teilweise schon seit Monaten. Es wird gestritten, es werden Gutachter eingeschaltet und Gegengutachter beauftragt. Was es schon lange nicht mehr gibt, ist der normale Umgang miteinander. 9490 durch den Bauherrn, die städtische Realisierungsgesellschaft Rege, angezeigte Mängel stehen 350 Bedenkenanzeigen des Baukonzerns gegenüber. Das Verhältnis zwischen der Stadt als Auftraggeber, den Schweizer Generalplanern von Herzog & de Meuron sowie dem Baukonzern Hochtief ist desolat.

Das ist dramatisch, weil es den Steuerzahler am Ende mehr kostet als die bisher vom Parlament bewilligten 323 Millionen Euro, wenn keine Partei neue Vorschläge für eine konstruktive Zusammenarbeit macht.

Möller benutzt im kleineren Kreis immer öfter das Wort vom Gefangenendilemma. Alle Parteien wissen, dass sie Fehler gemacht und sozusagen schuldig geworden sind. Doch keiner gibt seine Fehler zu, um nicht haftbar gemacht zu werden - wohl wissend, dass dadurch der Gesamtschaden immer größer wird.

Das Abendblatt dokumentiert an vier Punkten die verkantete Lage.

1. Der Streit um die Verkleidung der 80-Meter-Rolltreppe

Die sogenannte "Tube" ist ein weltweit einmaliges Kunst-Stück. Die Fahrtreppe führt die Besucher vom Erdgeschoss in das sechste Stockwerk. Im oberen Bereich ist die Tube gekrümmt, sodass die Gäste mit einem erhabenen Gefühl auf der Aussichtsplattform ankommen, wo sich ihnen ein atemberaubender Blick über die Elbe bietet. Den Auftrag für das Verputzen der Röhre hat Hochtief an einen Nachunternehmer vergeben. Der Generalplaner hatte vorgegeben, dass aus optischen Gründen die gesamte Fläche aus einer Art durchgehendem Glaspailletten-Putz bestehen soll - ohne sichtbare Dehnungsfugen.

Mittlerweile sind in der Putzschicht Hunderte von Rissen aufgetaucht. Was nun? Hochtief sagt: Es handele sich um einen Mangel, die Ursache dafür liege in der Planung der Schweizer Architekten, weil die geplante Konstruktion den Anforderungen von zum Beispiel wechselnden Temperaturen nicht gerecht wird. Hochtief hat ein Beweissicherungsverfahren angestrengt, um nunmehr gerichtlich klären zu lassen, ob es sich um einen Planungs- oder einen Ausführungsmangel handelt. Denn die Stadt habe dem seitens des Nachunternehmers vorgelegten Sachverständigengutachten keinen Glauben geschenkt und auch ein Schiedsgerichtsverfahren abgelehnt.

Nach eigener Darstellung hat die Rege bereits Ende 2009 auf eine deutliche Rissbildung im Putz hingewiesen. Die Stadt erwartet von Hochtief eine umgehende Mängelbeseitigung: "Hochtief scheint zu erwägen, mit zusätzlichen Dehnungsfugen zu arbeiten. Das kann jedoch keine Lösung sein, weil damit die optische und architektonische Qualität der Tube massiv beeinträchtigt werden würde. Die Stadt wird jedoch nicht von den eingekauften hohen Qualitäten abrücken, nur weil Hochtief bei der Planumsetzung auf Probleme stößt", heißt es.

Doch damit ist, wann auch immer die gerichtliche Entscheidung fällt, das Problem der 650 000 Euro teuren Verkleidung nicht aus der Welt. Denn Hochtief will die Fehler zwar beheben, weigert sich aber, exakt den gleichen Putz noch einmal so aufzubringen. Der zeitliche Verzug dieses Problems beträgt mittlerweile mehr als 18 Monate. Ende völlig offen.

