Die Bürgerschaft fügt außerdem das Elternwahlrecht nach Klasse vier wieder ein. Schulsenatorin hofft nun auf eine sachliche Diskussion.

Hamburg. Rund acht Wochen nach dem Volksentscheid gegen die Primarschule hat die Bürgerschaft das Schulgesetz dem Ausgang der Abstimmung angepasst. Nach dem Sieg der Reformgegner von der Initiative "Wir wollen lernen" strichen die Abgeordneten einstimmig die sechsjährige Primarschule aus dem Regelwerk und fügten das Elternwahlrecht bereits nach Klasse vier wieder ein. Außerdem legten sie fest, dass die 5. und 6. Klassen Teil der Gymnasien und Stadtteilschulen sind.

Mit der Novellierung des Schulgesetzes sei eine lange Debatte um die Schulstruktur zu einem Ende gekommen, sagte Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL). Sie hoffe nun, dass Gräben zugeschüttet werden und miteinander sachlich diskutiert werde. Gleichzeitig warnte sie: "Falls jetzt noch jemand vergangene Schlachten schlagen will, der kämpft alleine." Zuvor hatte bereits Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) in seiner ersten Regierungserklärung betont: "Hamburg braucht den Schulfrieden. Das sind wir unseren Kindern schuldig."

"Wir haben als Bürgerschaft den Volksentscheid verloren", sagte der GAL-Bildungsexperte Michael Gwosdz. Nun werde der Wille des Volkes umgesetzt. Er betonte: "Der Streit um die Primarschule ist beendet." Bei dem Referendum am 18. Juli hatten sich 276 304 Bürger gegen die von allen Fraktionen geplante Schulreform ausgesprochen. Nur 218 065 der fast 1,3 Millionen Wahlberechtigten sprachen sich dafür aus. Die Wahlbeteiligung beim ersten verbindlichen Volksentscheid der Hansestadt lag bei 39 Prozent.

"Vielleicht haben wir die Sorgen und Ängste vieler Eltern unterschätzt", sagte der CDU-Schulexperte Marino Freistedt. Er hoffe, dass nun mit der Gesetzesänderung Vertrauen geschaffen werde und wieder Ruhe und Sachlichkeit einkehre. Wünsche etlicher Bürger, die Gesetzesänderung noch etwas hinauszuzögern, wies der schulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ties Rabe, zurück: "Ein Volksentscheid ist keine Umfrage." Nun müsse die Qualität des Unterrichts verbessert werden. Außerdem müsse es vor allem für Kinder aus bildungsfernen Familien deutlich verbesserte Bildungschancen geben.

Aus Sicht der Linken-Fraktionsvorsitzenden Dora Heyenn ist der Wille des Volkes mit der Gesetzesänderung umgesetzt. Als gelungen bezeichnete sie, dass die umstrittenen Starterschulen jetzt auf jeden Fall weiterarbeiten können. Weniger glücklich sei die im Gesetz festgelegte Möglichkeit der Abschulung vom Gymnasium nach der sechsten Klasse. Das berge die Gefahr, dass die Stadtteilschule zu einer Art Resteschule werde, sagte Heyenn. Ungeklärt sei weiterhin auch die Bildungsgerechtigkeit.

Bis zuletzt hatten die Bildungspolitiker von CDU, SPD, GAL und Linken mit der Initiative "Wir wollen lernen" um Details der Gesetzesänderungen gerungen. Dabei setzte sich die Initiative weitgehend durch. Auf ihren Wunsch hin haben die Gymnasien einen von der Stadtteilschule abgegrenzten Bildungsauftrag. Die Beobachtungsstufe der Gymnasien (Klassen 5 und 6) bleibt nun doch bestehen. "Wir haben ein solides Fundament für langfristig erfolgreiche Schulen gelegt", sagte Initiativensprecher Walter Scheuerl.