Heinz Wehmann ist Sterne-Koch. Doch das Landhaus Scherrer an der Elbchaussee funktioniert nur dank der Kinder, Ehefrau - und Emmi.

Hamburg. Is(s)t man bei den Wehmanns, kann sich schnell der Wunsch nach einer baldigen Adoption einstellen (natürlich sind die eigenen Eltern die Allerbesten). Die Wohlfühl-Atmosphäre im Landhaus Scherrer, das Sternekoch Heinz Wehmann seit mittlerweile 30 Jahren betreibt, kommt nämlich nicht nur durch die gemütliche Einrichtung mit Holzmöbeln, offenem Kamin und bezogenen Sesseln zustande. Vielmehr ist es die Familie selbst, die ihren Gästen mit Interesse, Witz und Wärme entgegenkommt. Und auch mal die Küche zeigt. Nicht nur Kindern. "Vielen Dank für das 1-a-Essen und die sportliche Unterhaltung in der Küche", hinterließ Boxstar Wladimir Klitschko am 15. April 2007 im Gästebuch.

Der Wunsch nach einem längeren Aufenthalt als bis zum Absacker mag auch dadurch entstehen, dass hier ein funktionierendes wie harmonierendes familiäres System vorgelebt wird: Vater Heinz Wehmann ist Sternekoch und Küchenchef, Mutter Brigitta kümmert sich um die Buchhaltung. Seit 30 Jahren sind sie verheiratet. Emmi Scherrer ist Mitinhaberin des Gourmetrestaurants, Großmutterersatz und die gute Seele des Hauses. "Es war schon sehr spät, und wir sind trotzdem so gut und liebevoll bewirtet worden. Wir bedanken uns herzlich", verewigte sich Heidi Kabel schon am 22. April 1976.

Und nun ist auch Sohn Julian fest dabei, der 26-Jährige hat Wirtschaftsinformatik studiert, seine Diplomarbeit bei Airbus geschrieben, Praktika im Ausland gemacht, ein Start-up-Unternehmen gegründet - und gemerkt, dass er am liebsten in den Familienbetrieb einsteigen würde. Was er tat. "Ich hatte hier eben immer Spaß", sagt Julian Wehmann. Er trägt Hemd und Krawatte. Nun optimiert er im Landhaus Scherrer: die Homepage, das Online-Reservierungssystem, die Finanzbuchhaltung, das neue Bistro Ö1. Aber er kann mehr, was wichtig ist, wenn man bei den Wehmanns mitmacht. "Man muss hier mehrfach einsetzbar sein", sagt Heinz Wehmann halb scherzhaft und lacht seinen Sohn an. Brigitta und Emmi nicken lächelnd, sie wissen, wie wichtig es ist, auch mal außerplanmäßig fehlende Zutaten zu besorgen, Gäste zu unterhalten, kleine Probleme charmant zu lösen. "Sein Nudelsalat ist übrigens Weltklasse", wirft Emmi Scherrer ein und deutet auf Julian. Stimmt wirklich, findet auch die Mutter.

Hier packt jeder mit an, schon immer. "Als meine Schwester und ich noch jünger waren, haben wir auch bei Veranstaltungen immer mitgeholfen", sagt Julian, dessen Lächeln sein Gesicht nie zu verlassen scheint. "Auf dem Springderby, auf dem wir kochen, haben Joanna und ich zum Beispiel für Brezel-Nachschub mit dem Golfcar gesorgt." Erinnerungen an die vergangenen 13 Jahre, in denen Wehmanns das Catering mit Live-Kochen beim Derby in Klein Flottbek ausrichteten und es dieses Jahr wieder tun. Sie beschreiben Szenen, mit Dauerregen und Matsch, Personalsorgen, Heißhunger der Gäste auf Flammkuchen. Alle vier, die sie um den runden Tisch nahe dem Eingangsbereich sitzen, lachen, bestätigen sich, halten die Erinnerung wach.

Immer dabei, wenn auch nicht körperlich, ist Tochter Joanna. Die 23 Jahre alte Medizinstudentin hilft mit, wenn sie in den Semesterferien zu Hause ist. Ganz selbstverständlich. Mit Freude, ohne Druck. "Oder machen wir einen unglücklichen Eindruck?", fragt Wehmann schelmisch: "Wir reden noch miteinander, das ist gut", und streicht über seine Kochjacke. Weiter etwas ernster: "Das Tagesgeschäft ist sehr hart. Wenn man etwas macht, dann macht man das richtig, ohne Berührungsängste."

Damit spricht er auch sein neustes Projekt an. Gemeinsam mit Sohn Julian engagiert er sich für die Stiftung Mittagskinder, die sozial benachteiligte Kinder mit gesundem Essen versorgt. Die Wehmanns bilden aktuell Mädchen und Jungen aus dem Kindertreff Kirchdorf-Süd zum "Sternchen-Koch" aus. "Nach drei Treffen, in denen wir ganz locker zeigen, wie man gesund kochen kann, bekommen sie ein Zertifikat verliehen", sagt der Profi. Julian unterstützt den Vater, schnippelt Gemüse. "Aber ich muss schon aufpassen, dass seine Finger hinter dem Messer bleiben", so Wehmann senior. Ein Seitenblick auf den Sohn. Nach dem wehmannschen Motto: "Wir sprechen Klartext, ohne danach verschnupft zu sein." Klappt. In der Familie. Mit den Stammgästen. Mit Durchreisenden.