2. Der Streit um die Dachstatik des Großen Konzertsaals

Das Dach des Großen Konzertsaals ist die größte statische Herausforderung des gesamten Bauwerks. Worum geht der Streit? Ein Nachunternehmer der Schweizer Generalplaner Herzog & de Meuron hat das erste statische Modell für das hochkomplexe Tragwerk des Großen Konzertsaals aufgestellt. Hochtief hat daraufhin Bedenken angemeldet, "die durch den Aufsteller nicht ausgeräumt werden konnten". Möller sagt: "Wir haben natürlich immer parallel mitgerechnet. Das ist für uns in so einem Fall normal."

Normal und gesetzlich vorgeschrieben ist ebenfalls, dass die erste Statik dann von einem unabhängigen Prüfstatiker nachgerechnet wird. Möller: "Dieser hat uns in vielen Fällen recht gegeben, indem die erste Statik im Zuge dieser Prüfung erheblich und weit über ein übliches Maß hinaus nachgebessert wurde." Möller nennt ein Beispiel: So seien zuerst zwei Reihen Kopfbolzendübel, die im Stahlbau gängigste Art der Verankerung von Stahl und Beton, zur Kraftübertragung eingeplant worden. "Nach der Nachbesserung durch den Prüfstatiker wurden daraus zum Teil vier Reihen oder mehr - für die gleiche Fläche", sagt Möller. Sein Fazit: Der Prüfstatiker habe durch die Fülle der Änderungen quasi ein zweites statisches Modell erstellt. Und sei damit nicht mehr der eigentlich geforderte unabhängige Prüfstatiker.

Die Berechnungen von Hochtief kommen zu einem Modell Nummer drei. Mit dem Ergebnis, dass es bei der momentanen Lastenverteilung nicht auszuschließen sei, dass einzelne Stahlstäbe ab einer gewissen Lastenverteilung versagen. Hochtief sagt, sie habe sich für ihre Berechnungen externen Sachverstandes von hochkarätigen Gutachtern bedient.

Der Streit zieht sich jetzt seit Mitte 2009 hin. Vor acht Wochen hat Hochtief darum gebeten, die Baubehörde als neutralen Prüfer einzuschalten. Diese besorgte sich eine Stellungnahme des Prüfstatikers und befand dann: Alles in Ordnung. Daraufhin forderte Hochtief von der Rege: Gebt uns die vollständigen Berechnungen des Prüfstatikers, die der Behörde übergeben wurden, damit wir prüfen können, ob damit unsere Bedenken endgültig ausgeräumt werden. Möller: "Die Rege behauptet schon seit einem Jahr, über Unterlagen zu verfügen, die zeigen, dass unsere Bedenken unbegründet sind. Trotz wiederholter Aufforderung haben wir bis heute nichts bekommen. Auch jetzt will man uns die Berechnungen nicht geben."

Am 20. September dieses Jahres hat Hochtief den Bauherrn und die zuständige Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) darüber informiert, dass man die Arbeiten am Saaldach Mitte Oktober aus Sicherheitsgründen einstellen werde, wenn bis dahin die Bedenken nicht ausgeräumt worden seien. Grund für die Entscheidung ist die vorliegende Statik des Daches, welche "die Standsicherheit nicht ausreichend nachweist". Hochtief will "vor diesem Hintergrund die Verantwortung für eine Fortsetzung der Arbeiten nicht übernehmen".

Zurzeit lagert eine gewaltige Stahlkonstruktion, über die sich eine Betonschale wölbt, auf 21 sogenannten Auflagern. Im nächsten Schritt sollen sieben Auflager davon "lastfrei" gesetzt werden, was bedeutet, dass die restlichen 14 Auflager die zusätzlichen Lasten übernehmen müssen. Dieser Absenkungsprozess - ein extrem komplexer Bauvorgang - der nach und nach erfolgt, steht jetzt an. Doch Hochtief weigert sich abzusenken, weil die Statiker des Konzerns nach wie vor nicht ausschließen wollen, dass es aufgrund der Lastenverteilung zu einzelnen Stabbrüchen kommen könnte. Als Hochtief vom Bauherrn angewiesen worden ist, abzusenken, "war für uns der Spaß vorbei", so Möller. "Wir werden erst absenken, wenn unsere Bedenken ausgeräumt worden sind."

