Brandstiftungen beeinträchtigen das Sicherheitsgefühl massiv. Erste Nachbarschaften denken sogar schon über Streifengänge nach.

Hamburg. Meenkwiese, Langenhorner Chaussee, Sassenhoff, Mumsenstraße: Wieder reihen sich vier Straßennamen in die lange Liste der Schauplätze von Auto-Brandstiftungen in Hamburg ein. Fast 100 sind es bereits im laufenden Jahr. Ein Großteil der beunruhigenden Taten lässt sich keiner bestimmten Tätergruppe zuordnen - zu wenig differenziert erscheinen sie. Neben den wenigen offenbar politischen motivierten Brandstiftungen kristallisierten sich zuletzt kleinere Tatserien wie zum Beispiel in Hummelsbüttel heraus. Die Anstrengungen der Polizei, Autobrandstifter zu fassen, liefen zuletzt jedoch weitgehend ins Leere. Mit der Zahl der abgebrannten Fahrzeuge wächst die Verunsicherung der Autobesitzer. So wird das Problem der Polizei langsam auch zum Problem für den Senat.

An der Langenhorner Chaussee brannten ein Golf und ein Mercedes, die in einem Carport abgestellt waren. Einiges spricht dafür, dass diese Tat im Zusammenhang mit weiteren Brandstiftungen in der näheren Umgebung steht. Kurz nach den Autos wurden Gartenlauben angezündet. Ein Verdächtiger konnte gefasst werden, kam aber wieder auf freien Fuß. Ergebnislos verliefen die Fahndungen in den weiteren drei Fällen des Wochenendes: An der Straße Meenkwiese (Winterhude) brannte ein Passat, am Sassenhoff in Schnelsen versuchten Unbekannte, die Reifen eines VW Caddy anzuzünden, und in der Altonaer Mumsenstraße brannte ein Mercedes ab. Eine Zeugin sah zwei Männer flüchten. Nach ihnen fahndet die Polizei.

Die 15-köpfige Sonderkommission "Florian", die sich seit etwa zwei Wochen im Polizeipräsidium um die Brandserie kümmert, muss die jüngsten Taten bewerten, Spuren vergleichen und eventuelle Parallelen zu vorangegangenen Zwischenfällen herausarbeiten. Politische Hintergründe liegen in allen vier aktuellen Fällen nach ersten Erkenntnissen nicht vor.

Rund zehn Prozent der Autobrandstiftungen, so taxiert es die Polizei, werden aus politischen Motiven begangen. Für den Löwenanteil der Taten zeichneten zumeist junge Täter mit einem hohen Frustpotenzial und Spaß an der Zerstörung verantwortlich. Bei ihnen handelt es sich um Spontan- und Gelegenheitstäter. Doch es gibt inzwischen auch Serien, die vermutlich auf das Konto durchaus organisierter und professionell agierender Brandstifter gehen. So gab es in Hummelsbüttel und Poppenbüttel zuletzt mehrere Fälle, in denen Autos in Carports angezündet wurden. LKA-Chef Reinhard Chedor sagte dem "Spiegel": "Da steckt minutiöse Planung dahinter." Die Tatorte seien sorgfältig ausgewählt, vermutlich nach tagelanger Beobachtung. "Die überlassen nichts dem Zufall", so Chedor.

In Hummelsbüttel, wo die CDU seit jeher eine große Anzahl an Stammwählern hat, gibt es offenbar erste Nachbarschaften, die sich über abwechselnde nächtliche Kontrollgänge und Streifen Gedanken machen. Das Sicherheitsgefühl in den eher privilegierten Stadtteilen hat unter den Anschlägen mächtig gelitten - was Bürgermeister Ole von Beust und Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) alarmiert.

Für den SPD-Innenexperten Andreas Dressel ist das Problem indes "zum Teil hausgemacht". Die Präsenzstunden der Polizei auf den Straßen seien unter dem schwarz-grünen Senat deutlich zurückgegangen. Dressel: "Solche Sonderlagen zeigen, dass die Polizei personell aus dem letzten Loch pfeift." 100 Beamte sind seit geraumer Zeit nachts im Sondereinsatz. Als Zivilstreifen sollen sie Brandstifter aufspüren. Doch auch sie können nicht die ganze Stadt abdecken. Während die Taten in Hummelsbüttel geschahen, waren die Beamten in Alsternähe. Und: Sie fehlen an anderer Stelle, zum Beispiel bei der Bekämpfung der weiterhin steigenden Einbruchskriminalität. Dressel wirft dem Senat Geheimniskrämerei vor: "Es wird Zeit, dass der Senat alle Fakten auf den Tisch legt. Wir fordern eine genaue Bilanz der Taten. Doch die vorzulegen ist dem Senat offenbar unangenehm."