Abgeordnete üben massiv Kritik an Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) bei den Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft.

Hamburg. Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) musste am zweiten Tag der Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft am Mittwoch massive Kritik der Opposition einstecken. Im Mittelpunkt der Debatte stand der mit 2,4 Milliarden Euro größte Einzeletat der Stadt, der Haushalt der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Über keinen Etat ist vorher so viel diskutiert worden wie über die geplanten Ausgaben der Behörde von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD).

Seit im Frühjahr bekannt geworden war, dass die Behörde zehn Prozent des Geldes in der offenen Kinder- und Jugendarbeit in den Bezirken sowie bei ihren eigenen Zuwendungsempfängern streichen will, formierte sich Protest. Außerhalb des politischen Raumes mit dem Bündnis gegen die Rotstiftpolitik, das auch am Mittwoch versuchte, Stimmung gegen die Sparbeschlüsse zu machen. Innerhalb der eigenen Partei unter anderem aus den Bezirksfraktionen und von den Jusos, die sogar eine Haushaltstagung der Basis durchsetzten.

Vor allem aber im Parlament wurde der Senat vor den Haushaltsberatungen für seine Pläne für den Sozialhaushalt kritisiert. Als mitten in diese hitzige und emotionalisierte Debatte die Nachricht platzte, dass sich die Behörde bei ihren Kita-Kindern verzählt hat und zusätzliches Geld brauchen wird, sowie die Mitteilung kam, dass die Stadt einen zweistelligen Millionenbetrag an Fördermitteln für Langzeitarbeitslose an den Bund zurückgeben wird, hat sich die Situation verschärft.

Dementsprechend hart ging die Opposition auch am Mittwoch mit dem Senat ins Gericht. Schon mit dem ersten eigenen Haushalt sei die SPD in der Familien- und Sozialpolitik "sichtlich gescheitert", sagte Christoph de Vries, familienpolitischer Sprecher der CDU. Christiane Blömeke (Grüne) stellte der SPD für die vergangenen Monate der Sozialpolitik ein Zeugnis mit dem Satz aus: "Sie war stets bemüht. Wir wissen alle, was das heißt." Hinbekommen habe der Senat wenig. "Ihr Haushalt ist ein stures Abarbeiten der Wahlversprechen", kritisierte Blömeke.

Unter dem Gelächter der SPD-Fraktion fügte sie hinzu: "Das hat mit den Bedarfen der Stadt und den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger vor Ort nichts zu tun." De Vries stimmte seiner Abgeordneten-Kollegin zu: Kürzungen in anderen Sparten des Sozialhaushalts seien das Ergebnis von "unnützen Wahlgeschenken", wie der Abschaffung des Essensgeldes in der Kita.

Allen Oppositionsfraktionen war in ihrer Kritik gemeinsam, dass ihnen der rote Faden in der Sozialpolitik des Senats fehlt. "Die Sozialpolitik leidet unter Wankelmut, mangelnder Weitsicht und Intransparenz", sagte Martina Kaesbach, die sozialpolitische Sprecherin der FDP. Die Linken warfen dem Senat eine generell sozial ungerechte Politik vor, und die Grünen-Abgeordnete Katharina Fegebank sprach von "skandalösen Zuständen", beispielsweise beim Umgang mit Obdachlosen aus Osteuropa. "Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander - und der Senat tut nichts."

Sozialsenator Detlef Scheele, der sich in der Debatte gleich dreimal zu Wort meldete, bemühte sich, die Linien seiner Politik aufzuzeigen. Drei Themen würden seine Behörde bewegen, so Scheele. "Es geht um gleiche Chancen, unabhängig von der Herkunft." Wichtig sei weiter die Hilfe und Fürsorge für Menschen in schweren Lebenslagen, zu denen beispielsweise Obdachlose und die Frauen in den Frauenhäusern gehören. Drittens brauche Hamburg einen Arbeitsmarkt mit fairen Löhnen und guten Arbeitsbedingungen.

"Es geht in unserer Politik also nicht um Defizite, sondern um das Erkennen und Fördern von Potenzialen." Damit beginne die Stadt schon bei den Kindern, sagte Scheele und leitete damit zu den Ausgabenschwerpunkten seines Haushalts über. Dazu gehören beispielsweise die Hilfen zur Erziehung für Familien. Fast 250 Millionen Euro kostet dies die Stadt pro Jahr. Hier bekräftigte Scheele, die Jugendämter in ihrer Arbeit in den kommenden beiden Jahren weiter unterstützen zu wollen - unter anderem mit einem neuen Personalbemessungssystem für die Allgemeinen Sozialen Dienste.

"Wir bauen außerdem die Krippe, die Kindertagesbetreuung und die Ganztagsschulen aus", sagte Scheele. Letzteres fällt in den Etat von Schulsenator Ties Rabe (SPD), um den es am heutigen Donnerstag geht. Für die Betreuung der jüngeren Kinder wird die Stadt 2013 erstmals mehr als 500 Millionen Euro ausgeben. Um den Ausbau der Betreuung in Schule und Kita zu finanzieren, "steuern wir auch um", sagte Scheele. "Wenn Kinder und Jugendliche nachmittags in der Kita oder der Schule sind, hat das natürlich Auswirkungen auf die bisherigen Nachmittagsangebote: im Sport, bei der Musikschule - aber eben auch in der offenen Kinder- und Jugendarbeit." Es gebe "einige Veränderungen, aber so gut wie keine Schließungen". Von einem Kahlschlag, wie die Opposition das immer wieder behaupte, könne keine Rede sein.

Ksenija Bekeris, die sozialpolitische Sprecherin der SPD nahm diesen Gedanken des Senators auf. "In der Sozialpolitik geht es nicht um den Satz ,viel bringt viel'. Es geht darum, die Weichen richtig zu stellen", sagte sie.