Ein erstes Krisentreffen, das für den 24. Oktober angesetzt gewesen ist, sei von dem Bauherrn abgesagt worden. Nun ist ein nächstes Treffen für den 10. November terminiert.

Die Rege sagt: "Wir hatten Hochtief zu einem Klärungsgespräch für den 13.10. eingeladen. Diesen Termin konnte Hochtief nach eigenen Angaben nicht wahrnehmen. Hochtief hat uns daraufhin den 26.10. vorgeschlagen, der unseren Experten nicht möglich war. Wir haben uns anschließend gemeinsam auf den 10.11. geeinigt."

Auch bei der Dachstatik lautet der Vorwurf des Baukonzerns an den Generalplaner: Ihr müsst etwas planen, was auch herstellbar ist! Hochtief will jetzt statisch nachrüsten: "Wenn später alles gebaut ist, wird die Sanierung immer schwieriger. Schon jetzt besteht die Gefahr von horrenden Kosten, wenn die betonierten Flächen aufgerissen werden müssen", sagt Möller. Der Vorwurf von Hochtief-Sprecher Bernd Pütter an den Bauherrn lautet: "Unsere Bedenken hinsichtlich der Tragsicherheit werden nicht ernst genommen." Und weiter: "Warum sollten wir hier taktische Spielchen betreiben? Es liegt doch auch in unserem Interesse, so schnell wie möglich zu bauen. Und warum hält die Rege die Unterlagen zurück, wenn diese doch unsere Bedenken ausräumen können?"

Die Rege sagt, Hochtief sei im Besitz aller notwendigen Unterlagen und der erforderlichen Planfreigaben. Und weiter: "Wir stehen Hochtief selbstverständlich in Expertengesprächen mit unserem Know-how zur Verfügung. Deswegen ist eine formale Übergabe von weiteren Planunterlagen weder geschuldet noch notwendig."

3. Der Streit um die historische Fassade des Kaispeichers A

Als Ende August 2011 das Gerüst um den Kaispeicher A abgebaut wurde, dachten viele Passanten, dass die Arbeiten in diesem Bereich nun wohl beendet seien. Das Gegenteil ist der Fall. Der scheinbare Fortschritt ist in Wahrheit der sichtbare Höhepunkt eines Streits, der seit rund zwei Jahren anhält.

Das Problem mit der Bestandsfassade des 1966 fertig gestellten Kaispeichers A liegt mindestens seit dem 21. Dezember 2009 auf dem Tisch. Damals monierten die Architekten eine "Verunreinigung" der alten roten Ziegel mit Zementschlämmen und forderten von Hochtief ein Sanierungskonzept. Doch die anschließende Reinigung war den Qualitätskommissaren zu rabiat, sie beschädige die Fassade noch weiter. In einem Sachstandsbericht vom 11. Mai 2010 notierten die Generalplaner, dass die "Zerstörungen" weitergingen. Auf einer "Schadenskartierung" werden "Zementläufer, abgeschliffene Ziegeloberflächen und Auslaugungen" dokumentiert. Als Beweise für die Zerstörungen sind Fotos beigefügt, auf denen Arbeiter die Fassade maschinell abschleifen und aufstemmen. Wegen der Schäden an dem Mauerwerk sei auch dessen Frostsicherheit nicht mehr gegeben. "Hochtief muss die Backsteinfassade des Kaispeichers instand setzen", teilte die Rege gestern mit. Obwohl man sich auf ein Konzept dazu geeinigt habe, "verweigert Hochtief die Beseitigung und benennt stattdessen neue, zusätzliche Mängel, für deren Beseitigung die Stadt verantwortlich sei".

