Hamburg. Lage ist seit Monaten angespannt. Was die Behörde sagt und wann die Schulaufsicht eingreift – schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen.

  • Hamburgs Schulen ächzen unter dem hohen Krankenstand bei den Lehrkräften.
  • Schulen haben als Puffer eine Vertretungsreserve von insgesamt 493 Stellen
  • Kleine Schulen geraten an ihre Grenzen

Bei der einen Zwölfklässlerin, die in einigen Wochen Abitur schreiben muss, fällt jede Woche Unterricht aus – und das schon seit Monaten. Bei einer Zehntklässlerin am selben Hamburger Gymnasium ist dies nahezu wöchentlich der Fall. Ein täglicher Blick in die Online-Benachrichtigungen über Ausfall oder Vertretungsunterricht gehört für die Schülerinnen und Schüler und ihre Eltern derzeit zum Alltag. Beim Elftklässler einer anderen Schule sind am Mittwochfrüh gleich mal vier Stunden ausgefallen. Vertretungsunterricht gab es hier – und auch anderswo häufig – derzeit nicht.

Hamburgs Schulen ächzen unter dem hohen Krankenstand bei den Lehrkräften. Eine aktuelle Krankheitsquote gibt es nicht; der Unterrichtsausfall wird von der Schulbehörde jeweils im Nachhinein auf ein Schulhalbjahr bezogen ausgewertet. Zuletzt lag er bei 1,4 beziehungsweise 1,6 Prozent. Diese Zahlen beziehen sich aber jeweils nur auf den ersatzlos gestrichenen Unterricht. Werden Stunden vertreten, zwei Klassen zusammengelegt oder bekommen die Schulkinder ersatzweise Aufgaben zu bearbeiten, gilt dieser Unterricht nicht als ausgefallen. Vor der Corona-Pandemie im ersten Halbjahr 2019/20 lag die Quote noch bei 0,79 Prozent.

Schulen in Hamburg ächzen unter hohem Krankenstand unter Lehrern

Natürlich ist das aktuelle Problem auch der Hamburger Schulbehörde bekannt. „Wir gehen aufgrund von Meldungen aus den Schulen davon aus, dass es in den letzten Monaten einen besonders hohen Krankenstand bei Lehrkräften und pädagogischem Personal an den Schulen gab und gibt“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht auf Anfrage. „Kommt es in einzelnen Schulen dann zu großen personellen Engpässen, lässt sich ein Unterrichtsausfall leider nicht verhindern, auch wenn die Schulleitungen und Schulaufsichten alles dafür tun, um das zu verhindern.“

Verantwortlich für den vielen Ausfall sind die Krankheitswellen, die nicht nur durch die Schulen, sondern durch ganz Hamburg rollen. Erst am vorletzten Mittwoch meldete die AOK historisch hohe Krankenstände auch in der Bevölkerung der Hansestadt. So waren Hamburgs Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Untersuchung der AOK Rheinland/Hamburg zufolge im vergangenen Jahr so oft krank gewesen wie noch nie. Im Schnitt seien täglich mehr als sechs von 100 Beschäftigten ausgefallen, genau waren es 6,44 Prozent – nach 5,93 Prozent im Jahr 2022. Im Schnitt waren der Krankenkasse zufolge berufstätige Versicherte 23,5 Tage krankgeschrieben. Als Ursache wird eine Zunahme von Infektionen, Atemwegserkrankungen und psychischen Problemen genannt.

In Hamburg gibt es historisch hohen Krankenstand

Da ist es fast schon überraschend, dass der Krankenstand an den Schulen nicht noch höher ausfällt. Tatsächlich ist der Krankenstand unter Lehrkräften niedriger als im Durchschnitt der städtischen Beschäftigten, so Albrecht. Dabei kommen sich an Schulen viele Menschen über viele Stunden am Tag nahe, ohne dass sie sich dem entziehen könnten. So ist die Ansteckungsgefahr zumindest bei den jahreszeitlich typischen Erkältungskrankheiten und Atemwegserkrankungen hoch. Und dabei berücksichtige die Auswertungen der Krankenkassen nicht einmal die oft vorkommenden kurzfristigen Erkrankungen von ein bis drei Tagen. Da Hamburg eine vergleichsweise junge Lehrerschaft habe, müssten sich die Lehrkräfte zudem häufiger wegen ihres eigenen Nachwuchses „kinderkrank“ melden, so Albrecht.

Grundsätzlich haben Hamburgs Schulen als Puffer eine Vertretungs- und Organisationsreserve von insgesamt 493 Stellen, die unter anderem zum Ausgleich von krankheitsbedingten Fehlzeiten genutzt werden kann. Bei den Gymnasien und den Stadtteilschulen werden so rund 104 Prozent der rechnerisch erforderlichen Stellen zugewiesen, bei den Grundschulen schwankt die Zuweisung entsprechend ihrer Größe zwischen 104 Prozent und 110 Prozent. Darüber hinaus ist gemäß der Hamburger Lehrerarbeitszeitverordnung in jeder zugewiesenen Vollzeitstelle eine Wochenstunde für Vertretung enthalten, über die die Schulen zusätzlich verfügen können. Unterm Strich, rechnet die Behörde vor, könnten so bei Bedarf 12,1 Prozent des Regelunterrichts vertreten werden.

Schule Hamburg: Wann bei Unterrichtsausfall die Schulaufsicht eingreift

Dennoch stoßen viele Schulen derzeit an ihre Grenzen, wobei der Höhepunkt der Krankheitswelle bereits Ende des vergangenen Jahres erreicht war. Die Behörde erhält von Schulleitungen immer wieder Meldungen über personelle Engpässe aufgrund hoher Krankenstände im Kollegium. „Zwar bemühen sich die Schulleitungen zusammen mit den Schulaufsichten redlich darum, Vertretungen zu organisieren, was aber nicht immer gelingt. Insbesondere bei kleinen Schulen mit wenig Lehrpersonal kann ein hoher Krankenstand erhebliche Auswirkungen haben und nicht ausgeglichen werden“, sagt Albrecht. „Dann kann manchmal nur eine Notbetreuung sichergestellt werden.“

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Wenn Schulen so hohe Krankenstände haben, dass der Unterricht nicht mehr zu organisieren ist, springt ihnen die Schulaufsicht zur Seite. So können, wenn möglich, Lehrerinnen und Lehrer von Nachbarschulen zur Vertretung herangezogen werden. Zur Not stellt die Schule sicher, dass zumindest die Kernfächer unterrichtet werden und andere Unterrichtsinhalte vorübergehend dann nicht. Und: Für Schülerinnen und Schüler bis 14 Jahren gibt es eine Betreuungsgarantie. „Das müssen wir auf jeden Fall sicherstellen“, so Albrecht. „Unser oberstes Ziel ist es, dass der Unterricht stattfindet. Trotz des Pools von Vertretungslehrern ist das nicht immer möglich, gerade kleine Schulen geraten an ihre Grenzen, während große Schulen das etwas leichter kompensieren können.“

Haben Sie auch Erfahrungen mit Unterrichtsausfall gemacht? Dann schreiben Sie uns unter briefe@abendblatt.de

Viele weitere Berichte rund um Schule und Bildung in Hamburg gibt es online unter www.abendblatt.de/themen/Schule/