Die erste Sitzung ist für den 12. März geplant. SPD und Linke halten Enquetekommission für geeigneter. Bis zum kommenden Mittwoch haben die drei Fraktionen Zeit, den Untersuchungsgrund zu formulieren.

Hamburg. Nach der Ankündigung, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum Tod des dreijährigen Mädchens Yagmur (Yaya) Y. einzurichten, haben die Vorbereitungen für CDU, Grüne und FDP begonnen. Bis zum kommenden Mittwoch haben die drei Fraktionen Zeit, den Untersuchungsgrund zu formulieren. Dann muss der Antrag für den Untersuchungsausschuss in die Bürgerschaft eingebracht werden. Am 26. Februar steht er dann auf der Tagesordnung der Bürgerschaft. Erstmals zusammenkommen wird der PUA dann am 12.März.

Doch damit kann der Ausschuss seine eigentliche Arbeit, die Befragung von Zeugen, noch nicht aufnehmen. Zunächst muss der Fahrplan bestimmt werden. Es geht also darum festzulegen, wann welcher Zeuge vorgeladen wird. Auch die letzte Sitzung wird dann schon feststehen müssen. „Ziel ist es, dass wir die Befragungen im November abgeschlossen haben“, sagt Christoph de Vries, familienpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Anschließend soll der Abschlussbericht geschrieben und im Januar vorgelegt werden. Damit ist der PUA ein durchaus politisches Mittel. Schließlich fällt die Untersuchung mitten in den Wahlkampf – in gut einem Jahr sind Bürgerschaftswahlen.

Dass es auch mal sehr lange dauern kann, zeigt der formal noch laufende PUA Elbphilharmonie. Dieser wurde erstmals eingesetzt im Frühjahr 2010. Nach dem Regierungswechsel wurde er erneut eingesetzt – ein Untersuchungsausschuss gilt stets für die laufende Legislaturperiode. Vor einem Jahr wurde mit dem ehemaligen Bürgermeister Ole von Beust (CDU) der letzte Zeuge befragt. Seitdem wird an der letzten Fassung des Abschlussberichts gearbeitet.

Der Untersuchungsausschuss ist das stärkste Kontrollinstrument

Mit dem PUA greifen CDU, Grüne und FDP zum stärksten Kontrollinstrument der Bürgerschaft gegenüber dem Senat. Der Untersuchungsausschuss bietet dem Parlament die Möglichkeit, Tatsachenermittlungen in die eigenen Hände zu nehmen und dabei auch Zwangsmittel einzusetzen. Zeugen könne also vorgeladen werden und müssen aussagen – wie vor Gericht.

Für Christoph de Vries gab es keine Alternative zum PUA. „Wir haben gerade den Sonderausschuss zum Tod des Mädchens Chantal abgeschlossen. Jetzt ist wieder ein Kind, das unter staatlicher Obhut war, gestorben. Das muss aufgeklärt werden.“ Es sind gerade die gerichtsähnlichen Möglichkeiten für die Abgeordneten, die in diesem Fall laut de Vries für einen PUA sprechen. „Im Sonderausschuss Chantal wollten wir mit Jugendamtsmitarbeitern sprechen, konnten es aber nicht, weil sie es selber oder die Behördenleitung nicht wollten. Das geht nun nicht mehr. Nun müssen sie aussagen.“ Der PUA sei auch im Vergleich zu einer Enquetekommission ein besseres Mittel, weil auch Vertreter der Staatsanwaltschaft und des Familiengerichts sich den Fragen der Abgeordneten stellen müssten. „Die kann eine Enquetekommission nicht befragen“, so der CDU-Politiker.

Die Linksfraktion hat sich für eine Enquetekommission (Enquete: französisch Untersuchung) starkgemacht. Diese Mittel kann die Bürgerschaft einsetzen, um Entscheidungen über umfangreiche Themenkomplexe vorzubereiten. In dem Gremium beraten unabhängige Experten gemeinsam mit Abgeordneten aller Fraktionen über Ursachen, Probleme und mögliche Lösungsstrategien. Einer Enquetekommission können somit auch Personen angehören, die nicht Mitglied der Bürgerschaft sind, etwa Wissenschaftler oder andere Sachverständige.

Zuletzt hatte die Bürgerschaft Anfang 2006 eine fraktionsübergreifende Enquetekommission beauftragt, konkrete Empfehlungen zur Erhöhung der Bildungsqualität in Hamburg zu erarbeiten. Ein Jahr lang waren die 22Kommissionsmitglieder, 18 Bildungsforscher und Experten in insgesamt elf Sitzungen der Frage nachgegangen, wie das ideale Schulsystem für Hamburg aussehen könne. Der abschließende Bericht der Kommission enthielt rund 200 Empfehlungen zu möglichen Konsequenzen der PISA-Studie für Hamburg. Auf den Ergebnissen der Kommissionssitzungen basiert auch die Umwandlung des hamburgischen Schulsystems zu einem „Zweisäulenmodell“ aus Gymnasien und Stadtteilschulen.

Die Linken hatten die Einrichtung einer Enquetekommission bereits nach dem Tod des Mädchens Chantal gefordert und damit eine umfassende Aufklärung des bestehenden Systems angemahnt. „Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass besonders Grüne und FDP mit einem PUA den für sie bequemsten Weg gewählt haben“, sagte Mehmet Yildiz, familienpolitischer Sprecher der Linksfraktion.

Auch Melanie Leonhard (SPD) wäre für die Enquetekommission gewesen. „Einige der genannten Fragestellungen von CDU, FDP und Grünen, etwa zum Verfahren rund um die Staatsanwaltschaft und das Familiengericht, sind in den Vorgesprächen auch im Blickpunkt der SPD-Fraktion gewesen“, sagte Leonhard. „Im Vergleich zu einem Untersuchungsausschuss hat eine Enquetekommission deutlich bessere Möglichkeiten der intensiven Einbindung externer Fachleute zur Weiterentwicklung des ASD und des Kinderschutzes.“