Diese Darstellung empfindet der Baukonzern als Frechheit. Er schildert den Fall völlig anders: Demnach begannen die Probleme mit der Fassade damit, dass erst im Laufe der Bauarbeiten festgestellt wurde, dass die Fassade nicht zweischalig (also mit einem Hohlraum zwischen zwei Mauerschichten), sondern nur einschalig ist - ein schönes Indiz dafür, mit welcher Eile das Projekt 2007 gestartet wurde. Das Konzept zum Schutz vor Feuchtigkeit war damit hinfällig und wurde überarbeitet. Der entkernte Speicher erhielt nun von innen eine neue Dämmung und sollte von außen "hydrophobiert" werden - ein Verfahren, um das Eindringen von Feuchtigkeit ins Mauerwerk und damit auch Frostschäden zu verhindern. Doch da die Fassade des entkernten Speichers zeitweise von beiden Seiten der Witterung ausgesetzt war, drang zunächst wieder Wasser ein. Seit der Innenraum ausgebaut und wieder trocken ist, dringe die Feuchtigkeit inklusive der enthaltenen Mineralien halt wieder nach außen, erklärt Hochtief. Bei den "Verunreinigungen" handele es sich also überwiegend um "Ausblühungen", wie sie jeder Häuslebauer kenne. Die anderen Schäden an der Fassade hätten nichts mit den Arbeiten zu tun. Beides sei gutachterlich belegt. Die Stadt erkenne diese Kausalität aber nicht an, verweigere die Herausgabe von Unterlagen zu ihren eigenen Erkenntnissen und treffe keine Entscheidung. Der Baukonzern würde das rote Mauerwerk am liebsten abtragen und neu aufbauen. "Aber die Architekten wollen unbedingt die Patina der alten Fassade erhalten", sagt Möller. Seit Mai 2010 gebe es keine Entscheidung. Im August 2011, nach eineinhalb Jahren Streit, hatte Hochtief dann die Faxen dicke und baute zumindest das Gerüst vorerst ab. Denn das kostet rund 3000 Euro pro Woche - das Geld kann man sparen, solange sich an der Fassade ohnehin nichts tut.

4. Der Streit um die technische Gebäudeausrüstung (TGA)

Mit Schreiben vom 30. September hat Hochtief mitgeteilt, "die weitere Erstellung der Ausführungsplanung TGA komplett einzustellen". Die Formulierung im aktuellen Sachstandsbericht des Senats an die Bürgerschaft lässt zwar erahnen, dass es bei der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA - etwa Elektrik, Lüftung, Rauchmelder) mächtig knirschen muss. Wie dramatisch es tatsächlich ist, geht daraus aber kaum hervor. Seit rund einem Jahr tut sich in diesem Bereich so gut wie nichts mehr, und nach Einschätzung von Hochtief-Chef Möller würde es mindestens weitere vier Monate dauern, den Prozess wieder in Gang zu bringen. Eineinhalb Jahre Verzögerung bei einem 500-Millionen-Euro-Projekt - die Kosten dieses Streitpunkts werden so oder so enorm sein. Fraglich ist nur noch, wer sie tragen muss.

Denn auch im Bereich Haustechnik stehen sich die Parteien unversöhnlich gegenüber. Grundsätzlich sind die Bereiche TGA und Tragwerk eine Ausnahme auf der Baustelle. Denn während der Generalplaner Herzog & de Meuron für alle anderen Bereiche außer der Objekt- und Entwurfsplanung auch die Ausführungsplanung macht, liegt diese beim Tragwerk und der TGA bei Hochtief. Und das führt nun zu aberwitzigen Verwicklungen. Kurz gesagt, werfen sich beide Seiten vor, nicht weiterplanen zu können, weil der jeweils andere seine Pläne nicht liefert oder verspätet oder mangelhaft. Wirklich verständlich wird der Schlamassel erst an zwei Beispielen.

Die Baswaphondecke: Nachdem die ersten Pläne für die Abhangdecke im Backstage-Bereich (rund 3500 Quadratmeter Deckenfläche) als zu teuer verworfen worden waren, wurde die Planung auf eine sogenannte Streckmetalldecke umgestellt. Das blieb auch mit der bis dato letzten Vertragsänderung ("Nachtrag 4") im Herbst 2008 so. Kurz darauf wünschten sich die Architekten dann jedoch eine Konstruktion der Schweizer Firma Baswa. Ihre Decken bestehen aus Gipskarton, der mit einer mineralischen Oberfläche fugenfrei beschichtet wird - das soll beste Raumakustik garantieren. Warum das außerhalb der Konzertsäle nötig ist, lässt sich wohl nur mit dem Anspruch der Planer begründen, nichts weniger als Weltarchitektur zu verwirklichen.

Dass allein das Material dieser Decken mindestens das Doppelte der eigentlich vereinbarten Lösung kostet, ist dabei noch das kleinste Problem. Viel schwerer wiegt, dass die Montage der Hightechdecken nach Hochtiefberechnungen elfmal so lange dauert wie die einer Metallkonstruktion - mit dieser Warnung war die Baufirma schon Anfang 2010 zum ersten und bislang letzten Mal an die Öffentlichkeit gegangen. Es ist nur eine Randnotiz, warum sie das so selten tut: weil es ihr bei Strafandrohung durch die Stadt verboten ist.

Zurück zur Baswaphondecke: Unter ihr ist gut ein Viertel weniger Hohlraum - der aber ohnehin vollgestopft ist mit Technik. Das bedeutet: Elektrik, Sprinkleranlage, Lüftung, Rauchmelder, Audio-Video-Trassen, Kühlung - alles muss neu geplant werden. Eine Kettenreaktion, die enorm viel Zeit und damit Geld kosten wird.

Laut Rege wurde dagegen "aus Kostengründen" vorgeschlagen, "auf die Metalldecke zu verzichten und sämtliche Funktionen in einer Decke, der Baswaphondecke, zu sammeln". Dass Hochtief deswegen eine komplett neue Entwurfsplanung erwarte, sei "weder nachvollziehbar noch angemessen".

Auch das Brandschutzkonzept ist umstritten: Die erste Version der Stadt wurde wegen Bedenken von den Behörden nicht genehmigt. Die "3. Revision des Brandschutzkonzepts" erhielt Hochtief erst am 17. Oktober. Mal davon abgesehen, dass der neue Text nicht mehr 100, sondern nun 179 Seiten lang ist, hatte der Baukonzern seine TGA-Ausführungsplanung auf Grundlage des bis dahin gültigen Brandschutzkonzepts erstellt. Der mit der Stadt in einem Boot rudernde Generalplaner hatte hingegen bereits auf Basis der neuen Version weitergeplant - und nun passen die Pläne nicht mit denen von Hochtief zusammen. Die Planungen ruhen, die Arbeiten ruhen - nur für die Folgen will niemand einstehen.

TGA - das steht derzeit nur für Total Gegensätzliche Ansichten.

"Wir bauen an der Elbphilharmonie jetzt seit fünf Jahren", sagt Hochtief-Sprecher Bernd Pütter. "Da müsste der Bauherr der Öffentlichkeit vielleicht auch einmal erklären, warum in vielen Bereichen immer noch geplant wird."

Pütter stört, dass nicht in Lösungen gedacht wird. "Wir brauchen einen neuen Geist, wir müssen uns wieder zusammensetzen und miteinander sprechen, sonst geht es hier nicht weiter. Wir wünschen uns eine komplette Neuordnung für das Projekt Elbphilharmonie." Der Essener Konzern kann sich auch vorstellen, ab sofort die gesamte Planung zu übernehmen, wobei Herzog & de Meuron die künstlerische Oberleitung behalten würden. Was die Stadt dabei bedenken muss: Natürlich wäre dann das Risiko von Hochtief größer, und dieses würde sich der Konzern auch bezahlen lassen. Abzuwägen gilt, was am Ende teurer wird.